Purpurschatten
Denn Titus hatte sich bereit erklärt, für eine Summe von 20.000 Mark auszupacken und ihm auf eine ganz bestimmte Weise zu helfen. Wie diese Hilfe konkret aussehen sollte, wußte Brodka allerdings noch nicht. Titus weigerte sich beharrlich, sich näher zu dieser Frage zu äußern.
Vermutlich hatte Titus Angst. Und vermutlich war das der Hauptgrund dafür, daß er sich erst nach anfänglichem Zögern bereit erklärt hatte, Wien zu verlassen und Brodka nach München zu begleiten.
Was Juliette und die Aufdeckung der Fälschungen betraf erzählte sie Brodka erst spät abends davon, nachdem sie gemeinsam die erste von zwei Flaschen Rotwein geleert hatten. Juliette schämte sich beinahe, daß der Staatsanwalt gegen sie ermittelte, doch als sie Brodka die Geschichte erzählt und beteuert hatte, nichts von dem Betrug bemerkt zu haben, fühlte sie sich wie von einer Zentnerlast befreit.
»Du weißt, was das bedeutet?« sagte sie. »Ich bin pleite.«
Brodka hatte Juliette fassungslos zugehört. »Warum hast du mir nicht gleich davon erzählt?« meinte er vorwurfsvoll.
»Es war zu schön zwischen uns«, entgegnete Juliette, »ich wollte die Stimmung nicht kaputtmachen.«
»Aber das ist doch Unsinn! Die Angelegenheit ist viel zu wichtig. Du mußt etwas unternehmen.« Brodka erhob sich, trat ans Fenster und blickte über das Lichtermeer der Stadt. Dann fragte er, ohne den Blick vom Fenster zu wenden: »Und du glaubst wirklich, dein Mann steckt dahinter?«
Juliette hatte auf der Couch Platz genommen und die Beine angezogen, als fröstelte sie in dem wohlig warmen Zimmer. »Er will sich rächen und weiß genau, daß er mich mit dieser Geschichte finanziell ruiniert. Oh, dieser Mistkerl. Ich kann sein Gesicht vor mir sehen, sein schadenfrohes Grinsen. Er ist der einzige, der die Möglichkeit hatte, unbemerkt den Schlüssel zu meiner Galerie zu entwenden und einen Nachschlüssel anfertigen zu lassen. Ich vermute, mit diesem Nachschlüssel ist er in die Galerie eingedrungen und hat die Bilder ausgetauscht.«
Brodka rieb sich nachdenklich das Kinn. »Traust du ihm wirklich soviel kriminelle Energie zu? Ich meine, er würde doch ein hohes Risiko eingehen. Und er müßte die Fälschungen beschafft haben. Gesetzt den Fall, dein Mann steckt wirklich dahinter, gäbe es nicht nur einen Mitwisser. Dann muß er Kontakt zur Kunstfälscherszene aufgenommen haben, und diese Leute sind Profis. Die drehen ihre eigenen Dinger. Dazu brauchen die keinen Chirurgen.«
»Worauf willst du hinaus, Brodka?«
»Hast du schon mal daran gedacht, daß jemand anders dahinterstecken könnte?«
Juliette blickte zu Brodka auf. »Ja, natürlich«, antwortete sie. »Kunstraub ist ein einträgliches Geschäft, und in diesem Fall geht es insgesamt um fast eine Million. Die Frage ist nur, warum gewöhnliche Gangster sich die Mühe machten, die Grafiken zu kopieren und sie gegen die Originale auszutauschen.«
Brodka zuckte die Achseln. »Vielleicht wollten die Diebe auf Nummer Sicher gehen. Zeit schinden. Sie wollten die gestohlenen Bilder verkaufen, bevor der Coup überhaupt bemerkt wurde. Das ist eine Erklärung. Dagegen spricht allerdings der anonyme Anruf bei der Staatsanwaltschaft. Also scheidet diese Theorie aus. Nein, ich glaube, irgend jemand will dir ganz bewußt Schaden zufügen.«
»Also doch Hinrich.«
Verlegen blickte Brodka zur Seite. »Ich will dich ja nicht beunruhigen, Mädchen, aber ich habe einen verdammt schlimmen Verdacht.«
»Und wie sieht der aus?« Juliette schaute ihn gespannt an.
»Könnten nicht dieselben Leute, die seit Monaten hinter mir her sind, nun dich ins Visier genommen haben?«
»Warum sollten sie das tun? Ich habe keine Feinde. Jedenfalls keine, von denen ich wüßte.«
»Aber sie kennen dich und wissen, daß du zu mir gehörst. Sie treffen dich, wollen aber mich treffen.«
Juliette dachte nach. Ihr war in den letzten Tagen vieles durch den Kopf gegangen. Sie hatte sich das Hirn zermartert, wer in ihrem Umfeld und von ihren Kunden Verbindungen zur Unterwelt haben könnte, doch sämtliche Überlegungen erschienen ihr um so unsinniger, je länger sie sich den Kopf zerbrach.
Nun aber nahm Brodka diesen Gedanken wieder auf. Er bestürmte Juliette, sie sollte nachdenken, wem sie eine solche Tat zutraue.
Doch Juliette erwiderte überzeugt: »Hinrich. Sonst keinem.«
Sein Instinkt sagte Brodka, daß Collin die falsche Fährte war. Er hielt den Professor für rachsüchtig, vielleicht sogar für infam, doch trotz seiner
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