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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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wurde aus der Bahn geworfen.
    »Du bist zu einer wunderschönen Frau geworden«, sagte er mit rauher Stimme. Er führte seine Handfläche an ihrer Wange entlang, bis zu ihrem Haaransatz. Sie wußte, daß sie sich eine erstklassige Gelegenheit entgehen ließ, die zweite Version ihrer Phantasievorstellung auszuagieren, bei der sie ihm mit dem Ellbogen einen scharfen Stoß in die Rippen geben würde, in Antwort auf seine Dreistigkeit. Aber sie konnte sich nicht rühren, so überwältigt war sie von dem Gefühl, in die Zeit damals zurückversetzt zu sein.
    »Setz dich neben mich.« Er klopfte mit der Hand auf das Sofakissen.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Mach schon.« Er lächelte gierig. Sein Rücken tat ihm weh, weil er sich vorbeugte. In letzter Zeit hatte er öfter Probleme mit dem Rücken gehabt. Er mußte sich einmal untersuchen lassen…
    Er hatte sich nicht gedacht, daß Katherine ihm soviel Widerstand entgegensetzen würde. Am Samstagabend hatte er den Eindruck gehabt, sie wäre auf der Stelle mit ihm durchgebrannt. Aber inzwischen hatte sie sich wieder an ihren Zorn erinnert, es war also höchste Zeit, schweres Geschütz aufzufahren. »Weißt du was, Katherine mit K?« sagte er und sah ihr tief in die Augen. »Ich habe dich nie, niemals vergessen.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Es stimmt aber.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich schwöre, daß es wahr ist«, wiederholte er. »Du warst etwas ganz Besonderes, und wenn ich damals nicht verheiratet gewesen wäre…« Die Aufrichtigkeit in seinem Blick bahnte sich hell und heilend einen Weg in ihr Herz. »Komm doch, setz dich neben mich«, bat er sie wieder.
    Sie konnte sich nicht zurückhalten. Wie ein Automat stand sie steif aus dem Sessel auf und setzte sich neben ihn. Sie wußte nicht, was sie dazu bewog. In ihrem Kopf wirbelten der Wunsch nach Rache und andere Gefühle durcheinander – wie die Lust, die sie mit neunzehn empfunden hatte, und das Bedürfnis, den Lauf ihrer Geschichte zu ändern.
    Als sie sich gesetzt hatte, nahm Lorcan ihr schmales Gesicht in seine großen, vertrauenerweckenden Hände, als wollte er sie küssen. Sie wußte, daß sie ihn in die Nieren stoßen oder ins Gesicht schlagen sollte, aber alle geplanten Reaktionen waren gelöscht. Ihr Zorn und ihre Rachegelüste waren stumpf geworden. Statt dessen war der Gedanke, daß er sie immer noch begehrte, wie Balsam für ihre Seele.
    Aber irgendwas hatte sie ihn noch fragen wollen … Was war es nur?
    Dann fiel es ihr wieder ein. »Was ist mit deiner Freundin?«
    »Mach dir wegen ihr keine Sorgen.« Lorcan lachte leise und sah sie mit einem Blick an, der besagte: Du bist die speziellste Frau der Welt. »Mit ihr ist es vorbei.« Dann machte er sich bereit, die Lorcan-LarkinExtravaganz zu verabreichen, die Art Kuß, die Frauen zerschmelzen läßt: zart, aber fest; sanft, aber machohaft; fordernd, aber spielerisch; erotisch, aber tröstlich.
    Unfähig, sich zu rühren, sah Katherine zu, wie er so nahe kam, daß sein Gesicht verschwamm. Bevor seine Lippen ihre berührten, sagte er noch: »Sie war nichts Besonderes.«
    Sie war nichts Besonderes.
    Sie war nichts Besonderes.
    Die Worte hallten in Katherines Kopf nach. Mit plötzlicher, ungebetener Klarheit wußte sie, was Lorcan damals gesagt hätte, wenn seine Frau von ihr erfahren hätte. »Ach, diese kleine Katherine? Mach dir keine Gedanken um die, die hat mir nichts bedeutet, sie war nichts Besonderes.«
    Mit einem Mal dachte sie an Joe. Er würde sie niemals so behandeln. Er würde
niemanden
so behandeln.
    Lorcan kam immer näher, und Katherine spürte seine Lippen auf ihren. Plötzlich schnappte sie nach Luft und entwand sich seiner Umarmung. »Ich muß ins Bad«, keuchte sie.
    Zu ihrer Überraschung beklagte er sich nicht, doch dann sah sie seinen verständnisvollen Blick und begriff, daß er annahm, sie wolle sich die Zähne putzen, bevor sie in seine Arme sank.
    Mit zittrigen Knien schaffte sie es bis zur Tür. Kaum hatte sie sie hinter sich geschlossen, als Tara hinzustürzte und Katherine ins Badezimmer zerrte. »Was machst du da drinnen?« fragte sie mit einem hysterischen Flüstern.
    Katherine sah sie panikerfüllt an. »Ich weiß es nicht.«
    »Darf ich dich daran erinnern, daß er sich am Samstagabend nicht einmal an deinen Namen erinnern konnte? Und deinen Nachnamen weiß er immer noch nicht, sonst hätte er deine Telefonnummer von der Auskunft erfragen können. Und warum kreuzt er hier so spät auf? Wo war er vorher? Sag bloß nicht,

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