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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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gekommen?« fragte sie in einem abweisenden Ton, der sie einige Anstrengung kostete. In der ersten Version ihrer Phantasievorstellungen, mit denen sie sich all die Jahre getröstet hatte, hatte Lorcan mit einem Erguß leidenschaftlicher Erklärungen aufgewartet, wie zum Beispiel: »Ich habe dich nie vergessen, dich gehen zu lassen, war der größte Fehler meines Lebens, laß uns die letzten zwölf Jahre schnell vergessen, wir haben schon soviel Zeit verschwendet…«, und das hätte ihr eine wunderbare Möglichkeit gegeben, ausführlich darzulegen, daß er sich seine Reue sonstwohin stecken könne.
    Aber so sagte er einfach entspannt und selbstbewußt: »Ich finde es toll, daß wir uns über den Weg gelaufen sind. Wie ist es dir ergangen?« Dann überraschte er sich selbst, als er fortfuhr: »Und ich würde gern wissen…« Er brach ab und sah sie aus seinen sherrybraunen Augen an. »Ich würde gern wissen, was mit dem Kind geschehen ist.«
    Wie ein schlüpfriger Aal entglitt ihr ihre Wut. Sie hätte außer sich sein sollen vor Zorn, daß es ihm erst nach so langer Zeit einfiel, sich nach seinem Kind zu erkundigen, statt dessen fühlte sie sich halbwegs getröstet.
    »Erzähl«, bedrängte er sie. »Hast du das Kind bekommen? Kann ich es kennenlernen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Du hast es also wegmachen lassen?« fragte er.
    Sie zögerte, dann sagte sie: »Nein.«
    »Nein?«
    »Ich hatte eine Fehlgeburt.«
    »Aber du hattest daran gedacht, es wegmachen zu lassen?«
    Sie nickte beschämt.
    Es gab also kein Kind. Lorcan war erleichtert. Er wußte nicht, warum er überhaupt gefragt hatte – anscheinend war er von dem Gedanken, daß er irgendwo einen prächtigen Sohn hatte, ziemlich angetan gewesen. Aber mal ehrlich, wer wollte schon diese Verantwortung?
    »Da wären wir also.« Lorcan wollte unbedingt die unmittelbar anstehende Sache vorantreiben. Die Situation entwickelte sich nicht so, wie Katherine es sich in endlosen Nächten ausgemalt hatte. Er war weder zerknirscht noch dreist genug. Sie hatte sich vorgestellt, daß sie ihm seine Entschuldigungen vor die Füße werfen würde, wie eine Handvoll Sand. Und für den Fall, daß er sie zu verführen versuchte, hatte sie so viele bösartige und scharfzüngige Antworten eingeübt, daß sie dachte, sie könnte ihn mühelos beschämen und erniedrigen. (Die Bandbreite reichte von: »Habe ich gesagt, du darfst mich berühren?« bis zu ihrer Lieblingsbemerkung: »Sexuelle Belästigung ist eine strafbare Handlung.«) Aber im Moment hatte sie das Gefühl, sie würde sich nicht einmal aus einer Papiertüte befreien können. Seine Gegenwart lahmte sie, und sie konnte die Unwirklichkeit, die jedem ihrer Worte, jedem seiner Blicke anhaftete, nicht abschütteln.
    Mit großer Mühe gewann sie wieder die Kontrolle über sich.
    »Ich habe dich jedesmal in
Briar’s Way
im Fernsehen gesehen, wenn ich in den Ferien in Irland war.« Sie zwang sich zu einem hochnäsigen Lächeln. »Du warst wie im wirklichen Leben.«
    »Hahaha.« In
Briar’s Way
hatte Lorcan einen falschzüngigen Frauenheld gespielt. »Na ja, man tut, was man kann.«
    »Jetzt bist du nicht mehr dabei.«
    »Nein, das habe ich hinter mir gelassen.« Lorcan fragte sich, ob sie wußte, was für eine Talfahrt seine Karriere in den letzten Jahren gemacht hatte.
    »Du hast so einiges hinter dir gelassen.« Sie lächelte sarkastisch. »Wo ist deine Frau geblieben?«
    »Wir haben uns getrennt.« Ungefähr zu der Zeit, als er anfing, ordentlich zu verdienen, aber das brauchte er ja nicht zu erwähnen.
    »Warum?«
    »Tja.
C’est la vie.
Manches klappt, manches klappt nicht.«
    »Aber warum habt ihr euch getrennt?«
    Lorcan wurde unruhig. Warum hörte sie nicht auf damit? Selbst nach all den Jahren erinnerte er sich daran, wie hartnäckig sie sein konnte. Wenn sie erst mal etwas zu fassen bekam, gab sie es nicht mehr heraus. »Wir haben uns auseinandergelebt«, versuchte er es noch einmal.
    »Schade, daß ihr euch nicht auseinandergelebt habt, als du mich geschwängert hast«, sagte sie schnippisch.
    »So ist das eben. Aber hör zu«, sagte er hastig. »Darf ich dir sagen, daß du zu einer schönen Frau geworden bist? Du warst immer eine ganz Süße, aber jetzt bist du bewundernswert.«
    Sie wollte ihn gerade nach seiner Freundin fragen, als er sich vorbeugte und seine Hand auf ihre Wange legte. Die Berührung von seinen Fingerspitzen war wie ein Stromstoß. Jeder Nerv in ihrem Körper vibrierte, und jeder vernünftige Gedanke

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