Pusteblume
sei Dank hast du mir jetzt alles erzählt. Anscheinend mußte Lorcan am Samstagabend hier aufkreuzen.« In Katherines Augen trat ein Leuchten, und Taras Herz wurde schwer.
»Weil dadurch deine Vergangenheit plötzlich offen daliegt«, sagte sie schnell, »und du damit abschließen kannst.«
»Ach so.«
»Ich hatte also recht? Du hast hier gewartet, falls er kommt?«
»Tara, versteh doch, bitte. Es war nie zu Ende. Es hat mich verfolgt.«
»Wieso hast du gedacht, er würde kommen?«
»Ich hatte so ein Gefühl.«
Tara musterte sie skeptisch. »Eher Sehnsucht. Aber selbst wenn er gekommen wäre, was hätte es dir geholfen? Du denkst doch hoffentlich nicht im Traum daran, noch mal etwas mit ihm anzufangen, oder?«
Tara war entsetzt, als Katherine das nicht sofort von sich wies.
»Ich weiß nicht, was ich will«, sagte Katherine voller Verzweiflung. Ihre Verwirrung war echt. »Ich möchte einfach nicht mehr dieses Gefühl haben, wenn ich über mein Leben und meine Vergangenheit nachdenke.«
»Und du hast geglaubt, daß ließe sich ändern, wenn du noch einmal was mit ihm anfängst? Nach dem, wie er dich behandelt hat, hättest du lieber besonders und ganz außerordentlich
gemein
zu ihm sein sollen!«
»Aber das will ich doch auch!«
Selbst das beunruhigte Tara. Lorcan sah zu gut aus, er war zu charmant, zu sexy, zu gefährlich. Er ging immer als Sieger hervor. Und die Art, wie Katherine darüber sprach, so als würde er tatsächlich jeden Moment an der Tür klingeln, war noch beunruhigender.
»Was hast du vor?«
Katherine dachte an all ihre Phantasien und sagte vage: »Ich habe keinen richtigen Plan, es kommt ganz drauf an.«
»Aber es wird nicht dazu kommen«, sagte Tara beschwichtigend. »Und du kannst trotzdem mit der Vergangenheit abschließen. Wir kümmern uns um eine Therapie für dich, und ich helfe, wo ich kann, und natürlich wird Joe dir auch helfen. Und Liv ist auch noch da, die ist natürlich eine unerschöpfliche Informationsquelle, was diese Dinge angeht. Obwohl, wenn man es bedenkt, dann hast du es eigentlich schon geschafft, so wie es mit Joe läuft –«
Es klingelte an der Tür, und sie schraken beide auf.
»Wer kann denn das…?« sagte Tara. »Es ist zehn vor zwölf.«
Katherine schoß die Röte ins Gesicht. »Ich glaube, das ist für mich«, sagte sie matt.
»Wer ist es denn? Joe?«
Es war Lorcan.
78
I ch fasse es nicht«, hauchte Tara, als Katherine auf den Türöffner drückte. Was für eine Dreistigkeit! Dann war Katherines Vorstellung also doch nicht so abwegig gewesen.
Katherine machte die Wohnungstür auf. Die Knie wurden ihr weich, als sie ihn sah in all seiner großen, starken Männlichkeit. Der bewundernde Blick seiner dunklen Augen warf sie um zwölf Jahre zurück. Seine arrogante Art, die Löwenmähne aus dem Gesicht zu streichen, hatte sich kein bißchen verändert. »Komm rein.« Sie bemühte sich, ihre Rachegefühle unter Verschluß zu halten, damit sie nicht beim Anblick seiner berückenden Erscheinung zerstoben. Sie war wieder neunzehn und wie benommen, daß er tatsächlich da war.
Er schlenderte vor ihr ins Wohnzimmer, wo Tara mit versteinerter Miene saß.
»Hallo«, sagte sie kühl. »Wir haben dich nicht erwartet.«
»Katherine vielleicht schon.« Lorcans bedeutungsvoller, bedauernder Blick ließ Tara wissen, daß er sich liebend gern mit ihr befassen würde, wenn er sich nicht für ihre Mitbewohnerin aufgespart hätte.
»Woher hast du die Telefonnummer?« fragte Tara unbeeindruckt. Anscheinend wußte er nicht, daß sie sich nichts mehr von Männern bieten ließ.
»Oh, ich habe nicht angerufen«, sagte er und bedachte sie mit einem Lächeln, das ausdrückte: Du bist eine sagenhaft attraktive Frau.
»Verstehe.«
»Tara, würde es dir etwas ausmachen…?« Katherine versuchte, höflich zu bleiben.
Tara stampfte aus dem Zimmer. Sie war überrascht über ihre heftige Wut. Lorcan war ein Mistkerl erster Güte, das sah doch jeder. Zum ersten Mal hatte Tara eine Ahnung davon, wie frustrierend es für die anderen um sie herum gewesen sein mußte, als sie immer wieder mit ungeeigneten Männern ankam.
Die Wohnzimmertür wurde zugeschlagen, und Katherine und Lorcan sahen sich an, er saß auf dem Sofa, sie auf einem Sessel.
»Nun denn«, sagte er.
»Ja«, sagte sie mit bebenden Lippen. Sie hatte das Gefühl zu schweben, es war ein unangenehmes, schwereloses Gefühl. Sie konnte nicht richtig begreifen, daß er ihr wirklich gegenübersaß.
»Warum bist du
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