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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ganze Gesicht, während er in Gedanken Tarife berechnete, Liegegebühren festlegte und ein komplexes Mehrwertsteuer-System entwickelte, das den unternehmungslustigen Kaufleuten in Ankh-Morpork bald einen ziemlichen Schock versetzen würde.
    Ptaclusp dachte an einen viele Meilen langen jungfräulichen und völlig brückenlosen Djel. An Steinen herrschte kein Mangel; Millionen von Tonnen standen zur Verfügung. Und vielleicht … Ja, vielleicht gab es auf den zukünftigen Brücken Platz für die eine oder andere Statue. In dieser Hinsicht ließ sein Angebot keine Wünsche offen.
    Er legte seinen beiden Söhnen die Arme um die Schultern.
    »Jungs«, sagte er stolz, »ich glaube, uns steht etwas wirklich Quantenhaftes bevor.«
     
    Das matte Glühen der untergehenden Sonne fiel auch auf Dil und Gern, obwohl es vorher einige Umwege durch die Lichtschächte des Palastes machte. Meister und Lehrling befanden sich nicht in ihrem Arbeitszimmer, und dafür gab es einen guten Grund: Seit einer Weile empfanden sie den Aufenthalt in ihrer Werkstatt als recht deprimierend. Sie konnten die Einsamkeit nicht mehr ertragen.
    Um sie herum arbeiteten Köche und spürten die Niedergeschlagenheit der beiden Einbalsamierer. Selbst unter den günstigsten aller denkbaren Umstände nahmen Dil und Gern Pflichten wahr, die soziale Kontakte auf ein Minimum beschränkten und es nicht gerade erleichterten, Freundschaften zu schließen. Das Küchenpersonal hatte auch gar keine Zeit, die beiden Gäste zu trösten – es ging darum, die siebzehn Gänge des Krönungsmahls vorzubereiten.
    Die Einbalsamierer saßen inmitten der allgemeinen Hektik und erhofften sich von zwei Bierkrügen Aufschluß über die Zukunft.
    »Glwenda kann bei ihrem Vater sicher ein gutes Wort einlegen«, sagte Gern.
    »Das ist die richtige Einstellung, Junge«, erwiderte Dil dumpf. »Man darf nicht aufgeben. Für Knoblauch gibt es immer Verwendung.«
    »Eine verdammt langweilige Angelegenheit«, platzte es überraschend laut aus Gern heraus. »Knoblauch, meine ich. Außerdem bekommt man dabei nur selten Gelegenheit, irgend jemanden kennenzulernen. Gerade das gefiel mir so an unserem Job. Dauernd sah man neue Gesichter.«
    »Es werden keine Pyramiden mehr gebaut«, entgegnete Dil. Es klang nicht einmal bitter. »Die Königin hat es selbst verkündet. Du hast gute Arbeit geleistet, Meister Dil, sagte sie, aber ich werde dieses Land ins Jahrhundert des Flughundes zerren, ob es ihm gefällt oder nicht.«
    »Kobra«, murmelte Gern.
    »Wie?«
    »Es ist das Jahrhundert der Kobra, nicht des Flughundes.«
    »Spielt’s eine Rolle?« erwiderte Dil verärgert. Kummervoll starrte er in seinen Krug. Genau darin besteht das Problem, dachte er. Jetzt muß man sich sogar daran erinnern, in welchem Jahrhundert man lebt.
    Er blickte auf ein Tablett mit Appetithäppchen. Das war im Augenblick die große Mode. Alle spielten mit irgendwelchen Spezialitäten herum …
    Dil griff nach einer Olive und drehte sie hin und her.
    »Eigentlich bedauere ich es gar nicht, kein Einbalsamierer sein zu können«, sagte Gern und leerte seinen Krug. »Aber du warst bestimmt sehr stolz darauf, Meister. Ich meine, deine Nähte haben gut gehalten.«
    Dil sah auch weiterhin auf die Olive herab, als er langsam die rechte Hand sinken ließ und eins der kleineren, für besonders schwierige Schnitte bestimmte Messer hinter seinem Gürtel hervorzog.
    »Ich sagte, es tut dir bestimmt leid, daß jetzt alles vorbei ist«, betonte Gern.
    Dil hielt die Olive ins Licht und atmete schwer, als er sich konzentrierte.
    »Aber du kommst sicher darüber hinweg«, fuhr Gern fort. »Man darf sich so etwas nicht zu Herzen nehmen …«
    »Leg diesen Stein beiseite!« bat Dil.
    »Bitte?«
    »Leg ihn irgendwohin«, brummte der Meister.
    Gern zuckte mit den Schultern und nahm ihn entgegen.
    »Na schön«, sagte Dil. Plötzliche Entschlossenheit vibrierte in seiner Stimme. »Und jetzt gib mir den Cayennepfeffer …«
     
    Die Sonne schien über dem Delta, einem Minikosmos aus Riedgras und Sandbänken, in dem der Djel den Schlick des Kontinents deponierte. Flamingos und andere recht seltsame Vögel stolzierten durch das grüne Labyrinth aus Myriaden Halmen und hielten nach der nächsten Mahlzeit Ausschau. Mücken tanzten im Zickzack über dem Brackwasser. Zumindest in diesem Bereich war die Zeit immer verstrichen, denn zweimal täglich atmete das Delta im Rhythmus der Gezeiten.
    Gerade kam die Flut: frisches, kühles, von Schaum gekröntes

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