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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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und summte leise vor sich hin.
    Für ihre Lizenz mußte die Gilde gewisse Anforderungen an die Mitglieder stellen. Sie vermied es, sorglose, halbherzige und inkompetente Assassinen aufzunehmen. Man begegnete nie jemandem, der beim letzten Test durchfiel.
    Solche Schüler verschwanden einfach. Lösten sich in Luft auf. Oder auch nicht. Vielleicht lag einer von ihnen auf dem Bett. Wer? Schelter? Schnocksel? Einer der anderen Jungen? Für sie alle fand in dieser Nacht die Abschlußprüfung statt. Und wenn ich es nicht schaffe, den Abzug zu betätigen … Dann stopft Mericet mich unter die Decke.
    Teppic versuchte, einen sehr widerspenstigen Zeigefinger zu krümmen.
    »Ähem«, räusperte sich der Prüfer.
    Teppics Kehle war völlig trocken. Panik quoll wie das Abendessen eines Betrunkenen in ihm empor.
    Seine Zähne wollten klappern. Der Rücken gefror. Die Kleidung – klamme, durchgeschwitzte Stoffetzen. Die Zeit dehnte sich wie ein Gummiband.
    Nein. Er brachte es nicht fertig. Die plötzliche Entscheidung traf ihn mit der Wucht eines Ziegelsteins, der durch eine dunkle Gasse flog, und sie war fast ebenso überraschend. Teppic verspürte keinen Haß auf die Gilde, und er brachte Mericet kaum mehr als eine gelinde Antipathie entgegen. Aber es gehörte sich nicht, jemanden auf diese Art zu prüfen. Es war einfach nicht richtig.
    Er beschloß durchzufallen. Es mochte interessant sein, die Reaktion des alten Assassinen zu beobachten.
    Ich werde würdevoll versagen, dachte Teppic.
    Er wandte sich Mericet zu, blickte ruhig in die Augen des Prüfers, neigte die Armbrust nach rechts und drückte ab.
    Ein leises, metallenes Pochen erklang.
    Gefolgt von einem Klicken, als der Bolzen an einem Nagel im Fensterbrett abprallte. Das Geschoß sauste über den geduckten Mericet hinweg, traf einen Fackelhalter an der Wand und raste mit dem Fauchen einer übergeschnappten Katze an Teppics Gesicht vorbei.
    Das Pochen wiederholte sich, aber diesmal hatte es eine andere Ursache: Der Bolzen bohrte sich in die Decke.
    »Danke«, sagte Mericet. »Bitte hab ein wenig Geduld.«
    Mericet blickte auf das Klemmbrett herab, und seine Lippen bewegten sich lautlos.
    Er griff nach dem Stift, der an einer fransigen Schnur baumelte, notierte etwas auf rosarotem Papier.
    »Ich bitte dich nicht darum, mir das Blatt aus der Hand zu nehmen«, sagte er. »Wir wollen schließlich kein Risiko eingehen, oder? Ich lasse es auf dem Tisch an der Tür zurück.«
    Der Prüfer lächelte. Es war kein besonders freundliches Lächeln. Es wirkte dünn und ausgetrocknet, als sei die Wärme schon vor langer Zeit herausgekocht worden. Normalerweise erwartete man ein solches Lächeln von Leuten, die seit zwei Jahren tot in einer besonders heißen Wüste lagen. Nun, wenigstens gab sich Mericet Mühe.
    Teppic blieb stocksteif stehen. »Ich habe bestanden?« fragte er.
    »Das scheint der Fall zu sein.«
    »Aber …«
    »Du weißt sicher, daß es mir nicht gestattet ist, die Prüfung mit Schülern zu erörtern. Doch folgende Bemerkung dürfte zulässig sein: Ich halte nichts von diesen modernen Abprall-Techniken.« Damit verließ Mericet das Zimmer.
    Teppic wankte zu dem kleinen, staubigen Tisch an der Tür und starrte entsetzt auf das Blatt herab. Aus reiner Angewohnheit holte er eine Zange hervor, und damit hob er das Dokument.
    Es schien völlig echt und authentisch zu sein. Teppic betrachtete das Gildensiegel und den krakeligen Schnörkel von Mericets Unterschrift. Er hatte ihn oft genug gesehen, meistens unter Aufsätzen, neben Hinweisen wie Orrttograffie miehserabel. Erwahrte dich zu ainem persöhnlichen Geschpräch.
    Teppic trat ans Bett heran und zog die Decke zurück.
     
    Es war fast ein Uhr morgens, doch in Ankh-Morpork begann gerade erst der Abend. Auf den Dächern der Stadt, im Reich der Diebe und Assassinen, herrschte Dunkelheit. Aber unten in den Straßen ging es zu wie an einem verkaufsoffenen Samstag, der mit vielen Sonderangeboten lockte.
    Teppic wanderte geistesabwesend und benommen durch die Menge. Wer eine derartige Verhaltensweise offenbarte, buchte für gewöhnlich eine Reise zum schlammigen Grund des Flusses, aber der Sohn des Pharao trug schwarze Assassinen-Kleidung, und dieser Umstand bewirkte eine erstaunliche Kausalität: Vor ihm bildete sich eine Lücke im Gedränge, und hinter ihm schloß sie sich wieder. Selbst Taschendiebe hielten sich von ihm fern – man konnte nie wissen, was der Mantel eines Meuchelmörders enthielt. Teppic wanderte ziellos

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