Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
hat. In manchen Kreisen gewinnt man besonderes Ansehen, wenn man einen Mörder ermordet, was manchmal zu außergewöhnlichen Kettenreaktionen führen kann, die – wenn es sich um geschlossene Gesellschaften handelt – erst dann enden, wenn nur ein Überlebender übrigbleibt (der dann mit seinem neu erworbenen Ansehen nicht viel anfangen kann).
    Die drei jungen Burschen auf der Messingbrücke litten an einer akuten Alkoholvergiftung, und die Gestalten hinter ihnen wollten dafür sorgen, daß sie sich nicht davon erholten.
    Schelter stieß gegen eins der heraldischen, aus Holz bestehenden Nilpferde 10 am seewärtigen Rand der Brücke, prallte ab und beugte sich übers Geländer.
    »Ich fühle mich schiemlich schlecht«, brachte er hervor.
    »Laß es dir besser gehen«, sagte Arthur. »Raus mit dem Zeug. Dazu ist der Fluß schließlich da.«
    Teppic seufzte. Er mochte Flüsse, und seiner Ansicht nach sollten sie mit hübschen Seerosen und hungrigen Krokodilen ausgestattet sein. Der Ankh deprimierte ihn immer ein wenig: Wenn man eine Seerose hineinfallen ließ, löste sie sich einfach auf. Der breite Strom entwässerte die schlammigen Ebenen bis hin zu den Spitzhornbergen, und wenn er durch Ankh-Morpork geflossen war (Bevölkerung: eine Million), konnte man ihn nur noch als Fluß bezeichnen, weil er sich etwas schneller bewegte als die Ufer. Ein oder zwei Liter Erbrochenes fügten der zähen Masse wenigstens etwas Flüssigkeit hinzu.
    Teppic starrte auf das schmale Rinnsal zwischen den Brückenpfeilern herab, beobachtete dann den grauen Horizont.
    »Die Sonne geht auf«, verkündete er.
    »Kann mich nich’ daran erinnern, das gegessen zu haben«, murmelte Schelter.
    Teppic wich zurück, und ein Messer sauste dicht an seiner Nasenspitze vorbei, bohrte sich ins breite Hinterteil des nächsten Nilpferds.
    Fünf Gestalten erschienen im Dunst. Aus einem Reflex heraus drängten sich die drei jungen Assassinen zusammen.
    »Wenn ihr noch näher kommt, erwartet euch eine unangenehm riechende Überraschung«, stöhnte Schelter und preßte sich beide Hände auf die Magengrube. »Die Reinigung eurer Kleidung wird ein Vermögen kosten.«
    »Tja, wen haben wir denn hier?« fragte einer der Diebe. Die Umstände schienen eine derartige Bemerkung zu verlangen.
    »Diebesgilde, nicht wahr?« entgegnete Arthur.
    »Nein«, widersprach der Anführer. »Wir sind die kleine, nicht repräsentative Minderheit, die den Rest in Verruf bringt. Bitte gebt uns eure Waffen und Wertgegenstände. Das ändert natürlich nichts an eurem Schicksal. Wir finden es nur äußerst unangenehm und entwürdigend, Leichen zu berauben.«
    »Wie wär’s, wenn wir weglaufen?« fragte Teppic leise. Es klang nicht sehr begeistert.
    »Das halte ich für keine gute Idee«, flüsterte Arthur. »Es fällt mir schwer genug, auf den Beinen zu bleiben. Derzeit halten meine Füße nicht viel von einem Wettrennen. Sie sind müde. Sie möchten nach Hause, ins Bett.«
    »Es wird euch wirklich leid tun, wenn ich mich noch einmal übergebe«, sagte Schelter.
    »Du solltest statt dessen auf geben«, riet ihm der Anführer und lächelte süffisant.
    Teppic dachte an die Wurfmesser in seinen Ärmeln. Welche Chance hatte er, eins zu ziehen und lange genug zu überleben, um es zu werfen? Vermutlich nur eine sehr geringe.
    Bei solchen Gelegenheiten ist religiöser Trost recht willkommen. Teppic drehte sich um und blickte zur Sonne, als sie sich hinter einigen Wolken hervorschob.
    Genau in ihrer Mitte sah er einen kleinen Punkt.
     
    Der verstorbene Pharao Teppicymon XXVII. öffnete die Augen.
    »Ich bin geflogen«, hauchte er. »Ich kann mich deutlich daran erinnern, Schwingen gespürt zu haben. Was mache ich hier?«
    Er versuchte aufzustehen. Für einen Sekundenbruchteil fühlte er eine seltsame Schwere, doch die Last wich sofort von ihm, und er kam praktisch mühelos auf die Beine. Verwirrt blickte er zu Boden.
    »Ach du meine Güte«, sagte er.
    In der Kultur des Alten Königreichs nahmen der Tod und die Ereignisse danach einen zentralen Platz ein. Das Leben hingegen spielte nur eine untergeordnete Rolle, galt als lästige Einleitung einer wesentlich bedeutsameren Existenzphase. Die meisten Menschen begnügten sich damit, die vielen Jahre vor dem Tod mit Geduld hinzunehmen, aber einige konnten es nicht abwarten und beschleunigten den natürlichen Prozeß, indem sie sich Messer in die Brust stießen oder Gift nahmen. Der Pharao kannte sich mit der Philosophie seiner Heimat gut genug

Weitere Kostenlose Bücher