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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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aus, um sofort zu begreifen, daß er gestorben war. Der Anblick seines blutigen Leichnams leistete einen nicht unbeträchtlichen Beitrag zu dieser Erkenntnis.
    Alles wirkte sonderbar grau, und die Landschaft erweckte einen gespenstischen Eindruck, als könne er einfach hindurchmarschieren. Na klar, dachte Teppicymon. Wahrscheinlich bin ich tatsächlich dazu imstande.
    Er rieb sich das Analogon seiner Hände. Ja, jetzt ist es soweit. Jetzt fängt’s an, interessant zu werden. Jetzt kann ich endlich richtig leben.
    GUTEN MORGEN, sagte jemand hinter ihm.
    Der Pharao drehte sich um.
    »Hallo«, antwortete er. »Sie sind vermutlich …«
    ICH BIN DER TOD, sagte Tod.
    Teppicymon hob überrascht die Brauen. »Ich dachte immer, der Tod sähe aus wie ein riesiger, dreiköpfiger Kotkäfer.«
    Tod zuckte mit den Achseln. NUN, JETZT WISSEN SIE BESCHEID.
    »Was halten Sie da für ein Ding in der Hand?«
    DIES HIER? ES IST EINE SENSE.
    »Ein höchst seltsames Objekt, finden Sie nicht?« sagte der Pharao. »Ich war fest davon überzeugt, der Tod trüge den Dreschflegel der Gnade und Eine Gerechte Sichel.«
    Tod überlegte.
    WORIN? fragte er schließlich.
    »Wie bitte?«
    SPRECHEN WIR NOCH IMMER VON EINEM RIESIGEN KÄFER?
    »Oh. In seinen Beißzangen, nehme ich an. Aber ich glaube, eine der Fresken im Palast zeigt ihn mit Armen.« Der Pharao zögerte. »Wenn ich jetzt genauer darüber nachdenke, erscheint es mir irgendwie komisch. Ein Käfer mit Armen, meine ich. Und einem Ibiskopf, falls mich mein Gedächtnis nicht trügt.«
    Tod seufzte. Er stand abseits des Zeitstroms; für ihn gab es keine Unterschiede zwischen Vergangenheit und Zukunft. Dennoch erinnerte er sich daran, einmal versucht zu haben, sich seinen Kunden in der von ihnen gewünschten Gestalt zu zeigen. Allerdings gab es dabei einige Schwierigkeiten: Er konnte erst dann in Erfahrung bringen, welche Manifestation des Todes ein Klient erwartete, wenn die entsprechende Person gestorben war. Da ohnehin niemand bewußt damit rechnete, irgendwann das Zeitliche zu segnen, beschloß Tod, bei der üblichen Tradition zu bleiben. Sein bequemes, schwarzes Kapuzengewand hatte den Vorteil, überall akzeptiert zu werden, wie eine gute Kreditkarte.
    »Na schön«, sagte der Pharao. »Ich schlage vor, wir machen uns jetzt auf den Weg.«
    WOHIN?
    »Das sollten Sie doch wissen, oder?«
    ICH BIN NUR HIER, UM DAFÜR ZU SORGEN, DASS SIE ZUM RICHTIGEN ZEITPUNKT STERBEN. WAS DANACH GESCHIEHT, LIEGT GANZ BEI IHNEN.
    »Nun …« Der Pharao kratzte sich am Kinn. »Wahrscheinlich muß ich warten, bis alle Vorbereitungen und so abgeschlossen sind. Bis man mich einbalsamiert und eine verdammte Pyramide gebaut hat. Ich nehme an, mir bleibt nichts anderes übrig, als mich in Geduld zu fassen. Äh.«
    DA HABEN SIE VERMUTLICH RECHT. Tod schnippte mit den Fingern, und ein prächtiges weißes Roß, das die ganze Zeit über im Palastgarten gegrast hatte, trabte heran.
    »Nun, tja«, erklärte der Pharao. »Ich werde einfach nicht hinsehen. Wissen Sie, zuerst holt man die Weichteile heraus.« Ein Schatten von Sorge fiel auf Teppicymons Gesicht. Was ihm bisher vollkommen vernünftig erschienen war, verdiente nach dem Tod zumindest eine kleine Prise Skepsis.
    »Es geht darum, den Körper zu konservieren, so daß er in der Unterwelt ein neues Leben beginnen kann«, fügte er ein wenig verwirrt hinzu. »Und dann wird man mit Binden umwickelt. Wenigstens das erscheint logisch.«
    Er rieb sich die Nase. »Aber später bringt man Speis und Trank in die Grabkammer. Eigentlich ein bißchen seltsam.«
    WO BEFINDEN SICH DIE EINGEWEIDE ZU JENEM ZEITPUNKT?
    »Das ist eine weitere komische Sache«, erwiderte der Pharao, und Zweifel vibrierte in seiner Stimme. »Sie liegen in Krügen, und die Krüge stehen im Nebenzimmer. In der Pyramide meines Vaters haben wir sogar ein großes Kutschenmodell untergebracht.«
    Die Falten fraßen sich tiefer in Teppicymons Stirn. »Sie wurde mit Blattgold geschmückt. Und sie soll von vier hölzernen Ochsen gezogen werden. Wohin? frage ich mich. Der Ausgang ist mit einem großen und schweren Stein versperrt …«
    Er versuchte nachzudenken und stellte erstaunt fest, wie leicht es ihm fiel. Neue Ideen strömten in seinen Geist, und sie erwiesen sich als herrlich kühl und klar, standen mit folgenden Phänomenen in Zusammenhang: mit dem Licht, das über Felsen und Sand hinwegschimmerte, mit dem reinen Himmelsblau, mit den mannigfaltigen Möglichkeiten einer Welt, die sich auf allen Seiten

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