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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Schlangen wanden sich symbolisch um einen allegorischen Kamelstock. Das Volk glaubte, dadurch gewinne Dios’ Macht über Götter und Tote, aber vermutlich war es nur eine Metapher. Mit anderen Worten: eine Lüge.
    Dios verlagerte das Gewicht auf die andere Backe.
    »Ist der Pharao bereits in die Kammer des diesseitigen Jenseits gebracht worden?« fragte er.
    Der Halbkreis aus nicht ganz so hohen Hohenpriestern nickte.
    »Der Einbalsamierer Dil kümmert sich gerade um ihn, o Dios.«
    »Gut. Weiß der Pyramidenbauer Bescheid?«
    Hoot Koomi, Hoherpriester Khefins, des Zweigesichtigen Gottes Aller Tore, trat einen Schritt vor.
    »Ich habe mir die Freiheit genommen, ihn zu verständigen, o Dios«, sagte er glatt.
    Dios trommelte mit den Fingern auf seinen Stab. »Ja«, murmelte er, »das kann ich mir denken.«
    In der Priesterschaft galt es als abgemacht, daß Koomi die Nachfolge des Premierministers antreten sollte, vorausgesetzt natürlich, Dios traf irgendwann die Entscheidung zu sterben – es schien keine sehr lohnende Tätigkeit zu sein, auf Dios’ Tod zu warten. Der höchste Hohepriester konnte sich nicht recht mit der Vorstellung anfreunden, seinen Amtsstab jemand anders zu überlassen. Dem eigenen Gewissen vertraute er an, er sei nur dann bereit, seinen liebgewonnenen Platz zu räumen, wenn tagsüber blaue Monde am Himmel leuchteten und sich Vögel in fliegende Schweine verwandelten. Anschließend klopfte er seinem Unterbewußtsein auf die Schulter und fügte in einem verschwörerischen mentalen Tonfall hinzu, zwischen Koomi und einem heiligen Krokodil gebe es nur einen wichtigen Unterschied: Das Krokodil ließ keinen Zweifel an seinen Absichten.
    »Na schön«, sagte er laut.
    »Wenn ich Sie an etwas erinnern darf, Euer Lordschaft …«, begann Koomi. Dios starrte finster, und den anderen Hohenpriestern gelang es mit routiniertem Geschick, ihre Gesichter völlig ausdruckslos zu gestalten.
    »Ja, Koomi?«
    »Der Prinz, o Dios. Hat er bereits eine Nachricht erhalten?«
    »Nein.«
    »Er weiß also nichts vom Tod seines Vaters?« fügte Koomi hinzu.
    »Er wird davon erfahren«, sagte der Premierminister fest.
    »Wie, o Dios?«
    »Er wird davon erfahren. Und nun … Sie können gehen. Sorgen Sie dafür, daß es Ihren Göttern an nichts fehlt.«
    Gehorsam verließen die Hohenpriester den Saal, und Dios blieb allein auf der Throntreppe zurück. Er hatte dort so häufig Platz genommen, daß die steinerne Stufe eine kleine Mulde aufwies, die genau den Maßen seines Gesäßes entsprach.
    Dios war völlig sicher, daß der Prinz früher oder später vom Tod seines Vaters erfuhr. Wahrscheinlich früher. Auf das Wie kam es gar nicht an. Um das Wie kümmerte sich die göttliche Vorsehung; es gehörte einfach dazu. Als der Premierminister an Pteppic dachte, regte sich etwas in den dunkelsten Gewölben seines Ichs, in jenen Selbstwinkeln, wo viele Jahre des Rituals und verantwortungsbewußter Pflichterfüllung andere Arten von Mulden hinterlassen hatten. Dios entdeckte leises Unbehagen. Es fühlte sich in seiner Seele gar nicht wohl. Für gewöhnlich beschränkte sich das Unbehagen darauf, andere Menschen zu belasten. Dios verdankte seine lange Karriere der Tatsache, daß er in seinem Bewußtsein nie Platz für Zweifel ließ. Und doch … Ein fransiger Gedankenfetzen hielt mit sturer Beharrlichkeit an der Vermutung fest, daß es mit dem neuen König Schwierigkeiten geben konnte.
    Nun, bestimmt lernte der Junge bald. Sie lernten alle.
    Erneut verlagerte Dios das Gewicht – und schnitt eine Grimasse. Die Schmerzen kehrten zurück, und das durfte er nicht zulassen. Sie behinderten ihn bei der Arbeit, und seine Arbeit kam an erster Stelle – sogar vor dem König.
    Er beschloß, noch einmal die Nekropolis zu besuchen. Heute nacht.
     
    »Er ist nicht mehr er selbst. Man sieht es deutlich.«
    »Wer ist er dann?« fragte Schelter.
    Sie platschten durch die Straße und torkelten immer wieder, aber diesmal lag es nicht am Alkohol. Der Grund war: Zwei Jungen versuchten, den dritten davor zu bewahren, an die eine oder andere Wand zu prallen. Teppic setzte zwar einen Fuß vor den anderen, doch sein Gehirn schien nicht daran beteiligt zu sein.
    Um sie herum wurden Türen aufgerissen und Flüche geflucht. Bestimmte Geräusche deuteten darauf hin, daß man schwere Möbel aus dem Erdgeschoß ins erste Stockwerk brachte.
    »In den Bergen muß es ziemlich gerappelt haben«, sagte Arthur. »Ich meine, jede Menge Blitz und Donner und Regen. So

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