Pyramiden
stöhnte leise, schüttelte kummervoll den Kopf und dachte an Ptraci.
Gern öffnete einen Krug, und ein leises Plopp ertönte.
Dil deutete auf das Tablett mit den Werkzeugen. »Sei so nett und gib mir einen Hirnhaken Nummer Drei.«
»Sofort, Meister«, sagte Gern bereitwillig.
»Und stoß mich nicht an. Diese Sache erfordert eine ruhige Hand.«
»Klar, Meister.«
Der Pharao beugte sich näher.
Gern neigte den Kopf von einer Seite zur anderen, während Dil zog und zerrte. Schließlich pfiff der Lehrling leise durch die Zähne.
»Was für eine komische Farbe!« platzte es aus ihm heraus. »Damit hätte ich nicht gerechnet. Ist das königliche Essen der Grund, Meister?«
Dil seufzte. »Leg es einfach in den Behälter, Gern.«
»Geht klar, Meister. Meister?«
»Mhm?«
»Wo verbirgt sich der Gott, Meister?«
Dil spähte in Teppicymons Nasenlöcher und versuchte, sich zu konzentrieren.
»Das entsprechende Körperteil wird entfernt, bevor man die Leiche zu uns bringt«, erklärte er geduldig.
»Dachte ich mir schon«, murmelte Gern. »Ich meine, es gibt hier keinen Krug dafür.«
»Nein. Natürlich nicht. Es müßte ein ziemlich seltsamer Krug sein, Gern.«
Der Lehrling wirkte enttäuscht. »Oh«, sagte er. »Er ist also ganz normal, oder?«
»Soweit es den organischen Aspekt betrifft«, entgegnete Dil. Seine Stimme klang ein wenig dumpf.
»Meine Mutter meinte, als Pharao sei er ganz in Ordnung gewesen«, fuhr Gern im Plauderton fort. »Was glaubst du?«
»Über so etwas sollte man sich erst Gedanken machen, wenn wir Gelegenheit erhalten, unsere Pflicht zu erfüllen«, erwiderte Dil. »Nun, ich glaube, dieser Pharao war besser als die meisten anderen. Zwei ordentliche Lungenflügel. Einwandfreie Nieren. Große, völlig unverstopfte Nasennebenhöhlen; so etwas weiß ich zu schätzen.« Er betrachtete die Leiche und traf ein professionelles Urteil. »Ja, mit solchem Material arbeitet man gern.« .
»Meine Mutter meinte, er hatte das Herz am richtigen Fleck«, sagte Gern.
Teppicymon stand in unmittelbarer Nähe und nickte betrübt. Ja, dachte er. Krug drei, oberstes Regal.
Dil nahm ein Tuch, wischte sich die Hände ab und seufzte. Wer seit fünfunddreißig Jahren im Bestattungsgeschäft arbeitete, entwickelte philosophischen Gleichmut und wurde früher oder später zum Vegetarier. Hinzu kam eine charakteristische Sensibilisierung des Gehörs: Der Meister gewann den Eindruck, als wiederhole jemand sein Seufzen.
Teppicymon wanderte kummervoll zur anderen Seite der Kammer und blickte in die trübe Flüssigkeit des Vorbereitungsbottichs.
Wirklich komisch. Zu seinen Lebzeiten erschien ihm alles so vernünftig und offensichtlich. Als Toter gelangte er zu dem Schluß, daß man mit derartigen Ritualen nur Zeit verschwendete.
Die Zeremonie begann ihn zu langweilen. Er beobachtete, wie Dil und sein Lehrling Ordnung schufen, Kräuter und Harz verbrannten, ihn – die Leiche – anhoben, respektvoll durchs Zimmer trugen und vorsichtig in die ölige Konservierungsmasse herabließen.
Teppicymon XXVII. blickte niedergeschlagen in den Bottich und starrte auf seinen Leib, der wie die letzte eingelegte Gurke im Glas wirkte.
Nach einer Weile drehte er den Kopf und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Säcke in der Ecke. Sie enthielten Stroh. Niemand brauchte ihm zu sagen, welchem Zweck es diente.
Das Boot glitt nicht etwa durchs Wasser. Auf den Spitzen von zwölf Rudern sauste es über die Wellen hinweg, flog wie ein Vogel. Der mattschwarze Rumpf sah aus wie der Leib eines Hais.
Es befand sich kein Trommler an Bord, der den Rhythmus schlug. Das Boot verzichtete auf sein Gewicht. Außerdem wäre er ohnehin nicht in der Lage gewesen, schnell genug zu schlagen.
Teppic saß zwischen den beiden Reihen aus stummen Ruderern und starrte auf die schmale Tür der kleinen Frachtkammer. Er versuchte, nicht daran zu denken, was sie enthielt. Dieses Schiff war zweifellos dazu bestimmt, kleine Ladungen ziemlich schnell zu transportieren, ohne daß irgend jemand etwas bemerkte. Wahrscheinlich wußte nicht einmal die Schmugglergilde Bescheid. Das Geschäftsleben scheint recht interessant zu sein, dachte der Sohn des Pharao.
Es fiel dem Steuermann verdächtig leicht, das Delta zu finden – Teppic fragte sich, wie oft der leise flüsternde Schatten des Bootes über den Fluß gehuscht war –, und der exotische Duft einer namenlosen Fracht wich vertrauteren Gerüchen: Krokodildung; Riedgras; Seerosen; Mangel an sanitären
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