Pyramiden
nicht ins Leben zurück. Wenn man in Ankh oder Morpork stirbt, wird man begraben, verbrannt oder den Raben zum Fraß vorgeworfen. Hier bedeutet der Tod nur, daß man keine Parties mehr besuchen kann; aber dafür wird einem das beste Essen serviert. Das ist doch lächerlich! Wie sollst du ein solches Königreich regieren? Die Leute hier scheinen den Tod mit Taubheit zu vergleichen – man muß nur ein bißchen lauter sprechen.
Doch eine zweite, ältere Stimme hielt dem entgegen: Seit siebentausend Jahren herrschst du über ein derartiges Reich. Im Vergleich mit dem Stammbaum eines hiesigen Melonen-Bauern sind ausländische Könige wie Eintagsfliegen. Uns gehörte der ganze Kontinent, bevor wir ihn verkauften, um all die Pyramiden zu bezahlen. Wir denken nicht einmal an andere Staaten, die weniger als dreitausend Jahre alt sind. Und mit dieser Einstellung kommen wir bestens zurecht.
»Hallo, Vater«, sagte Teppic.
Das Phantom Teppicymons des Siebenundzwanzigsten hatte bisher in einer Ecke gestanden und seinen Sohn beobachtet. Jetzt durchquerte es das Zimmer und eilte herbei.
»Dir scheint es gut zu gehen!« grüßte der verstorbene Pharao. »Freut mich sehr, dich wiederzusehen. Hör mal, es gibt da einen wichtigen Punkt, den wir besprechen sollten. Hör gut zu, es geht um den Tod und so … «
»Er sagt, es freue ihn, dich wiederzusehen«, stellte Dios fest.
»Er hat zu Ihnen gesprochen?« fragte Teppic und bohrte in den Ohren. »Ich habe überhaupt nichts gehört.«
»Die Toten teilen sich nur den Priestern mit«, sagte der Priester. »So ist es bei uns Brauch.«
»Kann er mich verstehen?«
»Natürlich.«
»Ich habe über die ganze Sache mit den Pyramiden nachgedacht. Nun, äh, ich bin nicht mehr so sicher, ob es die Mühe lohnt, solche Bauwerke zu errichten.«
Teppic beugte sich vor. »Tantchen läßt dich grüßen«, sagte er laut. Er überlegte kurz. »Das heißt, meine Tante, nicht deine.« Hoffe ich wenigstens, dachte er.
»Hallo? Hallo? Kannst du mich hören?«
»Er erwidert den Gruß aus der jenseitigen Welt«, sagte Dios.
»Ja, schon, meinetwegen, aber HÖR mal, Sohn, ich möchte nicht, daß du nur meinetwegen eine Py …«
»Wir bauen dir eine prächtige Pyramide, Vater. Du wirst staunen. Keine Sorge: Viele Leute werden sich um dich kümmern.« Teppic richtete seinen Blick auf Dios. »Das gefällt ihm doch, oder?«
»Ich will keine Pyramide!« rief der Pharao. »Es gibt da eine höchst interessante Ewigkeit, mit der ich mich eingehender beschäftigen möchte. Ich verbiete es dir, mich in einer verdammten Pyramide einzusperren!«
»Er hält das für angemessen und fügt hinzu, du seiest ein pflichtbewußter Sohn«, übersetzte Dios.
»Kannst du mich sehen? Wie viele Finger halte ich hoch? Glaubst du etwa, es sei lustig, den Rest des Todes unter einer Million Tonnen Fels zu verbringen und zu beobachten, wie man sich langsam in Staub verwandelt? Haben nicht einmal Tote das Recht, sich ein wenig auszuleben?«
»Es ist sehr zugig hier drin, Gebieter«, sagte Dios. »Vielleicht sollten wir die Kammer verlassen.«
»Außerdem kannst du dir gar keine Pyramide leisten!«
»Und wir geben dir deine Lieblingsfresken und -statuen mit.« Teppic suchte nach den richtigen Worten. »Deine ganzen Sachen. Du möchtest doch nicht darauf verzichten, oder?«
»Er will doch nicht darauf verzichten, oder?« wandte er sich an Dios, als sie zum Thronsaal zurückkehrten. »Ich meine, er wird doch glücklich sein, oder? Oder?«
»Ganz bestimmt, Gebieter«, entgegnete der Hohepriester. »Ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, Gebieter.«
Ich schon, dachte Teppic.
Teppicymon XXVII. blieb im Einbalsamierungszimmer zurück und versuchte ohne großen Erfolg, Gern auf die Schulter zu klopfen. Schließlich gab er auf und nahm neben seiner Leiche Platz.
»Wenn ich dir einen guten Rat geben darf, Junge«, sagte er bitter, »setz keine Kinder in die Welt. Nachkommen bereiten einem nur Probleme.«
Und dann die Große Pyramide.
Teppics Schritte hallten von den marmornen Fliesen wider, als er um das Modell herumging. Er wußte nicht genau, welche Reaktion man jetzt von ihm erwartete. Vermutlich gerieten Könige und Pharaonen häufig in eine solche Situation, und der geschickte Ausweg hieß: Interesse zeigen.
»Nicht übel, nicht übel«, sagte er. »Wie lange befassen Sie sich schon mit der Entwicklung von Pyramiden?«
Ptaclusp, Architekt und Gelegenheits-Pyramidenbauer in Diensten der Obrigkeit, verbeugte
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