Pyramiden
immer sehr zuvorkommend. Oh, ich hätte keine Einwände erhoben, nein, bestimmt nicht. Immerhin habe ich eine angemessene Ausbildung hinter mir. Tja, in gewisser Weise bin ich ein wenig enttäuscht gewesen. Die Frauen meiner Familie dienen den Pharaonen schon seit vielen Jahrhunderten …«
»Tatsächlich?« brachte Teppic hervor.
»Es gibt da ein Buch mit dem Titel In den Schlafzimmern …«
»… des Palastes«, murmelte Teppic.
»Ich dachte mir schon, daß ein Mann von Welt wie du darüber Bescheid weiß«, sagte Ptraci und stieß ihn an. »Es ist eine Art Lehrbuch. Nun, meine Ururgroßmutter hat für die meisten Bilder posiert. Damals«, fügte sie hinzu, um jeden Zweifel auszuschließen. »Ich meine, vor ihrem Tod; sie liegt schon seit zwanzig Jahren im Grab. Als sie jünger war. Es heißt, ich sähe ihr sehr ähnlich.«
»Grgh«, entgegnete Teppic.
»Sie genoß einen ausgezeichneten Ruf, meine Ururgroßmutter. Sie konnte die Füße bis hinter den Kopf heben. Ja. Und dazu bin ich ebenfalls imstande. Ich habe die Stufe Drei erreicht.«
»Grgh?«
»Der alte Pharao hat einmal gesagt, die Götter gäben den Menschen einen Sinn für Humor, um einen Ausgleich für alles Sexuelle zu schaffen. Ich glaube, zu jenem Zeitpunkt war er ein wenig niedergeschlagen.«
»Grgh.« Teppic rollte mit den Augen.
»Du bist nicht sonderlich gesprächig, oder?«
Der Nachtwind blies ihm Ptracis Parfüm entgegen. Seltsamerweise hatte der Duft die Wirkung eines Vorschlaghammers.
»Wir müssen ein Versteck für dich finden«, sagte er und konzentrierte sich auf jedes einzelne Wort. »Du hast nicht zufällig Eltern oder so?« Mit nur mäßigem Erfolg bemühte er sich, nicht darauf zu achten, daß die Gerettete zu glühen schien.
»Nun, meine Mutter arbeitet noch immer irgendwo im Palast«, erwiderte Ptraci. »Aber ich glaube kaum, daß sie Verständnis für meine Lage aufbrächte.«
»Du mußt fort von hier«, sagte Teppic mit Nachdruck. »Die Priester dürfen dich nicht erwischen. Wenn es mir gelingt, Pferde oder ein Boot aufzutreiben … Dann kannst du nach Tsort oder Ephebe fliehen.«
»Ins Ausland?« Ptraci schürzte die Lippen. »Ich weiß nicht recht, ob mir das gefiele.«
»Wäre dir die Unterwelt lieber?«
»Nun, wenn du mich vor eine solche Wahl stellst …« Ptraci griff nach Teppics Arm. »Warum hast du mich gerettet?«
»Wie? Weil das Leben besser ist als der Tod. Glaube ich.«
»Was die Schlafzimmer des Palastes betrifft …«, sagte Ptraci nachdenklich. »Ich habe bis zum Abschnitt Sechsundvierzig gelesen, dem ›Kongreß der Fünf Vielversprechenden Ameisen‹. Wenn du ein wenig Joghurt hast, könnten wir …«
»Nein! Ich meine, nein. Nicht hier. Nicht jetzt. Bestimmt sucht man nach uns. Und außerdem geht bald die Sonne auf.«
»Du brauchst nicht gleich so aus der Haut zu fahren! Ich wollte nur freundlich sein.«
»Ja. Gut. Danke.« Teppic wandte sich ab und starrte verzweifelt über die Brüstung eines Lichtschachtes.
»Da unten befinden sich die Arbeitszimmer der Einbalsamierer«, sagte er. »Sicher gibt es dort zahlreiche Möglichkeiten, sich zu verstecken.« Er entrollte das Seil.
Sie ließen sich im Schacht herab und durchquerten mehrere Räume. Teppic fand einen, an dessen Wänden Bänke standen, und Holzspäne bedeckten den Boden. Eine schmale Tür führte in die nächste Kammer, in der einige Sarkophage standen, geschmückt mit einem puppenhaften Gesicht, das Teppic zu hassen begann. Er klopfte auf mehrere Deckel, hob einen an.
»Niemand zu Hause«, sagte er. »Hier kannst du es dir bequem machen. Ich sorge dafür, daß ein Spalt offen bleibt. Für frische Luft.«
»Ich soll mich in einen Sarg legen? Und wenn du nicht zurückkommst?«
»Keine Sorge, bis heute abend hörst du von mir«, erwiderte Teppic. »Und, äh … Vielleicht finde ich im Lauf des Tages Gelegenheit, dir etwas zu essen und zu trinken zu bringen.«
Ptraci stand auf den Zehenspitzen, und das leise Klimpern ihrer Fußreifen erschütterte Teppics Libido. Aus einem Reflex heraus senkte er den Blick und stellte fest, daß jeder Zehennagel bunte Muster aufwies. Er entsann sich an ein Gespräch, das er mit Käseweiß geführt hatte … Sie standen hinter den Ställen, und der andere Schüler meinte geheimnisvoll, Mädchen, die ihre Zehennägel bemalen würden, seien … Er konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, wußte nur noch, daß er damals ziemlich verblüfft gewesen war.
»Sieht sehr hart aus«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher