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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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gleichzusetzen. Das Sehen zieht vielmehr die Grenzlinie, an der das Glauben seine Notwendigkeit verliert.
    »Beim Toifel«, stöhnte Gern.
    Dil zog seinen Lehrling auf die Beine.
    »Hör auf damit«, sagte er fest, »und begleite mich.«
    »Oh, Meister, was sollen wir jetzt tun?«
    Dil hatte nicht die geringste Ahnung und sah sich in der schlafenden Stadt um.
    »Wir gehen zum Palast«, beschloß er. »Vermutlich ist es nur eine, äh, optische Täuschung der Dunkelheit. Ein Trick der Nacht. Außerdem: Bald beginnt ein neuer Tag.«
    Er ging los und wünschte sich, den Platz mit Gern tauschen und ebenfalls vor Grauen zittern zu können. Der Lehrling folgte ihm in einer Art kriechendem Galopp.
    »Ich sehe Schatten vor den Sternen, Meister! Erkennst du sie ebenfalls, Meister? Am Rande der Welt, Meister!«
    »Nur Nebelschwaden, Junge«, brummte Dil, blickte starr geradeaus und wanderte so würdevoll, wie es sich für den Hüter Der Linken Tür Des Kohlensauren Natron-Quartiers und Empfänger mehrerer Auszeichnungen für gute Nadelarbeit gehörte.
    »Dort«, sagte er. »Sieh nur, Gern! Die Sonne geht auf.«
    Sie blieben stehen und beobachteten stumm, wie es heller wurde.
    Nach einer Weile wimmerte Gern. Nach einer zusätzlichen Weile schwieg er und duckte sich.
    Eine große flammende Kugel glitt langsam über den Himmel. Gefolgt von einem riesigen Mistkäfer, der sie schob.

Drittes Buch
DAS BUCH DES NEUEN SOHNES

Die Sonne stieg über den Horizont, und da sie nicht auf das Alte Königreich herabsah, handelte es sich nur um einen Ball aus brennendem Gas. In ihrem grellen Lötlampen-Schein verdunstete die purpurne Wüstennacht. Eidechsen krochen hastig unter Steine. Du Mistvieh ließ sich in den Schatten sinken, den die spärlichen Reste der Dornbüsche spendeten, starrte gelangweilt über die brodelnde Landschaft, kaute noch einmal das letzte Abendessen und berechnete Quadratwurzeln mit der Basis sieben.
    Teppic und Ptraci suchten im Schatten einer Kalksteinwand Zuflucht und beobachteten die flirrende Hitze.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Ptraci. »Hast du überall nachgesehen?«
    »Es ist ein Land! Ein Staat! Djelibeby kann nicht einfach durch ein Loch im Boden fallen!«
    »Vielleicht bekam es das Alte Königreich mit der Angst zu tun«, sagte Ptraci gleichmütig. »Vielleicht hat es sich vor der Großen Pyramide versteckt.«
    Teppic stöhnte leise und trat aus dem Schatten. Die Hitze traf ihn mit der Wucht eines Hammers, aber er ging weiter und hielt so aufmerksam Ausschau, als seien dreihundert Quadratmeilen in der Lage, sich in einem Felsspalt oder hinter Sträuchern zu verbergen.
    Der Weg neigte sich zwischen den Klippen nach unten, aber er stieg praktisch sofort wieder an und führte an Dünen vorbei. Es konnte überhaupt kein Zweifel daran bestehen, daß die Sandhügel zu Tsort gehörten. Teppic erkannte eine verwitterte Sphinx wieder, die als etwas ausgefallener Grenzstein fungierte. Einige Legenden behaupteten, die Sphinx patrouilliere am Rande von Tsort, wenn der Nation Unheil drohe. Leider fügten die Sagen keine plausible Erklärung hinzu.
    Teppic wußte ganz genau, daß sie nach Ephebe geritten waren. Eigentlich sollte sein Blick jetzt auf das fruchtbare, von Pyramiden übersäte Djel-Tal fallen, auf die traditionelle Pufferzone zwischen den beiden weitaus größeren Reichen.
    Eine Stunde lang hatte er vergeblich danach gesucht.
    Es war rätselhaft. Es war unheimlich. Und es war außerordentlich peinlich.
    Teppic beschattete die Augen und sah zum tausendsten Mal über die stille, bratende Landschaft. Und er drehte den Kopf nach rechts. Und er sah Djelibeby.
    Das Alte Königreich huschte an ihm vorbei. Er wandte den Kopf nach links und sah es noch einmal: ein kurzes Aufblitzen, dunstige Farben, die sofort verblaßten, wenn er sich darauf konzentrierte.
    Einige Minuten später blickte Ptraci über die Kalksteinwand hinweg und beobachtete, wie sich Teppic auf Hände und Knie sinken ließ. Als er damit begann, einzelne Steine umzudrehen, hielt sie es für angeraten, daß er in den Schatten zurückkehrte.
    Er schüttelte ihre Hand von der Schulter und vollführte eine jähe Geste.
    »Ich habe es gefunden!« Teppic zog ein Messer aus dem Stiefel und kratzte damit über den Fels.
    »Wo?«
    »Hier!«
    Ptraci legte eine mit Ringen geschmückte Hand auf Teppics Stirn.
    »O ja«, sagte sie. »Ich verstehe. Ja. Gut. Hier in der Sonne ist es ziemlich heiß. Du solltest …«
    »Im Ernst! Hier! Sieh nur!«
    Ptraci

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