Pyramiden
Grenze zu kontrollieren. Darauf kannst du wetten.«
Teppic wußte natürlich von der traditionellen Feindschaft zwischen Ephebe und Tsort. Das Alte Königreich hatte beträchtlich davon profitiert, indem es Kaufleuten aus beiden Ländern Möglichkeit gab, an geheimen Orten Geschäfte abzuschließen. Er trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
»Zum letzten Mal seid ihr vor vielen tausend Jahren in den Kampf gezogen«, sagte er. »Damals waren eure Länder klein und unbedeutend, nicht annähernd so mächtig wie heute. Wenn ihr jetzt Krieg führt … Habt ihr schon daran gedacht, daß irgend jemand zu Schaden kommen könnte?«
»Es ist eine Frage des Stolzes«, erwiderte Ibid, doch er klang nicht sehr überzeugt. »Ich glaube, uns bleibt gar keine Wahl.«
»Es war die verdammte Holzkuh«, sagte Xeno. »Deshalb sind die Tsortaner noch immer sauer auf uns.«
»Wenn wir nicht zuerst angreifen, müssen wir mit einem Überraschungsangriff rechnen«, fügte Ibid hinzu.
»Abscholut richtig«, bestätigte Xeno. »Deshalb sollten wir sofort zurückschlagen, bevor Tsort mit einer Offensive beginnen kann.«
Die beiden Philosophen wechselten einen kummervollen Blick.
»Andererseits …«, sagte Ibid. »Der Krieg macht es einem nicht gerade leicht, klar zu denken.«
Xeno nickte. »Dem kann ich nur zuschtimmen. Ich meine, Tote denken nur selten.«
Betretenes Schweigen folgte, und eine Zeitlang lauschten sie Ptraci, die der Schildkröte vorsang. Einige Möwen krächzten mehr oder weniger hingerissen.
»Welchen Tag haben wir heute?« fragte Ibid.
»Dienstag«, antwortete Teppic.
»Vielleicht solltest du uns zum Symposium begleiten«, sagte der Gertenschlanke. »Es findet an jedem Dienstag statt. Die besten Denker und Experten Ephebes sind zugegen. Diese Angelegenheit muß ausführlich erörtert werden.«
Er sah Ptraci an.
»Deine junge Gefährtin darf natürlich nicht mitkommen«, fuhr Ibid fort. »Frauen ist die Teilnahme streng verboten. Ihre Gehirne überhitzen zu leicht.«
Pharao Teppicymon XXVII. schlug die Augen auf. Warum ist es so zappenduster hier drin? dachte er.
Dann stellte er fest, daß er seinen Herzschlag hörte, dumpf und einige Meter entfernt.
Und dann erinnerte er sich.
Er lebte. Obgleich er gestorben war. Er lebte tatsächlich, nicht nur als Phantom, dem niemand zuhören wollte. Allerdings gab es ein Integritätsproblem. Gewisse Teile seines Körpers fehlten.
Aus irgendeinem Grund hatte Teppicymon angenommen, in der Unterwelt zusammengesetzt zu werden, so wie eins von Grinjers Modellen.
Reiß dich zusammen, Mann! dachte er.
Du brauchst keine Bauanleitung, fuhr es ihm durch den Sinn. Du weißt ganz genau, was wohin gehört. An die Arbeit!
Er versuchte, tief Luft zu holen, was ihm ohne Lungen nicht gerade leichtfiel. Na schön. Es existieren mindestens sechs Krüge. Meine Augen befinden sich in einem davon. Vielleicht sollte ich den Deckel abnehmen, damit ich sehen kann, was los ist.
Dazu brauche ich Arme, Beine und Finger.
He, ich glaube, diese Sache könnte problematisch werden.
Versuchsweise streckte er steife Glieder und berührte etwas Festes und Schweres. Das Objekt fühlte sich an, als ließe es sich bewegen, und deshalb brachte er den anderen Arm in Position, drückte und schob.
Ein Knirschen und Pochen, gefolgt von dem Empfinden befreiender Leere. Teppicymon richtete sich auf, und sein ganzer Körper knarrte.
Die Seiten des Sarkophags behinderten ihn nach wie vor, aber er stellte überrascht fest, daß sie wie Papier nachgaben, als er dagegenstieß. Das Einlegen und Ausstopfen, überlegte er. Offenbar bekommt man dadurch mehr Masse. Und Kraft. Klar, hab mich lange genug ausgeruht.
Er tastete sich zum Rand der steinernen Platte, schwang die schweren Beine zu Boden und zögerte kurz, um aus reiner Angewohnheit zu schnaufen. Anschließend konzentrierte er sich auf die ersten unsicheren Schritte des gerade erwachten Untoten.
Es erwies sich als erstaunlich schwierig, mit strohgefüllten Beinen zu gehen, während das für die Koordination zuständige Hirn einige Meter entfernt in einem Konservierungsbehälter lag. Teppicymon schaffte es zur Mauer und tastete sich daran entlang, bis ein Scheppern und Klirren den Schluß zuließen, daß er die Krüge erreicht hatte. Vorsichtig nahm er den ersten Deckel ab und schob die Hand in das Gefäß.
Dies muß mein Gehirn sein, dachte er sehnsüchtig. Grieß ist nicht so weich und schwammig. Ich habe meine Gedanken gesammelt, haha.
Er
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