Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
wie einen alten Freund behandelte, erfüllte ihn mit Aufregung und Zufriedenheit. »Gern dort drüben glaubt, es sei alles seine Schuld. Ich habe ihn immer wieder darauf hingewiesen, daß sich die Götter bestimmt nicht die Mühe machen, einen jungen Burschen zu bestrafen, nur weil er, äh, gewisse Bedürfnisse verspürt, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Der Oberste Einbalsamierer legte eine kurze Pause ein und fügte behutsam hinzu: »Das stimmt doch, oder?«
    »Da bin ich völlig sicher«, erwiderte der Pharao sofort. »Die Götter müssen sich um wichtigere Dinge kümmern.«
    »Genau meine Meinung.« Dil seufzte erleichtert. »Gern ist ein guter Junge, Herr. Er hat nur eine sehr religiöse Mutter. Die Götter müssen sich um wichtigere Dinge kümmern – so lauteten meine Worte. Nun, Herr, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mit meinem Lehrling sprechen, ihn ein wenig aufmuntern könnten, Sie wissen schon …«
    »Gern«, sagte Teppicymon freundlich. »Ich meine, geht klar.«
    Dil schob sich noch etwas näher heran.
    »Wissen Sie, Herr, die Götter … Mit ihnen stimmt was nicht. Wir haben sie beobachtet, Herr. Nun, zumindest ich. Tja, ich bin aufs Dach geklettert. Gern zog es vor, unter einen Tisch zu kriechen. Die Götter sind irgendwie seltsam.«
    »Inwiefern?«
    »Nun, sie sind hier, Herr! Das ist doch sonderbar, oder? Ich meine, sie sollten nicht wirklich hier sein. Sie schreiten umher und kämpfen gegeneinander und schreien brave Bürger an.« Dil sah nach rechts und links, bevor er hinzufügte: »Unter uns gesagt, Herr: Sie scheinen nicht besonders intelligent zu sein.«
    Der Pharao nickte. »Und wie verhalten sich die Priester?« fragte er.
    »Sie werfen sich gegenseitig in den Fluß, Herr.«
    Teppicymon nickte erneut: »Klingt gut«, sagte er. »Offenbar sind sie endlich vernünftig geworden.«
    »Wollen Sie meine Meinung hören, Herr?« fragte Dil mit ernster Rhetorik. »Alle die Dinge, an die wir glauben, werden wahr. Und ich habe noch etwas anderes gehört, Herr. Heute morgen – wenn es wirklich Morgen war, ich meine, die Sonne schwebt am Himmel, und es ist nicht die richtige Sonne – nun, heute morgen ritten einige Wächter über die Straße nach Ephebe, und wissen Sie, was die Soldaten entdeckten?«
    »Nein. Was denn?«
    »Die Straße nach Ephebe führt nach Djelibeby!« Dil trat einen Schritt zurück, um die Bedeutung seiner Worte zu unterstreichen. »Die Wächter kamen bis zur Schlucht, und plötzlich fanden sie sich auf dem Tsort-Weg wieder. Irgendwie ist alles in sich selbst gekrümmt. Wir sind eingeschlossen, Herr. Mit unseren Göttern.«
    Und ich sitze in meinem Körper fest, dachte Teppicymon. All die Dinge, an die wir glauben, werden wahr? Und wir glauben nicht daran, woran wir zu glauben glauben. Ah.
    Der Pharao sah sich mit einigen Formulierungsproblemen konfrontiert, sortierte Silben und Gedanken. Ich meine, wir glauben, daran zu glauben, daß die Götter weise und mächtig sind, aber in Wirklichkeit glauben wir, sie seien wie unser Vater nach einem anstrengenden Tag im Büro. Und wir glauben zu glauben, daß die Unterwelt eine Art Paradies ist, obgleich wir tief in unserem Innern wissen, daß sie sich direkt hier befindet, daß man sie im alten Körper erreicht, und das gilt auch für mich, ich meine, ich bin hier, in einer Mumie gefangen, und ich muß für immer und ewig im Diesseits bleiben, ohne Hoffnung, ohne die Chance, ein neues Leben im jenseits zu beginnen …
    »Wie beurteilt mein Sohn die derzeitigen Vorgänge?« fragte er.
    Dil hüstelte. Es war ein unverheilverkündendes Hüsteln. Die Spanier verwenden ein umgekehrtes Fragezeichen, um darauf hinzuweisen, daß die nächsten Worte eine Frage bilden. Dils Hüsteln kündigte ein beginnendes Requiem an.
    »Ich weiß nicht recht, wie ich es Ihnen sagen soll«, begann der Einbalsamierer.
    »Heraus damit, Mann!«
    »Herr, es heißt, er sei tot, Herr. Es heißt, er habe sich umgebracht und dann die Flucht ergriffen.«
    »Er hat sich umgebracht?«
    »Ja, Herr. Tut mir leid, Herr.«
    »Und dann ist er weggelaufen?«
    »Weggeritten, Herr. Auf einem Kamel.«
    »In unserer Familie führt man ein ziemlich aktives Leben nach dem Tod, wie?« sagte der Pharao trocken.
    »Wie bitte, Herr?«
    »Ich meine, die beiden Bemerkungen schließen sich gegenseitig aus.«
    Dil blinzelte, und seine Lippen bewegten sich lautlos.
    »Das heißt, sie können nicht beide der Wahrheit entsprechen«, erklärte Teppicymon.
    »Ähem«, erwiderte Dil.
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher