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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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reflektiert, und 3) es wandert vom Glas zum Detektor. Jeden dieser Schritte können wir als Verkürzung und Drehung des Einheitspfeils um einen bestimmten Betrag auffassen.

     
    Sie erinnern sich wohl noch, daß wir in der ersten Vorlesung nicht alle Wege, auf denen das Licht vom Glas zurückgeworfen werden kann, berücksichtigt haben. Dazu hätten wir Unmengen winziger Pfeilchen zeichnen und addieren müssen. Um uns das zu ersparen, habe ich den Eindruck erweckt, als ob das Licht auf einen bestimmten Punkt auf der Glasfläche aufträfe – als ob es nicht auseinanderliefe. In Wirklichkeit aber läuft das Licht auf seinem Weg von einem Punkt zum anderen auseinander (es sei denn, es wird von einer Linse übertölpelt), und mit dieser Auffächerung ist eine kleine Verkürzung des Einheitspfeils verbunden. Für den Augenblick jedoch wollen wir die Dinge dahingehend vereinfachen, daß sich der Lichtstrahl nicht verbreitern soll. Deshalb können wir auch die damit verquickte Verkürzung außer acht lassen und annehmen, daß jedes Photon, das die Quelle verläßt, entweder in A oder in B landet.
    Folglich haben wir beim ersten Schritt keine Verkürzung, aber eine Drehung. Diese entspricht der Drehung, die der Zeiger unserer fiktiven Stoppuhr beim Stoppen des Photons von der Quelle zur Glasfläche zurücklegen würde. Im vorliegenden Beispiel erhalten wir für den ersten Schritt einen resultierenden Pfeil der Länge 1, der – sagen wir – auf 5 Uhr zeigt.
    Beim zweiten Schritt, der Reflexion des Photons vom Glas, verkürzt sich der Pfeil merklich – von 1 auf 0,2 – und vollführt gleichzeitig eine halbe Drehung. (Die Zahlen werden Ihnen im Augenblick willkürlich herausgegriffen erscheinen. Weit gefehlt: Sie hängen – und das werde ich Ihnen in der dritten Vorlesung auch erklären! – davon ab, ob das Licht von Glas oder irgendeinem anderen Stoff reflektiert wird.) Also stellen wir den zweiten Schritt durch eine Amplitude der Länge 0,2 und der Richtung 6 Uhr (eine halbe Drehung) dar.
    Beim letzten Schritt, dem Weg des Photons vom Glas zum Detektor, kommt es, wie beim ersten Schritt, zu keiner Verkürzung, aber zu einer Drehung – sagen wir, die Entfernung soll etwas kürzer sein als bei Schritt 1 und der Pfeil auf 4 Uhr zeigen.
    Und nun »multiplizieren« wir die Pfeile 1, 2 und 3 nacheinander (das heißt, wir addieren die Winkel und multiplizieren die Längen). Das Endergebnis der drei Schritte – 1) Drehung, 2) Verkürzung und halbe Drehung sowie 3) Drehung – deckt sich mit dem in der ersten Vorlesung gewonnenen: Die Drehung der Schritte 1 und 3 (5 Uhr plus 4 Uhr) ergibt denselben Betrag, den wir beim Stoppen des ganzen Vorgangs erhielten (9 Uhr); aufgrund der zusätzlichen Drehung von Schritt 2 zeigt der Pfeil in die entgegengesetzte Richtung wie der Stoppuhrzeiger in der ersten Vorlesung. Die Verkürzung auf 0,2 beim zweiten Schritt ergibt einen Pfeil, dessen Quadrat 4 Prozent, also der bei einer einzigen Grenzfläche beobachteten partiellen Reflexion entspricht.
    Im vorliegenden Experiment wollen wir uns noch einer Frage zuwenden, der wir in der ersten Vorlesung ausgewichen sind: Was geschieht mit den Photonen, die nach B gehen, das heißt die die Oberfläche des Glases passieren. Ihre Amplitude muß eine Länge von etwa 0,98 haben, da 0,98 x 0,98 = 0,9604, womit wir nah genug bei unseren 96 Prozent liegen. Auch diese Amplitude können wir in einzelne Schritte zerlegen (vgl. Abb. 41).

     
    Der erste Schritt ist der gleiche wie für den Weg nach A – das Photon läuft von der Quelle zum Glas hinunter -: der Einheitspfeil dreht sich auf 5 Uhr.
    Mit dem zweiten Schritt – das Photon passiert die Oberfläche des Glases – ist keine Drehung verbunden, lediglich eine geringfügige Verkürzung auf 0,98.
    Der dritte Schritt – das Photon wandert durch das Glasinnere – bringt eine weitere Drehung, aber keine Verkürzung.
    Das Endergebnis ist ein in eine bestimmte Richtung zeigender Pfeil der Länge 0,98, dessen Quadrat die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens eines Photons in B darstellt – 96 Prozent.
    Jetzt nehmen wir uns noch einmal die partielle Reflexion an zwei Flächen vor. Bei der Reflexion an der Oberfläche liegen die Dinge natürlich genauso wie bei der Reflexion an einer einzigen Grenzfläche; mithin haben wir es wieder mit denselben drei Schritten zu tun wie vorhin (Abb. 40).

     
    Die Reflexion an der Rückseite läßt sich in sieben Schritte auflösen (vgl. Abb. 42). Unter

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