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Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Titel: Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt Kostenlos Bücher Online Lesen
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mit der Angst, die sie beherrschte, ließen
ihren Magen revoltieren, und Galle stieg in ihrer Kehle auf. Der Mann umklammerte
seinen blutigen Oberschenkel und funkelte sie wütend an.
    »Du willst mich wohl aufspießen wie
ein Hähnchen, was?« keuchte er. Seine Sprechweise verriet, daß er Engländer und
von sehr niedriger Herkunft war. Nachdem er eine Hand in Charlottes Haar
gekrallt hatte, stieß er ihren Kopf hart gegen den Türrahmen. »Dafür wirst du
zahlen, Lady, und teurer, als du glaubst!«
    Charlotte versuchte, ihr Knie in
seinen Unterleib zu stoßen, aber er wich dem Angriff geschickt aus. Und da
blieb ihr keine andere Wahl, als den Dolch erneut zu ihrer Verteidigung zu
nutzen. Die Klinge rutschte ab, doch erst, nachdem sie das schmutzige Hemd des
Mannes und seine Haut aufgeschlitzt hatte. Der Pirat schrie auf wie ein
verwundetes Tier und sprang Charlotte von neuem an.
    Zum Glück wurde er in diesem
Augenblick nach hinten fortgerissen. Patrick schleuderte ihn mit dem Kopf voran
gegen die Wand, und der Mann sank besinnungslos zu Boden.
    »Verdammt, Charlotte!« brüllte
Patrick, während er den Piraten am Hemdkragen zu den Treppenstufen schleifte.
»Glaubst du, ich hätte Zeit, das Kindermädchen für dich zu spielen? Tu endlich,
was ich dir gesagt habe!«
    »Das habe ich ja versucht«,
entgegnete Charlotte, bevor sie in den Vorratsraum stürzte und die Tür hinter
sich schloß.
    In dem Raum war es dunkel, die Luft
war heiß und schwül. Eine Zeitlang blieb Charlotte reglos stehen, um ihre
aufgeregten Nerven zu beruhigen, und als ihre Augen sich an die Finsternis
gewöhnt hatten, verkroch sie sich hinter einem hohen Faß.
    Gedämpfte Schreie und Schüsse
drangen durch die Holzdecke über ihr, und Charlotte begann unkontrolliert zu
zittern, als sie ihre Lage zum erstenmal in Ruhe überdachte. Ein harter
Aufprall an der Tür ließ ihr Herz so heftig schlagen, daß sie kaum noch Luft
bekam, und rasch entfernte sie den Deckel von einem der Fässer und stieg
hinein. Die Mehlwolke, die ihr in Gesicht und Nase stieg, löste ein heftiges
Niesen aus, und Charlotte hoffte inständig, daß das verstreute Mehl nicht ihr
Versteck verraten würde.
    Die nächsten Minuten — oder Stunden
— waren von dramatischer Intensität. Mehr als einmal klappte die Eingangstür
so heftig in ihren Scharnieren, als würde sie mit einem Rammbock bearbeitet.
Der Kampf, der sich vorher auf das Oberdeck beschränkt hatte, hatte sich bis in
den Bauch des Schiffes ausgebreitet.
    Charlottes Mut hatte sie verlassen.
Der Griff des Dolchs war wie an ihrer Hand festgeklebt, so heftig schwitzte
sie, und Mehlklumpen formten sich auf ihren Wangen, als sie ihren Tränen
endlich freien Lauf ließ. Denn eins wußte sie — falls die Piraten siegten,
würden die Folgen unausdenkbar schrecklich sein.
    Charlotte wartete und wartete, ihre
Angst war so groß, daß sie nicht einmal imstande war zu beten.
    Mindestens eine Stunde war nach
ihrer Zeitrechnung vergangen, als ein gebieterisches Klopfen an der Tür
ertönte. »Charlotte!« rief Patricks Stimme. »Mach auf!«
    Erleichterung erfaßte sie, weil er
noch lebte, aber auch eine Spur von Ärger wurde in ihr wach. Patricks Stimme
hatte Ungeduld verraten, fast so, als hätte er Besseres zu tun, als seine Frau
zu suchen!
    »Woher soll ich wissen, daß dich
niemand zwingt? Es könnte ein Trick sein — vielleicht bedroht dich ein Pirat
mit seinem Messer!«
    »Du hast zu viele billige Romane
gelesen«, entgegnete der Kapitän gereizt.
    Charlotte kletterte aus dem Mehlfaß
und ging zur Tür. Das Ohr an das Holzpaneel gepreßt, lauschte sie gespannt,
doch da ihre Sehnsucht nach Licht und Sicherheit fast noch stärker war als ihre
Angst, löste sie schließlich vorsichtig den Riegel.
    Patrick stand allein im Gang, das
dunkle Haar zerzaust, das Hemd zerrissen. Aber es war wenigstens kein Blut an
ihm zu sehen.
    »Dem Himmel sei Dank!« rief
Charlotte erleichtert aus.
    Patrick lehnte sich an den Türrahmen
und musterte sie. Was für einen Anblick ich bieten muß, dachte Charlotte ...
von Kopf bis Fuß mit Mehl bedeckt, das Haar wild und aufgelöst ...
    Es war ihr kein Trost, daß Patrick
lachte.
    »Wage es nicht, mich auszulachen!«
sagte sie und versuchte, sich an ihm vorbeizuschieben.
    Er versperrte ihr den Weg. »Es ist
alles in Ordnung, Charlotte«, sagte er sanft. »Du brauchst keine Angst mehr zu
haben.«
    Mit einem erstickten Aufschrei
schlang sie ihre Arme um seinen Hals, und klammerte sich zitternd an ihn.

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