Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
ins Gedächtnis, als
sie, Millie und Lydia zum Dorschfang in einem Ruderboot aufs Meer
hinauszufahren pflegten.
Es nützte jedoch nicht viel, und
Charlotte vermutete, daß sie ganz grün im Gesicht war, als sie endlich den Pier
erreichten. Der schmale Steg schwankte bedrohlich, und sie atmete erleichtert
auf, als sie endlich Sand unter ihren Füßen spürte.
Die ersten Sterne gingen auf, und
von der See her kam eine erfrischende Brise auf.
Charlotte begann sich besser zu
fühlen. Nun würde sie Gelegenheit bekommen, passende Kleidung zu kaufen, und
in einem Zimmer schlafen, wo der Boden sich nicht bewegte. Morgen früh würde sie
endlich wieder ein anständiges Frühstück zu sich nehmen, mit Obst und frischem
Brot, und danach einen langen Brief an ihre Familie schreiben ...
»Ist das das Hotel?« fragte sie und
deutete auf ein stattliches weißes Gebäude am Ende einer mit Kopfsteinpflaster
ausgelegten Straße.
Patrick lächelte. »In Costa del
Cielo gibt es kein Hotel.« Charlotte war enttäuscht. »Kein Hotel?«
wiederholte sie betroffen.
»Nur zwei Tavernen, in denen man
Zimmer mieten kann«, sagte Patrick. »Aber ich glaube, du wirst dich bei meinen
Freunden, Senor und Seflorina Querida, viel wohler fühlen«, fügte er
augenzwinkernd hinzu.
Querida. Der Name versetzte
Charlotte einen Stich, er erinnerte sie an die zierliche Handschrift auf dem
parfümierten Briefumschlägen, die sie in Patricks Schreibtisch gefunden hatte.
Pilar, dachte sie und schämte sich mehr als
je zuvor ihres abscheulichen roten Kleides. Sie hätte Patrick gern nach Pilar
gefragt, aber damit hätte sie ihm verraten, daß sie die Briefe gesehen hatte.
»Ich möchte niemandem zur Last
fallen«, entgegnete sie mit Würde.
Patrick lächelte und maß Charlottes
auffallendes Kleid mit einem amüsierten Blick. »In den Tavernen kannst du nicht
bleiben, obwohl ich zugeben muß, daß du dafür gekleidet bist.«
Bevor sie den hohen schmiedeeisernen
Zaun erreichten, der die Residenz der Familie Querida umgab, erschien ein
Dienstbote mit einer Laterne. Am Tor stand wartend eine schöne junge Frau in
einem weißen Kleid. Ihr tiefschwarzes Haar schimmerte im Schein der
Straßenlaternen.
Als sie Charlotte sah, wurden ihre
dunklen Augen schmal, doch dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf Patrick
und warf sich mit einem freudigen Ausruf in seine Arme.
Ein wenig steif, wie es Charlotte
erschien, löste er sich von dem Mädchen und schob es sanft von sich ab.
»Hallo, Pilar«, sagte er.
Das Mädchen richtete den Blick
wieder auf Charlotte. Ein verblüffter Ausdruck erschien in ihren Augen, als sie
das purpurrote Kleid betrachtete.
Charlotte dachte an die Briefe, die
diese schöne junge Frau an Patrick geschrieben hatte, und fragte sich, welcher
Art ihre Beziehung zu ihm sein mochte.
»Das ist Charlotte, meine Frau«,
stellte er vor.
Pilars dunkle Augen blitzten
plötzlich, sie murmelte etwas in Spanisch, wandte sich ab und verschwand in der
Dunkelheit.
Patrick schien völlig ungerührt über
die Reaktion seiner Geliebten und unterhielt sich in fließendem Spanisch mit
dem Diener, der sie über einen geräumigen Innenhof zu einer Flügeltür führte.
Der Raum, den sie betraten, war eine
kleine Suite, beherrscht von einem prächtigen Himmelbett mit mitternachtsblauen
Baldachin und weißem Spitzenüberwurf. Ein Marmorkamin, über dem ein
goldgerahmter Spiegel hing, schmückte eine Wand des Raums. Eine üppig blühende
Pflanze in einem Keramiktopf stand hinter dem Feuerbock aus schimmernder
Bronze.
Charlotte sah sich und Patrick — ja,
sogar das ganze Zimmer — in dem Spiegel über dem Kamin. Der Mann, den sie so
innig liebte und so wenig kannte, stand hinter ihr und legte ihr sanft die
Hände auf die Schultern.
»Sieh dich an«, sagte er mit leisem
Vorwurf in der Stimme. »Du hast dunkle Schatten um die Augen.« Dann begann er
ihr Kleid aufzuknöpfen, und sie erschauerte in süßer Erwartung. Doch dann
sagte er zu ihrer Enttäuschung: »Du hast morgen einen anstrengenden Tag vor
dir, Göttin. Du braucht deinen Schlaf.«
Er selbst war es gewesen, der sie
gelehrt hatte, etwas anderes viel dringender zu brauchen als Schlaf, doch ihr
Verlangen nach ihm ganz offen zuzugeben, wagte sie nicht. Dazu war der Aufruhr,
der in ihren Gefühlen herrschte, zu groß.
»Wirst du bei mir schlafen?« fragte
sie nur schüchtern.
Patrick küßte sie flüchtig. »Ich
komme später. Möchtest du etwas essen?«
Charlotte war noch immer übel, und
die
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