Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
sie sich sehnlichst, eine Braut zu sein.
»Unsinn«, erwiderte sie. »Sie sind
jung und schön und stammen aus einer sehr guten Familie. Wenn Sie etwas älter
sind, werden Sie sich auch verlieben — in einen atemberaubend gutaussehenden
Draufgänger wahrscheinlich, und dann werden Sie die grandioseste Hochzeit
feiern, die Costa del Cielo je gesehen hat.«
»>Draufgänger Was bedeutet
das Wort«
Gerührt über Pilars Naivität,
drückte Charlotte ihre Hand und bemühte sich, ihr die Bedeutung des Wortes zu
erklären.
Pilar erwärmte sich immer mehr für
Charlotte, je länger sie miteinander redeten. Als ein Dienstmädchen kam und in
schnellem Spanisch etwas sagte, sprang Pilar begeistert auf. »Kommen Sie —
Mamas Schneiderin ist da!« sagte sie zu Charlotte. »Sie hat Stoffmuster
mitgebracht und Zeichnungen von Kleidern, die sie für Sie anfertigen könnte.
Mama läßt uns bitten, die Seflorita im Wintergarten zu empfangen.«
Charlotte folgte Pilar ins Haus, und
schon bald darauf saßen sie über Büchern voller wunderschöner, handgemalter
Zeichnungen gebeugt und plauderten wie alte Freundinnen.
Obwohl Charlotte sich mit einem
halben Dutzend schlichter Tageskleider begnügt hätte, schien Patrick Anweisung
hinterlassen zu haben, daß sie für sämtliche Anlässe eingekleidet werden
sollte. Und so traf sie ihre Wahl unter Vormittags- und Tageskleidern, suchte
elegante Roben für Gesellschaften und Besuche in der Oper aus und bestellte
seidene Nachthemden mit bestickten Miedern. Sogar für Schuhe und Sandaletten
wurde Maß genommen, und die Schneiderin legte Charlotte exquisite
Spitzenbesätze und hauchdünne Musselinstoffe für Unterwäsche und Unterkleider
vor.
Da ihre Familie wohlhabend war,
hatte Charlotte ihr Leben lang schöne Kleider besessen, und nun wurde ihr zum
erstenmal bewußt, wie sehr sie diese Dinge in den letzten Wochen vermißt
hatte. Im Gegensatz zu ihrer jüngeren Schwester, die von Kindheit an ein
Wildfang gewesen war, interessierte Charlotte sich für Mode. In Paris hatte
sie Block um Block mit Skizzen französischer Modelle gefüllt, die sie später
in Seattle nacharbeiten lassen wollte.
Eine dumpfe Trauer erfaßte sie. Das
Leben konnte sehr unsicher und gefährlich sein; vielleicht würde sie ihre
Familie und ihre Freunde nie wiedersehen. Von diesem Gedanken überwältigt,
eilte sie auf ihren privaten kleinen Innenhof hinaus und starrte mit
sehnsüchtigen Blicken auf das Meer und auf den Horizont.
Sie hörte Patrick nicht kommen,
merkte erst, daß er da war, als sie seine Hände auf ihren Schultern spürte.
»Was hast du, Göttin?« erkundigte er
sich freundlich.
Charlotte wandte sich um und schaute
in das geliebte Gesicht — das Gesicht, das sie so oft am liebsten geohrfeigt
hätte. »Ich bin nur ein bißchen traurig, das ist alles«, antwortete sie leise.
Patrick legte seine Hand unter ihr
Kinn und strich mit dem Daumen über ihre Lippen. »Dann sollten wir dich ein
bißchen aufheitern«, sagte er, und die Zärtlichkeit in seiner Stimme wärmte
Charlottes Herz und vibrierte in ihm wie Harfentöne.
Ihr Herz schlug schneller, ihre
Wangen röteten sich, was sie beides als äußerst beschämend empfand. Doch
während ihr Verstand gegen ihre Empfindungen rebellierte, sehnte sich ihr nur
allzu menschlicher Körper nach der noch viel süßeren Musik, die ausschließlich
Patrick in ihr hervorzubringen vermochte.
Er lachte, als er ihren Gesichtsausdruck
sah, und küßte sie auf die Nasenspitze. »Was du brauchst, Mars. Trevarren, ist
Ablenkung«, meinte er. »Eine große Gesellschaft vielleicht mit elegant
gekleideten Menschen. Tanz und gutem Essen.«
Charlotte schluckte. Sie liebte
Gesellschaften, aber im Augenblick hatte sie eine ganz andere Art des Feierns
im Sinn. Unsicher schaute sie zu Patrick auf, im Zweifel, ob sie ihm ihre
Gefühle offenbaren oder sie für sich behalten sollte.
Wieder berührte Patrick zärtlich
ihre Lippen. »Nun, was meinst du?« beharrte er lächelnd.
Da Lügen ihr von Natur aus fremd
war, entschied Charlotte sich zur Aufrichtigkeit. »Du bist gestern nacht nicht
zu mir gekommen«, erwiderte sie anklagend.
»Hast du mich vermißt?« versetzte er
schmunzelnd.
Charlotte hätte es liebend gern
abgestritten, aber das wäre eine glatte Lüge gewesen, und so umging sie die
Antwort, indem sie eine Frage stellte. »Hast du eine Geliebte in Costa del
Cielo?«
Patrick zog eine dunkle Augenbraue
hoch. »Nur eine Gattin«, erwiderte er ernst, obwohl Charlotte
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