Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
und Sprechen schien Khalif
fast übermenschliche Anstrengung zu kosten. »Meine Mutter hat die Zwillinge versteckt«,
erwiderte er, und es war offensichtlich, daß er weinte. »Deshalb mußte sie
sterben — weil sie Ahmed nicht sagen wollte, wo die Kinder waren. Aber es ist
möglich, daß meine Frauen von dem Versteck wußten und schwächer waren als die
Sultanin.«
Patrick wäre beinahe selbst in
Tränen ausgebrochen angesichts der Qualen seines Freundes, aber er wußte, daß
er Khalif zuliebe stark sein mußte. »Wo finden wir den Schurken?« fragte er
hart.
Khalif kam nicht dazu, zu antworten,
weil er ohnmächtig zusammenbrach. Rashad eilte herbei, um Patrick zu helfen,
und gemeinsam schleppten sie den Sultan weiter.
»Ahmed hält sich in den
Privatgemächern des Sultans auf«, erklärte Rashad grimmig. »Und jede Nacht läßt
er eine seiner Frauen zu sich bringen.«
Tatsächlich ruhte Ahmed, eine
halbnackte Frau an seiner Seite, auf Khalifs riesigem Diwan. Als Patrick und
Rashad seinen Bruder hereintrugen, richtete er sich auf, das Gesicht von
maßloser Verblüffung gezeichnet, dann von wachsendem Entsetzen.
Während der Eunuch seinen
bewußtlosen Herrn auf einen Diwan bettete, zog Patrick sein Messer, dem noch
das Blut vom vorherigen Kampf anhaftete, und näherte sich langsam Ahmeds Lager.
»Hinaus!« sagte er zu der Frau, die
entsetzt aufsprang, ihren nackten Oberkörper verhüllte und die Flucht ergriff.
Ahmed schien seinen Mut inzwischen
zurückgewonnen zu haben, denn er bedachte Patrick mit einem herausfordernden
Blick und sagte scharf: »Was wollen Sie von mir? Sie haben kein Recht, sich
hier einzumischen!«
Patrick preßte die scharfe
Messerklinge an Ahmeds Hals. »Aber ich tue es«, entgegnete er höhnisch. »Und
wenn Ihr Bruder mich nicht gebeten hätte, Sie ihm zu überlassen, würde ich Sie
jetzt in mundgerechte Stücke schneiden!«
Ahmed drehte sich nach seinem
bewußtlosen Halbbruder um und erblaßte. »Es wäre gnädiger, wenn Sie mir die
Kehle durchschneiden würden!« flüsterte er.
Patrick lächelte. »Das ist mir
bewußt«, antwortete er.
Eine Stunde später waren Ahmed und
seine Anhänger, die den Kampf überlebt hatten, sicher in dem Verlies
eingeschlossen, in dem sich kurz zuvor noch Khalif befunden hatte.
Charlotte schlief eine Weile, und als sie
erwachte, fühlte sie ihre Kraft zurückkehren, aber auch ihren Zorn. Die Fesseln
an Füßen und Handgelenken schnitten in ihr Fleisch, und ein sehr menschliches
Bedürfnis quälte sie.
Als die Schranktür sich nach schier
endlosem Warten öffnete, kam ihr für einen schrecklichen Augenblick der
Gedanke, Patrick, seine Männer und Rashad könnten tot sein. Denn das Gesicht,
zu dem sie aufschaute, war Alevs.
»Na endlich!« sagte die junge Frau
und entfernte rasch den Knebel, der Charlottes Mund verschloß. »Rashad sagte,
du wärst in einem Schrank, aber nicht, in welchem, und allein in diesem Teil
des Palasts gibt es davon mindestens zwanzig oder mehr ...«
»Hast du Captain Trevarren gesehen?«
unterbrach Charlotte sie erregt.
Alev lächelte traurig. »Er ist bei
Khalif. Der Engländer, Mr. Cochran, verbindet seine Wunden.« Sie löste auch
Charlottes Fesseln und half ihr, aufzustehen.
»Was ist mit Ahmed? Haben sie ihn
gefunden?«
Alev nickte. »Er und seine Männer
sind Gefangene des Sultans.«
»Und die kleinen Prinzen?«
Wieder lächelte Alev. »Sie leben
noch, und das haben sie nur Khalifs Mutter zu verdanken. Die Sultanin ist tot«,
fügte sie traurig hinzu. »Ahmed hat sie erwürgt, vor unser aller Augen, weil
sie ihm das Versteck der Prinzen nicht verraten wollte.«
Charlotte schämte sich nun ihrer
verächtlichen Gefühle der Sultanin gegenüber und bewunderte den Mut der alten
Dame. Es war eine schreckliche Vorstellung, hilflos zusehen zu müssen, wie ein
anderer Mensch ermordet wurde.
»Was du alles durchgemacht hast,
Alev!« sagte sie mitleidvoll. »Wie erträgst du das nur?«
»Indem ich dem Schicksal danke, daß
Khalif und meine Söhne noch am Leben sind ... Indem ich versuche, mich über das
Gute zu freuen und das Böse zu vergessen.«
Große Aufregung herrschte im Harem
nach den Ereignissen des Morgens, und die Frauen schienen überglücklich, daß
Khalif gerettet war. Doch Charlotte nahm nicht an der allgemeinen Fröhlichkeit
teil, sondern legte die geborgte Robe ab und stieg in eins der beheizten
Becken, um im warmen Wasser ihre Muskeln zu entspannen.
Später setzte sie sich zu einem
ausgedehnten
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