Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
zu seiner Mutter!«
Charlotte verschränkte die Arme und
bereitete sich auf einen harten Kampf vor. »Und ein Junge sollte bei seinem
Vater sein?« entgegnete sie angriffslustig.
Ein harter Zug erschien um Patricks
Kinn. »So ist es.«
»Ich würde niemals ein Kind von mir
abgeben, ob es nun ein Junge oder ein Mädchen wäre«, erklärte Charlotte ruhig.
»Und falls du befürchtest, daß deinem Sohn der männliche Einfluß fehlen wird,
kannst du ganz beruhigt sein. Mein Vater und mein Onkel Devon sind sehr
erfahren im Aufziehen kleiner Jungen.«
»Meinen Sohn werde ich erziehen,
und niemand sonst.«
»Falls dir diese irrige Vorstellung
als Trost dienen sollte, dann klammere dich ruhig daran«, entgegnete Charlotte
kühl und wandte sich ab, um hinauszugehen.
»Charlotte«, knurrte Patrick
warnend, doch sie beachtete ihn nicht, bis sie an der Tür war. Erst dort drehte
sie sich zu ihm um, und es versetzte ihr einen schmerzhaften Stich, als sie
sah, wie niedergeschlagen und gebrochen er wirkte.
»Was ist?« fragte sie, freundlicher
als beabsichtigt.
»Geh nicht einfach weg, wenn ich mit
dir rede!«
Charlotte lachte höhnisch. »Ich bin
nicht deine Dienerin, Patrick, und auch kein Haustier. Wenn das, was du sagst,
unannehmbar oder beleidigend für mich ist, höre ich es mir nicht an.«
Ihre Worte trugen ihr einen bösen
Blick von Patrick ein, dann hob er die Faust und brüllte ein derbes
Schimpfwort.
»Nimm dich zusammen, Patrick!« sagte
Charlotte tapfer, obwohl sie vor Angst und Sorge zitterte. »Du hast kein Recht,
deine düsteren Stimmungen an mir auszulassen.«
Nach einem letzten Blick auf sein
wütendes Gesicht ging sie hinaus und zog leise die Tür hinter sich zu.
Als Patrick allein war, begann er
hemmungslos zu fluchen. So war das also — er bemühte sich, das Beste für
Charlotte und ihr ungeborenes Kind zu tun, und sie behandelte ihn wie einen
gewissenlosen Schurken! Begriff sie denn nicht, nach allem, was bereits
geschehen war, wie verdammt gefährlich es war, jemanden wie Patrick
Trevarren zu lieben?
Vom Augenblick an, als Charlotte ihn
wie ein Sack Kartoffeln vor die Füße gelegt worden war, hatten die Gefahren
für sie stetig zugenommen. Nach ihrem mißglückten Fluchtversuch in die Wüste,
bei dem sie fast verdurstet wäre, hatte sie einen Piratenangriff auf die Enchantress miterlebt, der für sie alle mit Gefangenschaft oder sogar mit dem Tod hätte
enden können. Danach das kleine Abenteuer im Palast, als Ahmed ihr
Gewalt antun und sie töten wollte. Und als wären all jene dramatischen
Ereignisse noch nicht genug gewesen, hatte Charlotte sich dann als Passagier
auf ein Schiff begeben, das eine tödliche Krankheit in seinen Planken barg.
Und obwohl sie selbst wie durch ein
Wunder von der Seuche verschont geblieben war, bestand Gefahr, daß das winzige
Lebewesen, das in ihr heranwuchs, bleibenden Schaden genommen hatte ...
Manchmal kam der Tod noch vor der
Geburt statt lange Zeit danach, und die Vorstellung, daß seinem Sohn oder
seiner Tochter ein solches Schicksal bevorstehen sollte, war Patrick
unerträglich.
Er stand auf und ging auf die
Terrasse, wo er sich an die Balustrade lehnte und zu der Stelle hinschaute, an
der die Enchantress mit der ganzen Glorie eines alten Kriegsschiffs
versunken war. Eine grenzenlose Trauer überwältigte ihn.
Solcherart ist das Schicksal, dachte
er niedergeschlagen, das Dingen und Menschen bevorsteht, denen ich meine
Zuneigung schenke.
Von Schwäche übermannt, kehrte er in
sein Zimmer zurück und streckte sich seufzend auf dem Bett aus. Als sein Blick
auf die Malutensilien auf Charlottes Nachttisch fiel, nahm er den Block in die
Hand und begann die Seiten umzublättern.
Ein wehmütiges Lächeln spielte um
seinen Mund, als er Charlottes Zeichnungen betrachtete. Viele stellten
Mitglieder ihrer Familie dar — Brigham Quade und seine schöne Frau Lydia,
Millie, Charlottes bezaubernde Schwester, Onkel, Brüder und Cousins. Sie alle
sahen wie anständige, charakterstarke Menschen aus, Charlotte und das Kind
würden gut bei ihnen aufgehoben sein.
Patrick legte den Block zurück,
verschränkte die Hände im Nacken und versuchte sich vorzustellen, wie er in
sechzehn Jahren mit einem neuen Schiff in Quade's Harbor einlaufen würde.
Charlotte würde noch immer sehr schön sein, dessen war er sicher, während ihr
Charakter jedoch durch Erfahrung und Reife sanfter geworden sein würde ... Sein
Herz zog sich beim Gedanken an ein Wiedersehen nach so langer
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