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Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Quadriga: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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Doppeltür
hinaus auf eine Terrasse führte. Die Großmutter, eine zarte, elegante Frau, hatte
ihm all das mühsam mit Tränen kämpfend und gespickt mit Selbstvorwürfen erzählt.
Ihr Mann ging inzwischen nervös in dem riesigen Raum auf und ab und rauchte eine
Zigarette nach der anderen. Er schwankte zwischen Vorwürfen an seine Frau und tröstenden
Bemerkungen, dass das alles sowieso Schicksal sei und dass man nichts machen könne.
Philipp Mühleis saß gemeinsam mit seiner Frau auf einer breiten Ledercouch. Er machte
hin und wieder sachliche Einwürfe und kümmerte sich sonst um seine Frau, die er
in den Armen hielt. Sie weinte hemmungslos. Lupino hatte es sich in einem Fauteuil
bequem gemacht und schrieb in einem kleinen Notizbuch die Fakten mit. Dann erkundigte
er sich nach allen Details des Weges, den der Bub wahrscheinlich eingeschlagen hatte.
Als er schließlich nach den Vorlieben des kleines Johannes fragte, herrschte lähmende
Stille. Dann polterte der noch immer hin und her tigernde Großvater los:
    »Na, was
wird er schon für Vorlieben gehabt haben? Sie haben es eh schon gehört, Computer
gespielt hat er für sein Leben gern.«
    »Das italienische
Eis hat er auch geliebt«, schluchzte die Großmutter. Und Philipp Mühleis fügte hinzu:
    »Johannes
war eher ein ruhiges, introvertiertes Kind. Stundenlang ist er vorm Computer gesessen.«
    Der Großvater
ergänzte:
    »Wenn wir
ihn zu den Dreharbeiten mitgenommen haben, hat er sich ganz besonders für die Kameratechnik
und für alles, was der Ferry, unser Erster Kameramann gemacht hat, interessiert.
Er wollte später selbst einmal Kameramann werden.«
    Das war
für die Mutter zu viel. Sie sprang auf und schrie ihren Schwiegervater an:
    »Ihr mit
eurer Scheißfilmerei! Wenn ihr hier in Venedig nicht drehen würdet, wäre Johannes
noch am Leben.«
    »Was heißt
Scheißfilmerei? Damit verdienen dein Mann und ich unseren Lebensunterhalt! Das hat
überhaupt nix mit dem Tod vom Johannes zu tun!«, brüllte der Großvater mit rotem
Kopf zurück. Das Gesicht der Frau verzerrte sich zu einer Fratze:
    »Ihr und
Euer verdammtes Venedig! Ihr seid schuld! Ich wollte, dass Johannes in Wien bleibt!«
    »Vera, ich
bitte dich …«, versuchte Philipp Mühleis zu kalmieren, doch sie ließ sich nicht
beruhigen.
    »Du sei
ganz still. Du hast zugestimmt, dass der Bub in dieses Land mitkommt. Ihr seid alle
größenwahnsinnig und verrückt. Ihr musstet ja unbedingt diese internationale Produktion
in Italien drehen. Für dieses Projekt geht ihr über Leichen. Sogar über die von
Johannes!«
    Sie sprang
auf, stürmte hinaus und schlug eine Tür zu. Der Großvater zündete sich eine weitere
Zigarette an und schrie ihr nach:
    »In Wien
hätte ihn auch ein Auto überfahren können.«
    Philipp
Mühleis kalmierte neuerlich.
    »Papa, bitte!
Das bringt doch nix.«
    Und zu Lupino
gewandt fuhr er fort:
    »Ich glaub,
das war’s fürs Erste. Ich begleite Sie zur Tür.«
    Dort steckte
er dem Privatdetektiv ein Kuvert zu und sagte:
    »1.000 Euro
Anzahlung. Wie vereinbart bekommen Sie 300 Euro pro Tag plus Spesen.«
    Lupino nickte,
steckte das Kuvert ein und verabschiedete sich. Im Gehen hörte er den Großvater
seine Frau anbrüllen:
    »Jetzt fang
du nicht auch noch damit an! In eurem Scheiß-Wien hätte dem Buben genauso was passieren
können!«

Zehn
     
    Er hatte einen harten Tag hinter
sich. Dreimal war er den Weg, den der kleine Johannes vor seinem Verschwinden nach
den Angaben seiner Großmutter eingeschlagen haben musste, abgegangen. Johannes’
Großmutter hatte zu Protokoll gegeben, dass sie sich von Johannes am Campo Santo
Stefano getrennt hatte. Sie hätte ihm so lange nachgeschaut, bis er hinter der Chiesa
San Vidàl verschwunden war. Von dort waren es nur mehr wenige Schritte bis zur Accademia-Brücke.
Lupino ging also von der Brücke aus den touristischen Haupttrampelpfad, der über
die Calle della Toletta, den Campo San Bárnaba, über den Rio di Ca’ Foscari zum
Campo dei Frari und weiter zum Campo San Polo führt. Dort hätte der Bub dann rechts
abbiegen müssen, um heim in den Palazzo der Principessa zu gelangen. Dreimal hatte
Lupino sich durch das Gewusel von Touristen gekämpft. Das letzte Mal in der größten
Mittagshitze, in der sonst wirklich nur die Fremden unterwegs waren. Er hatte sich
alle Besonderheiten dieses Weges notiert, die die Aufmerksamkeit des Buben erregen
hätten können: die Technik-, Foto- und Computergeschäfte, die unzähligen Pizzerien
und Trattorien,

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