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Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Quadriga: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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Freundin hing, dringend restauriert werden. Aber dieser Signor
Smith war ja nie zu erreichen. Direkt mysteriös sei dieser Signor Smith! Zum Abschied,
nachdem sie ihm ihr Herz ausgeschüttet hatte, kramte sie aus ihrer Handtasche eine
etwas verknitterte in altmodischer Schreibschrift gesetzte Visitenkarte hervor.
Die hatte sie Lupino mit der Bitte in die Hand gedrückt, sie doch zu verständigen,
wenn er Signor Smith antreffen sollte. Danach war er weitergegangen und fast mit
einem Fremden, der eine dunkelblaue Barbour Jacke trug, zusammengestoßen. Der Mann
hatte einen unangenehm stechenden Blick gehabt. Mysteriös sei dieser Signor Smith,
hatte die alte Dame gesagt. Das ließ Lupino keine Ruhe. Er beendete ohne großen
Enthusiasmus die Tour und bekam dementsprechend auch kein Trinkgeld, was ihm aber
egal war. Weil er sich aufwärmen wollte, ging er in eine Osteria gleich hinter den
Kolonnaden des Markusplatzes. Eine lächelnde Chinesin fragte ihn in fürchterlichem
Italienisch, was er zu trinken wünschte. Er schreckte aus seinen Gedanken auf und
ärgerte sich. Denn er stand in einem der Lokale, die von Chinesen mit Koffern voll
illegalem Geld gekauft worden waren. Er hasste es, dass seine Landsleute so korrupt
waren und auf diese Deals einstiegen. Vor seinem geistigen Auge sah er Venedig fest
in chinesischer Hand. Schlitzäugige Gondoliere, die am Canal Grande Peking Opern
trällerten, und Caffès, in denen grüner Tee statt Espresso serviert wurde. Er machte
auf der Stelle kehrt und verließ das schauerliche Lokal. Wütend stapfte er durch
den Regen über den Campo Santo Stefano in Richtung Accademia. Er überquerte die
rutschige Holzbrücke und ging links in die Bar, die sich unmittelbar neben der Brücke
befand. Einer der Kellner, Luigi, begrüße ihn mit einem freundlichen »Ciao, Lupino!«.
Er bestellte einen Espresso und konzentrierte er sich auf diesen Signor Smith. Was
war das für ein merkwürdiger Name? Eine Mischung aus Englisch und Italienisch? Sehr
mysteriös. Und dann fiel ihm ein, dass in Ranieris Täterprofil davon ausgegangen
wurde, dass es sich bei dem ›Venedig-Ripper‹ wahrscheinlich um einen Fremden handelte.
Plötzlich begann Lupino zu schwitzen. War es möglich, dass er dem Ripper endlich
auf die Schliche gekommen war? Er zahlte eilig und verließ die Bar. Er rannte im
Laufschritt durch den Regen zu dem Rahmenmachergeschäft. Es war zehn Minuten nach
16 Uhr, der Rahmenmacher müsste offen haben. Er drückte die antiquierte Türklinke,
dann rüttelte er an der Tür. Ausdauernd und lange. Er klopfte und rief. Doch das
Geschäft blieb geschlossen. Lupino überlegte, was er tun sollte. Er kramte in den
weiten Taschen seiner Jacke und fand schließlich, was er suchte: die Visitenkarte
der alten Dame. Da sie nur eine Gasse weiter wohnte, beschloss er, sie nicht anzurufen,
sondern sie zu besuchen. Sie wohnte in einem schönen alten Haus, das eine moderne
Klingelanlage hatte. Nachdem er mehrmals bei ihr angeläutet hatte, ohne dass sich
etwas rührte, klingelte er bei den Nachbarn. Eine verrauchte Stimme krächzte »Pronto?«
durch die Haussprechanlage. Lupino erklärte der Stimme, dass er Signora Umberti
besuchen wolle und dass diese nicht öffne. Summend wurde die Haustür geöffnet. Er
stieg in den ersten Stock hinauf, wo eine Zigaretten rauchende Signora ihn erwartete.
Lupino schilderte ihr kurz den Anlass seines Besuchs, und dann ging die Signora
mit ihm in den zweiten Stock hinauf. Dort läutete und klopfte sie an Signora Umbertis
Tür, doch niemand antwortete. Nun wurde Lupino wirklich nervös. Da stimmte etwas
nicht. Das Jagdfieber, das er früher in seiner Tätigkeit als Polizist manchmal verspürt
hatte, hatte ihn nun wieder gepackt. Er begann zu schwitzen. Mit feuchten Fingern
zückte er sein Handy und wählte die Nummer der Questura. Nach mehrmaligem Insistieren
und längerem Warten hatte er endlich Ranieri am Apparat. Dieser war aber extrem
kurz angebunden. Lupino hörte im Hintergrund eine Frauenstimme hysterisch kreischen.
Als er Ranieri sagte, dass er möglicherweise den ›Venedig-Ripper‹ ausfindig gemacht
habe, zischte Ranieri ins Telefon »Komm in die Questura. Mensch, beeil dich!« und
legte grußlos auf.

Sechsundvierzig
     
    Er hetzte durch den Regen. Quer
durch San Marco und durch Teile von Castello hin zum Rio di San Lorenzo, wo sich
die Questura befand. Als er keuchend und schwitzend eintraf, erwartete ihn ein schrilles
Schauspiel. Vor dem Gebäude der Questura drängte

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