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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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zerstreut, was sehr desorientierend war. »Jedes Stadium? Was wäre als nächstes gekommen? Was habe ich verpaßt?«
    »Das wollen Sie gar nicht wissen.«
    »Damit könnten Sie recht haben.« Ich war immer noch nicht überzeugt, daß diese Dinge wirklich geschahen. »Warum? Warum hat Akili solche Mühen auf sich genommen, nur um mich zu retten?«
    »Wir mußten genau untersuchen, was Sie in sich tragen. Violet Mosala könnte nach wie vor in Gefahr sein, auch wenn sie noch keine Symptome gezeigt hat. Wir mußten dafür sorgen, daß wir hier auf der Insel ein Gegenmittel zur Verfügung haben.«
    Das ergab Sinn. Wenigstens hatte sie nicht gesagt: Es ist uns egal, wer die Schlüsselfigur ist. Wir sind darauf vorbereitet, nahezu jeden unter Einsatz unseres Lebens zu beschützen.
    »Und was habe ich in mir getragen? Und warum ist die Bombe vorzeitig detoniert?«
    Die junge Anthrokosmologistin runzelte ernst die Stirn. »Wir haben noch nicht alle Einzelheiten herausgefunden. Wir wissen nur, daß die Zeitplanung versagte. Wie es aussieht, erzeugten die Erreger widersprüchliche interne Signale, aufgrund einer Disparität zwischen dem intrazellulären Zeittakt und den biochemischen Gegebenheiten des Wirts. Die Melatonin-Rezeptoren wurden übersättigt und…« Sie verstummte irritiert. »Was ist los? Warum lachen Sie?«
     
    Als ich am Dienstagmorgen das Krankenhaus verließ, war ich wieder bei Kräften – und ich war wütend. Die Konferenz war zur Hälfte vorbei, aber die UTs waren gar nicht mehr das große Thema. Und falls Sarah Knight aus unerfindlichen Gründen den Krieg um Mosala aufgegeben hatte, um an Yasuko Nishides Krankenbett zu sitzen, ohne jede Verbindung zur Außenwelt… dann blieb mir nichts anderes übrig, als die ganze komplizierte Wahrheit selbst aufzurollen.
    Im Hotelzimmer stöpselte ich meine Nabelschnur ein und überspielte Kuwales achtzehn Verbrecherfotos an Witness, damit das Programm ständig nach ihren Gesichtern Ausschau hielt.
    Dann rief ich Lydia an. »Ich brauche zusätzlich fünftausend Dollar für Recherchen – Zugang zu Datenbanken und Hacker-Gebühren. Hier ist mehr im Busch, als ich auch nur ansatzweise zusammenfassen könnte. Und wenn du in einer Woche der Meinung bist, daß sich nicht jeder Cent der Investition bezahlt gemacht hat, werde ich alles zurückerstatten.«
    Wir diskutierten fünfzehn Minuten lang. Ich improvisierte und legte falsche Fährten zur PAKVF aus, die einen bevorstehenden politischen Sturm andeuten sollten, aber ich sagte kein Wort über Mosalas geplante Emigration. Schließlich gab Lydia nach, was mich verblüffte.
    Ich benutzte die Software, die ich von Kuwale erhalten hatte, und schickte hie eine mehrfach codierte Nachricht: »Nein, ich habe keinen von Ihren Verbrechern gesehen. Aber wenn Sie weiterhin Unterstützung von mir erwarten – abgesehen von meiner Funktion als lebende Petrischale – müssen Sie sämtliche Details an mich weiterleiten. Ich will wissen, wer diese Leute sind, für wen sie arbeiten und was Ihre Analyse der Waffe ergeben hat… alles. Entweder – oder. Seien Sie in einer Stunde am gleichen Treffpunkt wie beim letzten Mal.«
    Ich lehnte mich zurück und machte eine Inventur dessen, was ich bereits wußte – oder was ich zu wissen glaubte. Biotechnische Waffen gleich biotechnische Interessen? Ob es der Wahrheit entsprach oder nicht – Tatsache war, daß der Boykott mich beinahe das Leben gekostet hatte. Ich hatte bisher immer beide Seiten der genetischen Patentgesetze betrachtet, und ich hatte den Firmen und den Anarchisten das gleiche Mißtrauen entgegengebracht, doch nun war die Symmetrie gebrochen. Ich konnte auf eine lange Vorgeschichte der Apathie und der Ambivalenz zurückblicken – und es beschämte mich, wenn ich zugeben mußte, daß ein solcher Aufwand nötig gewesen war, um mich zu politisieren – aber jetzt war ich bereit, die Idee der technolibération zu akzeptieren. Ich war bereit, alles in meiner Kraft Stehende zu unternehmen, um Mosalas Feinde zu entlarven und für ihre Sache aktiv zu werden.
    Doch die Beach Boys logen niemals. Ich konnte einfach nicht glauben, daß eine Waffe von EnGeneUity und ihren Verbündeten nur wegen meines gestörten Melatonin-Zyklus versagt hatte – wegen einer Banalität. Das klang eher nach der Arbeit von brillanten, erfindungsreichen Amateuren, die mit eingeschränktem Wissen und unzureichenden Werkzeugen arbeiten mußten.
    Die PAKVF? – Die Ignoranzkulte? – Wohl kaum.
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