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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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aus heiner Angst zu machen. »Weil alles, was wir für die Wahrheit hielten, die Wahrheit ist – aber wir haben uns in einigen Details geirrt. Jeder irrt sich in den Details. Das Zentrum, die Gemäßigten, die Extremisten – alle gingen von unterschiedlichen Annahmen aus – und alle liegen sie falsch.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Du wirst es verstehen. Wir alle werden es verstehen.«
    Ich erinnerte mich plötzlich an die apokryphe Geschichte der AKs auf dem Schiff über Muteba Kazadis Tod. »Du glaubst, Qual wird durch die… Vermischung von Information ausgelöst?«
    »Ja.«
    »Die Schlüsselfigur zieht jeden anderen mit hinein? Exponentielles Wachstum? Das sich wie eine Seuche ausbreitet?«
    »Ja.«
    »Aber wie? Wer war die Schlüsselfigur? Wer hat es begonnen? Muteba Kazadi – vor all den Jahren?«
    Kuwale lachte irr. »Nein!« Der Mann im Bett gegenüber war jetzt wach und hörte jedes Wort mit, das wir sprachen, aber es war mir inzwischen gleichgültig.
    »Miller ist nicht dazu gekommen, dir vom seltsamsten Aspekt jenes kosmologischen Modells zu erzählen.«
    Miller war der U-Mann, den ich für mich als ›Drei‹ bezeichnet hatte.
    »Und der wäre?«
    »Wenn man die Berechnungen bis zu Ende durchführt… kann man feststellen, daß sich der Effekt rückwärts in der Zeit auswirkt. Nicht sehr weit, denn ein vorwärtsgerichtetes exponentielles Wachstum bedeutet, daß es in entgegengesetzter Richtung zu einer exponentiellen Schrumpfung kommt. Aber die absolute Gewißheit der Schlüsselfigur zum Aleph-Moment impliziert eine geringe Wahrscheinlichkeit, daß andere Menschen zufällig ›hineingezogen‹ werden, noch bevor das Ereignis stattgefunden hat. Es ist eine Folge der Kontinuität, denn in keinem System gibt es so etwas wie einen direkten Sprung von Null auf Eins.«
    Ich schüttelte verständnislos den Kopf. Ich konnte eine solche Vorstellung einfach nicht akzeptieren.
    Akili nahm meine Hand und drückte sie fest, ohne darüber nachzudenken, um mir seine Angst mitzuteilen – und ein schwindelerregendes Rauschgefühl, das von Haut zu Haut übertragen wurde und direkt in meinen Körper eindrang.
    »Die Schlüsselfigur ist noch nicht zur Schlüsselfigur geworden. Der Aleph-Moment ist noch nicht eingetreten – aber wir spüren bereits die Erschütterungen.«

 

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25

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    Kuwale borgte sich mein Notepad aus und skizzierte hastig die Einzelheiten der Informationsströme, die heiner Überzeugung nach für Qual verantwortlich waren. Hie versuchte sogar, den Prozeß durch ein grobes Computermodell mit den epidemologischen Daten zu korrelieren – obwohl heine Kurve schließlich nicht so steil wie die tatsächliche Entwicklung der Fälle verlief (Qual hatte sich schneller als mit einfachem exponentiellen Wachstum ausgebreitet – ›vermutlich eine Verzerrung durch ungemeldete Fälle in der Frühphase‹), und das voraussichtliche Datum des Aleph-Moments lag irgendwo zwischen dem 7. Februar 2055… und dem 12. Juni 3070. Unverzagt arbeitete hie weiter, um das Model zu verfeinern. Graphiken, Network-Diagramme und Gleichungen huschten unter heinen Fingern über den Bildschirm. Es sah genauso beeindruckend wie die Dinge aus, die Violet Mosala tat – und ich verstand etwa genausoviel davon.
    Zunächst ließ ich mich unwillkürlich von heiner zwingenden Logik mitreißen – doch nachdem der anfängliche Schock der Erkenntnis verblaßte, fragte ich mich erneut, ob wir nicht zuviel in die bizarren Monologe vierer Patienten hineininterpretierten. Schließlich hatte die Anthrokosmologie bislang noch keine einzige überprüfbare Voraussage gemacht. Ich bezweifelte nicht, daß sie in der Lage war, für jede UT eine elegante mathematische Untermauerung zu liefern, aber wenn der erste greifbare Beweis für diese Theorie aus dem Gefasel von vier Menschen bestand, die unter einer neuen exotischen Geisteskrankheit litten, dann war das ein sehr wackliges Fundament, um alles aufzugeben, was ich bisher über das Universum geglaubt hatte.
    Und was die Prognose einer Welt betraf, die ausnahmslos von Qual heimgesucht wurde – falls Kuwale recht hatte –, so war dies ein Katastrophenszenario, das der Auflösung der Gemäßigten in nichts nachstand.
    Ich behielt meine Zweifel für mich, doch als ich den Krankensaal verließ – während Kuwale in eine Konferenz mit seinen AK-Kollegen vertieft war – stand ich wieder mit beiden Beinen auf dem Boden. All das Gerede über Echos des künftigen Aleph-Moments besaß

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