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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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weniger Plausibilität als die absonderlichsten konventionellen Alternativen.
    Vielleicht hatte es einen Unfall mit einem neuroaktiven militärischen Pathogen gegeben, das eine spezifische Hirnregion befiel und bei den meisten Opfern die üblichen Symptome von Qual auslöste – und in vier von dreitausend Fällen zu diesem manisch-sinnvollen Mitteilungsdrang führte. Logisches Denken war genau wie jeder andere mentale Vorgang das Ergebnis organischer Prozesse des Gehirns, und wenn ein paranoider Schizophrener aufgrund genetischer oder krankheitsbedingter Beeinträchtigungen in jeder Werbebotschaft, jeder Wolke, jedem Baum eine persönliche Bedeutung entdecken konnte, dann mochte eine Kombination aus entsprechenden wissenschaftlichen Kenntnissen mit der konzentrierten Schädigung durch diese Virus-Waffe eine ähnlich unkontrollierbare – doch wesentlich rigorosere – Lawine an Bedeutung auslösen. Falls das ursprüngliche Ziel dieser Waffe darin bestanden hatte, das analytische Denken zu beeinträchtigen, war es durchaus vorstellbar, daß eine zufällig entstandene Variante genau die Nervenverbindungen überstimulierte, die sie eigentlich zerstören sollte.
    Ich suchte noch einmal das Elektronikgeschäft auf und kaufte mir ein weiteres Notepad. Auf der Straße rief ich De Groot an. Sie wirkte erschüttert, aber sie wollte nicht über das Net mit mir reden.
    Wir trafen uns im Hotel in Mosalas Suite. De Groot ließ mich schweigend ein. »Ist Violet…?« Staubteilchen schwebten im Licht, das durch das Dachfenster hereindrang. Als ich sprach, klang der Raum hohl.
    »Sie wurde aufgenommen. Ich wollte im Krankenhaus bleiben, aber man hat mich fortgeschickt.« De Groot stand mir gegenüber, hatte die Hände vor dem Bauch verschränkt und den Blick gesenkt. »Wissen Sie«, sagte sie, »wir haben Mails von fast jedem Spinner des Planeten bekommen. Jeder Kult, jeder Verrückte will Violet an ihren verblüffenden kosmischen Offenbarungen teilhaben lassen… oder ihr mitteilen, daß sie ihre kostbaren Mythologien entweiht hat und dafür in der Hölle schmoren wird… oder die Buddha-Aura stört… oder die großen Zivilisationen der Welt in eine nihilistische Trümmerlandschaft verwandelt, wenn sie weiterhin ihrer männlichen, westlichen und reduktionistischen Hybris anhängt. Die Anthrokosmologisten sind nur… eine von vielen lärmenden Stimmen.« Sie blickte mich an. »Hätten Sie erkannt, daß diese Leute die eigentliche Bedrohung darstellen? Nicht die Fundamentalisten oder die Rassisten oder die Psychotiker, die ausführlich beschrieben, was sie mit ihrer Leiche anstellen würden, sondern die Leute, die uns lange Abhandlungen über Informationstheorie zuschickten – mit einem P. S., daß sie sich freuen würden, wenn Mosala zur Schöpferin des Universums wird, auch wenn es einige Gruppen gibt, die versuchen könnten, sie daran zu hindern?«
    »Niemand hätte ihre Bedeutung erkennen können«, sagte ich.
    De Groot rieb sich die Schläfen. Dann legte sie die Hände über die Augen und stand eine Weile schweigend da.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«
    Sie schüttelte den Kopf und lachte humorlos. »Nur ein wenig Kopfschmerzen, mehr nicht.« Sie atmete tief durch und sammelte sichtlich ihre Kräfte. »Man hat Spuren fremder Proteine in Violets Blutkreislauf, im Knochenmark und den Lymphknoten gefunden. Allerdings konnten bislang keine Molekülstrukturen identifiziert werden, und sie zeigt bislang noch keine Symptome. Also hat man ihr eine Mixtur aus starken Anti-Viren-Medikamenten verabreicht – und solange nichts weiter geschieht, kann man sie nur unter Beobachtung halten.«
    »Hat die Sicherheit…?«
    »Sie wird bewacht. Falls das jetzt noch irgend etwas nützt.«
    »Und Buzzo?«
    »Offenbar haben die Untersuchungen bei ihm nichts ergeben.« De Groot schnaufte verärgert und irritiert. »Er läßt sich von allem überhaupt nicht erschüttern. Er glaubt, daß Nishide an einer völlig natürlichen Ursache starb, daß Violet irgendeine harmlose Infektion hat und daß Ihre Cholera-Analyse eine Irreführung war, um die Aufmerksamkeit der Medien anzustacheln. Das einzige, worüber er sich Sorgen zu machen scheint, ist die Frage, wie er am Ende der Konferenz nach Hause zurückkehren soll, wenn der Flughafen immer noch geschlossen sein sollte.«
    »Aber er hat doch Leibwächter…?«
    »Ich weiß es nicht. Das müssen Sie ihn schon selbst fragen. Ach ja – Violet hat ihn gebeten, selbst eine Medienkonferenz zu veranstalten, um

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