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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Uniform erschien, der meine Bedenken beschwichtigte. Meine Versicherung hatte jede Art von Deckung abgelehnt, wenn ich Stateless betrat, und wenn meine Bank erfuhr, daß ich hier war, wäre sie darüber nicht sehr glücklich, denn ihr gehörte immer noch der größte Teil der Chips in meinen Eingeweiden. Juristisch bewegte ich mich hier völlig auf eigene Verantwortung.
    Als niemand aufkreuzte, ging ich schließlich hindurch. Der Rahmen des Scanners war locker und erzitterte leicht, als er in Berührung mit dem schwachen Magnetfeld meines Körpers kam. Der Rahmen wurde angezogen und schwang anschließend wie eine elastische Feder wieder zurück, doch keine Mikrowellen versengten meinen Unterleib, und kein Alarm ertönte.
    Von dort aus ging es in einen modernen Flughafen, der sich kaum von den vielen anderen unterschied, die ich in europäischen Städten gesehen hatte. Es herrschte die übliche Architektur der klaren Linien, und überall gab es bewegliche Sitzgelegenheiten, die von Menschengruppen in Ringen oder Halbkreisen angeordnet worden waren. Nur drei Fluggesellschaften waren mit Schaltern vertreten, die von viel kleineren Logos als gewöhnlich geziert wurden, als wollten sie nicht allzuviel Aufmerksamkeit auf sich lenken. Als ich meinen Flug gebucht hatte, hatte ich im Net keine offene Werbung für eine Verbindung gefunden. Statt dessen mußte ich gezielte Anfragen abschicken, um irgendwelche Informationen zu erhalten. Die Europäische Union, Indien und verschiedene afrikanische und lateinamerikanische Länder unterstützten lediglich den Minimalboykott von spezieller HighTech, wie ihn die UNO forderte. Diese Fluglinien operierten demnach hundertprozentig in Übereinstimmung mit den Gesetzen ihrer Herkunftsländer. Dennoch war es ein gewisses Risiko, die japanische, koreanische, chinesische und US-amerikanische Regierung zu verärgern – ganz zu schweigen von den BioTech-Multis. Den Verstoß dezent zu begehen, würde ihn letztlich nicht verbergen, doch es war zweifellos eine Geste der Reverenz, die die Notwendigkeit von Exempeln an den Kollaborateuren minderte.
    Ich holte meinen Koffer und blieb eine Weile am Gepäckband stehen, um mich zu sammeln. Ich sah zu, wie meine Mitreisenden sich entfernten. Einige wurden von Freunden begrüßt, andere machten sich allein auf den Weg. Die meisten sprachen Englisch oder Französisch. Auf Stateless gab es keine offizielle Amtssprache, obwohl fast zwei Drittel der Bevölkerung von anderen Pazifikinseln eingewandert waren. Die Entscheidung, sich auf Stateless niederzulassen, mochte letztlich immer politisch motiviert sein – und manche Treibhaus-Flüchtlinge zogen es offensichtlich vor, mehrere Jahre in chinesischen Straflagern zu verbringen, in der Hoffnung, irgendwann doch den Zugang zu jenem unternehmerischen Traumland zu erlangen. Doch auf jemanden, der miterlebt hatte, wie seine Heimat vom Ozean überspült wurde, übte eine sich selbst erhaltende (und gegenwärtig sogar anwachsende) Landmasse sicherlich einen besonderen Reiz aus, wie ich mir vorstellen konnte. Stateless war eine Umkehrung der sonstigen Entwicklung, denn hier sorgten Sonnenlicht und Biotechnik dafür, daß der Katastrophenfilm rückwärts abgespielt wurde. Es war auf jeden Fall besser, als gegen den Sturm anzuschreien. Fidschi und Samoa ließen bereits eigene neue Inseln wachsen, aber sie waren noch nicht bewohnbar – und beide Regierungen zahlten für dieses Privileg mehrere Milliarden Dollar in Form von Lizenzgebühren und Beraterhonoraren. Sie würden ihre Schulden weit bis ins zweiundzwanzigste Jahrhundert mitnehmen.
    Theoretisch war ein Patent nur siebzehn Jahre lang gültig, doch die BioTech-Konzerne hatten eine perfekte Strategie entwickelt, um immer wieder neue Gebühren fällig werden zu lassen, wenn das Ablaufdatum näherrückte: zuerst für die DNS-Sequenz eines Gens und alle seine Anwendungen… dann für die entsprechende Aminosäurensequenz… dann für die Form und Funktionalität (unabhängig von der exakten chemischen Zusammensetzung) des fertig synthetisierten Proteins. Ich konnte mich nicht dazu überwinden, den Diebstahl von Wissen mit einem Achselzucken als Verbrechen ohne Opfer abzutun – ich hatte mich immer von dem Argument betören lassen, daß niemand Geld mit Forschung und Entwicklung verschwenden würde, wenn sich biotechnische Lebensformen nicht patentieren ließen – doch es hatte etwas Widersinniges, daß die wirksamsten Werkzeuge gegen Hunger, gegen Umweltschäden

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