Qual
wandern lassen konnte, ohne seine Halsmuskeln zu sehr zu beanspruchen.
Ich nahm im hinteren Bereich des Raums Platz und rief Witness auf. Die elektronischen Kameras auf der Bühne filmten das Publikum, und ich konnte später Aufnahmen von den Organisatoren der Konferenz kaufen, falls es brauchbare Szenen darunter gab.
Marian Fox, die Vorsitzende der Internationalen Vereinigung der Theoretischen Physiker, betrat die Bühne und stellte Mosala vor. Sie gab all jene Worte des Lobes von sich, die jeder andere an ihrer Stelle geäußert hätte: respektiert, inspirierend, engagiert, außergewöhnlich. Ich hatte keine Zweifel, daß sie es völlig ernst meinte… doch auf mich wirkte diese Sprache der Errungenschaften immer so, als stünde sie kurz vor dem Abkippen in die unbeabsichtigte Parodie. Wie viele Menschen auf diesem Planeten konnten außergewöhnlich sein? Wie viele einzigartig? Es wäre mir nicht lieber gewesen, wenn Violet Mosala ohne jeden Unterschied zur Mehrheit ihrer mittelmäßigen Kollegen dargestellt worden wäre, doch all diese Lobesklischees sagten überhaupt nichts über sie aus. Sie wurden in diesem Zusammenhang einfach bedeutungslos.
Mosala ging zum Podium und bemühte sich, angesichts dieser Übertreibungen charmant zu bleiben. Ein Teil des Publikums spendete frenetischen Beifall, und, mehrere Leute sprangen sogar auf. Ich machte eine geistige Notiz, Indrani Lee bei der nächsten Gelegenheit zu fragen, wann ihrer Ansicht nach diese seltsamen Rituale der Bewunderung – die beinahe universell beiSchauspielern und Musikern zu beobachten waren – zum ersten Mal bei einer Handvoll berühmter Wissenschaftler aufgetreten waren. Ich vermutete, daß es letztlich die Schuld der Ignoranzkulte war, denn sie hatten sich so sehr um öffentliches Interesse bemüht, daß es überraschen müßte, wenn sie keine entgegengesetzte, genauso vehemente Leidenschaft erzeugt hätten. Und es gab genügend soziale Schichten, in denen die Kulte reinstes Establishment waren, so daß kaum eine stärkere Rebellion vorstellbar war, als einen Physiker zum Idol zu erheben.
Mosala wartete ab, bis sich der Lärm gelegt hatte. »Vielen Dank, Marian. Und Ihnen allen möchte ich danken, daß Sie zu dieser Versammlung erschienen sind. Vielleicht sollte ich kurz erklären, weswegen ich hier bin. Ich werde im Laufe der Konferenz an mehreren Diskussionsrunden teilnehmen, in denen es um fachliche Fragen geht. Und ich werde natürlich gerne über die Punkte diskutieren, die ich in meinem Vortrag anspreche, den ich am achtzehnten halten werde – und zwar im Anschluß daran. Doch die Zeit ist bei solchen Veranstaltungen immer knapp bemessen, so daß es wünschenswert wäre, die Fragen möglichst präzise zu stellen. Mir ist natürlich bewußt, daß die Journalisten davon nicht begeistert sein werden, weil sie gerne ein breiteres Themenspektrum abdecken möchten.
Daher hat das Organisationskomitee verschiedene Referenten dazu überredet, Medienkonferenzen abzuhalten, auf denen diese Beschränkungen nicht gelten. Am heutigen Morgen bin ich an der Reihe. Wenn Sie mir also Fragen stellen möchten, von denen Sie befürchten, daß Sie auf späteren Veranstaltungen als irrelevant abgelehnt werden könnten, haben Sie jetzt die Gelegenheit dazu.«
Mosala machte einen erstaunlich entspannten und bescheidenen Eindruck, nachdem sie in den Aufzeichnungen ihrer früheren Auftritte, die ich gesehen hatte – insbesondere die Nobelpreisverleihung – wesentlich nervöser gewirkt hatte. Auch wenn sie noch keine kampferfahrene Veteranin war, hatte sie unverkennbar an Gelassenheit gewonnen. Sie hatte eine tiefe, volltönende Stimme – mit der sie die Massen elektrisieren könnte, falls sie sich jemals als Demagogin versuchen sollte – aber sie sprach eher im Plauderton als Reden zu halten. All das waren gute Vorzeichen für Violet Mosala. Dahinter steckte die unangenehme Wahrheit, daß einige Leute einfach nicht fünfzehn Minuten lang auf einen Wohnzimmerbildschirm paßten. Sie wirkten dort deplaziert und verzerrt, als wäre die Tonspur etwas zu laut oder zu leise aufgenommen worden. Ich war mir jetzt sicher, daß Mosala den Bedingungen des Mediums gerecht wurde. Solange ich selbst keinen Mist baute.
Die ersten Fragen kamen von den Wissenschaftskorrespondenten der nichtspezialisierten Nachrichtendienste… die eifrig sämtliche unlogischen Schlußfolgerungen wieder auftischten: Wird eine Universal-Theorie das Ende der Wissenschaft bedeuten? Wird eine UT
Weitere Kostenlose Bücher