Quantum
fragt Isidore mit vollem Mund.
»Wie hast du es genannt?«
»Sherlock.«
Sie lacht. »Das hört sich gut an. Darf ich mir dir Frage erlauben,
wie das Detektivgeschäft läuft? Du warst schon wieder im Boten .
Partys, Diebe und Tod. Du führst ein aufregendes Leben, M. Beautrelet.«
»Tja.« Isidore reibt sich die Schläfen. »Es hat seine Höhen und
Tiefen. Im Moment weiß ich eigentlich nicht so recht, was ich machen soll. Es ist
alles sehr verwirrend. Ich komme nicht dahinter, was dieser Dieb vorhat und ob
er überhaupt ein Dieb ist.«
Lin drückt kurz seinen Arm. »Du wirst es herausfinden, da bin ich
ganz sicher.«
»Und was ist mit dir? Ist etwas passiert? Du siehst … anders aus.«
»Nun ja …« Lin fährt mit dem Finger die Holzmaserung der Tischplatte
nach. »Ich habe jemanden kennengelernt.«
»Oh.« Ein Stich der Enttäuschung durchzuckt ihn, ohne jede
Berechtigung. Er achtet nicht darauf. »Das ist doch großartig.«
»Wer weiß? Mal abwarten, wie es weitergeht. Die Sache läuft schon
eine ganze Weile, und jetzt haben wir … beschlossen, nicht mehr wie die Katze
um den heißen Brei herumzugehen.« Sie grinst. »Ich hoffe allerdings, dass es
lange genug hält, um hier noch so etwas wie eine Party zu feiern. Wenn du deine
Freundin mitbrächtest, könnten wir alle zusammen kochen. Essen Zoku-Leute
überhaupt? War nur so eine Idee.«
»Im Moment ist das alles ziemlich kompliziert«, sagt Isidore. »Ich
bin nicht ganz sicher, ob sie wirklich noch meine Freundin ist.«
»Das tut mir leid«, sagt Lin. »Es ist komisch, aber man kann noch so
intelligent sein, solche Dinge geraten immer wieder entsetzlich durcheinander.
Ich glaube, nach einer Weile muss man einfach vorgehen wie damals beim
gordischen Knoten. Ein Schnitt, und er ist offen. Und schon ist alles viel
einfacher.«
Isidore hört auf zu kauen und starrt seine Mitbewohnerin an. »Weißt
du was? Du bist ein Genie.« Er schluckt, kippt den restlichen Kaffee hinunter,
rennt in sein Zimmer und schnappt sich seinen Mantel. Dann streicht er Sherlock
über den Kopf und stürmt zur Tür.
»Wo willst du hin?«, fragt Lin.
»Ich suche jemanden mit einem Schwert«, antwortet Isidore.
Diesmal zeigt sich die Zoku-Kolonie ganz ungewohnt abweisend.
Die Spitzen, Kanten und Vorsprünge der Glaskathedrale sehen scharf aus. Isidore
steht vor dem Tor und überlegt, was er tun soll.
»Hallo?«, ruft er. Aber nichts geschieht. Wie
sollte das noch mal funktionieren? Einfach nur denken, hat Pixil gesagt.
Er berührt die kalte Tür und stellt sich Pixils Gesicht vor. Seine
Finger kribbeln. Die Antwort kommt unerwartet und heftig, viel schroffer als
jemals durch den Verschränkungsring.
Geh weg. Begleitet von einem Gefühl wie
ein körperlicher Schlag, eine schallende Ohrfeige.
»Pixil.«
Ich will jetzt nicht mit dir reden.
»Pixil, können wir uns nicht sehen? Es ist wichtig.«
Wichtige Dinge haben ein Verfallsdatum. Ich auch.
Ich bin beschäftigt.
»Es tut mir leid, dass ich mich nicht mehr gemeldet habe. In letzter
Zeit geht alles drunter und drüber. Kannst du mich nicht reinlassen oder zu mir
herauskommen? Ich verspreche dir, es dauert nicht lange.«
Ich muss in zwanzig Minuten auf einen Raubzug.
Ich gebe dir zehn Minuten. Und jetzt geh aus dem Weg.
»Was?«
Geh aus dem Weg!
Die Oberfläche der Tür beginnt zu flimmern und sich zu kräuseln.
Etwas Großes zwängt sich heraus. Pixil reitet auf einer massigen schwarzen
Kreatur, die aussieht wie ein sechsbeiniges Pferd, nur größer. Das Tier ist mit
Gold- und Silberplatten gepanzert und hat blutunterlaufene Augen und spitze
weiße Zähne. Sie selbst trägt einen reich verzierten Harnisch mit
Schulterplatten wie ein Samurai und eine grimmige Maske, die sie sich auf die
Stirn geschoben hat. Ein Schwert hängt von ihrer Seite.
Ihr Reittier schnaubt und schnappt nach Isidore. Er weicht hastig
zurück, bis er mit dem Rücken an eine Säule stößt. Pixil steigt ab und klopft
der Bestie den Hals. »Keine Angst«, sagt sie. »Cyndra kennst du ja schon.«
Das Epische Pferd stößt einen Schrei aus, der nach verwestem Fleisch
stinkt und Isidore in den Ohren dröhnt.
»Ich weiß, wir haben es eilig«, beschwichtigt Pixil das Ungeheuer,
»aber du brauchst ihn nicht zu fressen. Ich werde auch allein mit ihm fertig.«
Das Pferd dreht sich um und verschwindet durch die Tür.
»Du musst schon entschuldigen«, sagt Pixil. »Aber Cyndra wollte
mitkommen, um dir zu sagen, was sie von dir hält.«
»Verstehe«,
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