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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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würdest, um die Frage jemals
zu stellen.«
    »Stolz ist nicht das Wichtigste im Leben«, versetzt Isidore.
»Vielleicht kennst du mich doch nicht so gut, wie du glaubst.«
    »Wir sind doch wohl nicht hier, um deine Klugheit zu bewundern. Und
offenbar auch nicht, weil du dich bei mir für die Rettung deines Bewusstseins
bedanken willst. Übrigens gern geschehen.« Ihre Stimme ist kalt, und sie sieht
ihn nicht an.
    »Nein«, sagt er. »Wir sind hier, um ein Geheimnis aufzudecken. Aber
dazu brauche ich deine Hilfe.«
    »Warte.« Sie schickt ihm eine Mit-Erinnerung. Er nimmt sie an, und
schon steigt ihm ein stechender Geruch in die Nase. Er erinnert ihn an die
verdorbenen Lebensmittel, die sein Vater einmal in seinem Studio zurückließ.
    »Was war das?«, fragt er.
    »Etwas, das bald die ganze Oubliette haben wird«, gibt sie zurück.
»Sprich weiter.«
    »Seit du das das Wort Kryptarch erwähnt
hast, geht es mir nicht mehr aus dem Kopf«, sagt Isidore. »Sie manipulieren den
Exospeicher, ist das richtig?«
    »Ja. Sie wissen jetzt, wie er aufgebaut ist: Sie haben sozusagen
einen Hauptschlüssel, mit dem sie jeden auslesen können, der einmal im
Schweigen war.«
    »Und ihr kämpft gegen sie?«
    »Ja.«
    »Und dazu arbeitet ihr mit dem Dieb zusammen. Diesem Jean le
Flambeur. Wer immer er in Wirklichkeit sein mag.«
    Sie wirkt überrascht, doch sie nickt. »Ja. Ab…«
    »Dazu komme ich noch. Was er mit Unruh anstellte, geschah, um Beweise zu beschaffen , nicht wahr? Ein Vergleich seines Bewusstseins
vor und nach dem Eingriff des Wiedererweckungssystems, um zu sehen, ob es
verändert worden war. Ihr habt ihn die Drecksarbeit erledigen lassen. Einen
Verbrecher von außerhalb.«
    Raymonde hält sich die Faust vor den Mund. »Ja, ja, das ist richtig.
Aber du verstehst nicht …«
    »Dann hilf mir zu verstehen«, unterbricht Isidore sie. »Ich weiß
nämlich, was er will. Und ich kann dafür sorgen, dass er es niemals bekommt.
Ich kann alle Welt wissen lassen, was du getan hast. Und dann ist es vorbei mit
dem Vertrauen in die Zaddikkim.«
    »Vertrauen«, sagt sie. »Um Vertrauen geht
es nicht mehr. Es geht um Gerechtigkeit . Wir können
sie schlagen . Wir haben endlich eine Waffe, um sie zu
schlagen. All die Fälle, an denen wir gearbeitet haben, Gogol-Piraten,
Fremdwelttechnik – das waren alles sie. Und sie haben
noch schlimmere Verbrechen begangen, Verbrechen, von denen wir noch nicht
einmal wissen. Jede Entscheidung der STIMME . Dies
ist nicht der Traum der Revolution. Wir sind nach wie vor Sklaven.«
    Sie geht auf Isidore zu und beugt sich über ihn. »Für dich ist es immer noch ein Spiel. Kein Wunder, dass du dich mit dem
Zoku-Mädchen so gut verstanden hast. Wach auf. Ja, du hast gewonnen, du hast
mich geschlagen; du bist mir auf die Schliche gekommen. Aber wir anderen, wir
haben Wichtigeres zu tun. Für uns geht es nicht um einen Fall von vielen, wir
wollen Gerechtigkeit für alle.«
    Ihre Augen sind hart. »Du musstest noch nie wirklich kämpfen. Du
warst immer beschützt. Ich habe begonnen, mit dir zu arbeiten, um dir zu
zeigen, dass –« Sie beißt sich auf die Unterlippe.
    »Um mir was zu zeigen?«, fragt Isidore. »Was wolltest du mir zeigen,
Mutter?«
    Sie ist ihm immer noch vollkommen fremd. Die Erinnerungen, die
sie ihm verwehrte, bleiben verschlossen.
    »Ich wollte dir zeigen, dass es viel Schlechtigkeit auf der Welt
gibt«, sagt sie. »Und ich wollte verhindern, dass du so würdest wie …« Ihre
Stimme bricht. »Aber letztlich konnte ich nicht mit ansehen, dass man dir
wehtat. Deshalb habe ich abgebrochen.«
    »Ich finde, wenn jemand anderen die Wahrheit vorenthält«, sagt
Isidore, »ist er nicht besser als die Kryptarchen.«
    Er lächelt verbittert. »Auch über sie weißt du nicht alles. Sie
manipulieren nicht nur die STIMME . Sie
manipulieren alles . Sie manipulieren die Geschichte.
Du redest von der Revolution? Ich denke, sie haben sie nur erfunden. Unruh hat
das gesehen. Wenn du dir die Ereignisse im Einzelnen ansiehst, ist alles
getürkt. Er hat genug mitbekommen, um das zu begreifen. Sämtliche Erinnerungen
an die Revolution – stammen aus dem Exospeicher. Du kannst ihnen nicht
vertrauen, du kannst kein Wort davon glauben.«
    Isidore holt tief Luft. »Ich habe die Monarchie gesehen. Ich habe
lange gebraucht, um sie zu erkennen, aber sie befindet sich in einem Kästchen
in der Zoku-Kolonie. Sie ist eine Simulation. Alle Erinnerungen an die
Monarchie stammen von dort. Die Gebäude, die

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