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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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Artefakte – alles nur Dekoration.
Also: Ihr arbeitet für den Zoku; der Zoku arbeitet für die Kryptarchen. Was
immer ihr folglich plant, ihr spielt ihnen in die Hände.«
    Er sieht sie an und denkt an die Reihe von Gesichtern an der Mauer
seines Vaters. »Deshalb darfst du es mir nicht verdenken, wenn ich alles, was
du zur Vergangenheit – und übrigens auch zur Zukunft – zu sagen hast, mit
Vorsicht aufnehme.«
    »Ich wollte …«
    »Mich beschützen?« Isidore speit ihr das Wort vor die Füße. »Das
möchte Vater gern glauben. Wovor wolltest du mich beschützen?«
    »Vor deinem Vater«, sagt Raymonde. »Deinem wirklichen Vater.« Sie
kneift die Augen zusammen: »Isidore, du behauptest zu wissen, was der Dieb
will. Was will er?«
    »Du weißt es nicht?«
    »Sage es mir.«
    »Im Labyrinth gibt es neun Gebäude. Er hat sie entworfen, als er
noch Paul Sernine war. Sie stehen irgendwie mit den Atlas-Schweigern in
Verbindung: Es gibt einen Mechanismus, der beide zusammenbringt. Er ließ neun UHR EN anfertigen, auch sie haben etwas damit zu tun. So
wie in der Unterwelt, als er die Schweiger steuerte. Die Gebäude sind Teile
einer Maschine. Ich weiß nicht, was diese Maschine tut. Ich denke, es hängt mit
dem Exospeicher zusammen.«
    »Neun Gebäude. O mein Gott.« Sie packt Isidore an den Schultern.
»Wann bis du darauf gekommen?«
    »Unmittelbar vor dem Angriff der Gogol-Piraten.«
    »Das heißt«, schlussfolgert sie, »dass auch die Kryptarchen davon
wissen. Etwas Schreckliches steht uns bevor. Ich muss jetzt gehen. Wir setzen
das Gespräch später fort. Du musst dich irgendwohin in Sicherheit bringen. Die
Zoku-Kolonie ist der beste Ort. Bleib dort, bleib bei Pixil. Hier wird es bald
sehr ungemütlich werden.«
    »Aber …«
    »Darüber lasse ich nicht mit mir diskutieren. Wenn du nicht auf der
Stelle hingehst, liefere ich dich persönlich dort ab.«
    Sie wird wieder zum Gentleman und schwingt sich in die Lüfte, bevor
Isidore antworten kann.
    Er starrt ihr eine Weile nach. Dann setzt er sich wieder. Dass sich
der Boden unter seinen Füßen bewegt – das ständige, leichte Schwanken der Stadt
– ist er gewöhnt, aber jetzt steht er wie am Rand eines riesigen Abgrunds, der
sich plötzlich vor ihm aufgetan hat. Er möchte die Form des Geschehens im Geist
festhalten, aber sein Herz schlägt so schnell, dass er sich kaum konzentrieren
kann …
    Die Erde bebt. Es knirscht erschreckend. Das Kopfsteinpflaster auf
dem kleinen Platz wölbt sich auf. Er stürzt zu Boden, schützt das Gesicht mit
den Armen. In der Unterwelt grollen riesige Maschinen, und für einen Moment hat
man das Gefühl, als wäre die Stadt nur eine dünne lebendige Schicht auf der
rauen Haut einer riesigen Kreatur, die von einem Bienenstich aufgeschreckt
wurde und sich jetzt schüttelt. Dann ist es so schnell vorüber, wie es
angefangen hat. Die Maschine des Diebs.
    Immer noch zitternd steht Isidore auf und blinzelt den jähen
Schwindel weg. Dann rennt er auf das Labyrinth zu.
    Das Nachbeben rollt durch die Stadt. Die meisten Schäden sind
kosmetischer Natur – die Gebäude in der Stadt haben Skelette aus Nanomaterie –,
aber die Stadt bewegt sich nicht mehr. Eine lärmende Menge drängt sich auf der
Beständigen Allee. Die Luft ist erfüllt vom Raunen Tausender menschlicher
Stimmen. Im Labyrinth ist etwas geschehen: eine Staubwolke wirbelt über die
Dächer himmelwärts. Und dahinter erhebt sich ein neues Gebäude, eine schwarze
Nadel, Hunderte von Metern hoch.
    Isidore versucht, sich einen Weg durch das Gewühl zu bahnen. Dank
der herrschenden Verwirrung sind viele Gevulot-Schirme offen. Überall sieht er
weit aufgerissene Augen, hört nervöses Gelächter, beobachtet stumme Angst.
    »Noch so ein verdammtes Kunstprojekt«, sagt ein Mann mit groben
Zügen in einer Spinnennetzmaske und lehnt sich gegen sein Spinnentaxi, das auf
dem Boden steht. »Wenn Sie mich fragen, ist das wieder so ein verdammtes
Kunstprojekt.«
    »Könnten Sie mich da hinaufbringen?«, fragt Isidore.
    »Ausgeschlossen«, sagt der Mann. »Die Zaddikkim blockieren den
Zugang. Sehen Sie selbst.«
    Isidore folgt seinem Blick. In einem Hitzeschleier schwebt eine
Wolke von Zaddikkim über dem Labyrinth, als wollten sie es abschirmen.
    »Sie haben alle den Verstand verloren«, sagt der Taxifahrer. »Haben
Sie gesehen, was sie zuvor gemacht haben? Ich habe ihre Mit-Erinnerung
aufgefangen. Hatte einen abscheulichen Geschmack. Da ist noch eine.«
    Einer der Zaddikkim – der

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