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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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Basilisk – schwebt unweit von ihnen über
einer Agora. Ihre Stimme kommt von allen Seiten, als spräche die Luft selbst.
    »Misstraut der STIMME !«, mahnt sie.
»Man hat uns belogen!«
    Dann erzählt sie von den Kryptarchen und beschreibt, wie die STIMME manipuliert wird. Sie bietet eine Mit-Erinnerung
an, die vor den heimlichen Herrschern schützt. Sie spricht von Gogol-Piraten,
von Beweisen für Bewusstseinsmanipulation, von den Daten aus Unruhs
Bewusstsein. Die Zaddikkim würden dafür sorgen, dass der Exospeicher intakt
bliebe, dass die Kryptarchen gefunden würden und ihre gerechte Strafe
erhielten. Aus der Menge erhebt sich zorniges Murren.
    Während sie spricht, blinkert Isidore die Feeds des öffentlichen
Exospeichers der Allee. Der Basilisk ist nicht zu finden, er sieht nur die
Menge, die ins Leere lauscht.
    »Scheiße«, sagt er. Sie versuchen sie zu
blockieren.
    Die Erinnerung der STIMME trifft ihn
so unerwartet, so machtvoll und so emotionsgeladen, dass er sich kaum auf den
Beinen halten kann. Jetzt weiß er wieder, dass die Zaddikkim
Lügen verbreiten, dass sie Agenten des Zoku sind ,
und dass der Zoku die Lebensweise der Oubliette zerstören
will. Die STIMME war sonst immer nur eine
Andeutung, ein leises Nörgeln, eine Erinnerung an zu erledigende Aufgaben, aber
diesmal – ist sie unmittelbar, gewalttätig, die Erinnerung wird ihm ins Bewusstsein
eingebrannt, unmöglich, sie zu ignorieren. Er weiß, dass er nach Hause gehen und sich in voller Gevulot-Privatsphäre verschanzen soll, bis
wieder Normalität einkehrt, und dass die Störung in
der Maschinerie der Stadt von einer leichten Phoboi-Infektion herrührt, die
bereits bekämpft wird.
    Er schüttelt den Kopf. Die Erinnerungen sind mit Schuldgefühlen
beladen: Er muss sich freikämpfen wie aus einem Treibsandloch.
    »Das stimmt nicht«, sagt der Taxifahrer und reibt sich die Schläfen.
»Das stimmt alles nicht. Ich habe gehört, was sie eben sagte.«
    Rufe werden laut. Am Rand der Agora ist ein Kampf ausgebrochen, ein
junger Mann, im Zoku-Stil gekleidet, wird von einer Gruppe aus Männern und
Frauen in Revolutionsuniformen herumgeschubst. »Staubfresser«, rufen sie.
»Quantenhure.« Wellen des Zorns und der Gewalt verbreiten sich durch die Menge.
Und noch etwas bewegt sich, ein Strom von Menschen drängt synchron vorwärts,
langsam und schweigend. Ein Paar mit nicht mehr jungen Körpern schiebt sich an
Isidore vorbei. Beide haben einen seltsam glasigen Blick. Sie
hat recht, denkt Isidore. Das ist kein Spiel mehr.
    Er schüttelt den Taxifahrer. »Eine Megasekunde, wenn Sie mich auf
der Stelle ins Staubviertel bringen«, sagt er.
    Der Mann blinzelt verdutzt. »Sind Sie wahnsinnig? Diese Leute sind
unterwegs, um dort alles kurz und klein zu schlagen.«
    »Dann sollten wir ihnen zuvorkommen«, gibt Isidore zurück.
    Der Mann sieht ihn mit schmalen Augen an: »He, Sie sind doch der
Handlanger von diesem Zaddik, nicht wahr? Wissen Sie, was zum Teufel hier
vorgeht?«
    Isidore holt tief Luft. »Ein interplanetarer Dieb baut eine
Picotech-Maschine aus Teilen der Stadt, während die Kryptarchen das Bewusstsein
der Bewohner übernehmen, um die Zoku-Kolonie zu zerstören und zu verhindern,
dass die Zaddikkim ihre Macht brechen«, sagt er. »Ich möchte sie beide
aufhalten. Er hält inne. »Außerdem glaube ich, dass der Dieb mein wirklicher
Vater ist.«
    Der Fahrer starrt ihn ein paar Sekunden verständnislos an.
    »Dann mal los«, sagt er schließlich. »Steigen Sie ein!«
    Das Spinnentaxi verlässt die Allee und rast wie ein wild
gewordenes Insekt durch einen Teil des Labyrinths. Die Straßen überquert es mit
Wahnsinnssätzen. Die schwarze Nadel überragt das Labyrinth, und ein paar
Zaddikkim umschweben sie noch immer. Das Labyrinth selbst wurde von gewaltigen
Händen gepackt und wie ein Kinderpuzzle herumgeschoben: Gebäude sind
eingestürzt, Straßen aufgerissen. Überall sieht man gelbe Rettungs- und
Sanitäts-Schweiger, aber sie irren unkoordiniert umher. Durch den gesamten
Exospeicher laufen seltsame Wellen, immer wieder blitzen Bruchstücke von déjà vu auf .
    Das Staubviertel sieht aus wie eine Schneekugel. Es ist von einer
Quantenpunkt-Blase umgeben, die alles darin verzerrt. Die Zoku-Gebäude
erscheinen surreal in die Länge gezogen, und alles ist in Bewegung, faltet sich
zusammen, verändert seine Form.
    Unten auf den Straßen marschiert der Pöbel darauf zu, aber Isidore
hält es für unwahrscheinlich, dass er sein Ziel erreicht. Das
kann

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