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Quarantäne

Quarantäne

Titel: Quarantäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Sicherheit.«
    »Ich sagte schon, so ein Modul ist viel zu gefährlich.« Und warum kopiere ich es dann, anstatt es zu löschen? Kann ich darauf vertrauen, daß ich selbst es mit der gebotenen Vorsicht benutze – um ein bißchen Geld mit dem Dechiffrieren von Codes zu verdienen, ohne das Leben in dieser Welt WIE WIR SIE KENNEN zu vernichten? Das ist von einer atemberaubenden Arroganz. Aber ich unterbreche das Kopieren nicht.
    Lui sagt ruhig: »Telefonieren Sie mit der Bank, überprüfen Sie das Kreditkartenkonto. Eine halbe Million Dollar, wie vereinbart.«
    Ich schüttle den Kopf. »An dem Geld liegt mir nichts.« Fast hätte ich die Karte zurückgegeben, aber hätte ich das mit der freien linken Hand getan, hätte er sich gefragt, was ich denn mit der rechten in der Tasche zu suchen habe.
    Lui blickt zur Seite, die altbekannte traurige, gequälte Geste. Ich sage mir: Geld zu verdienen mit dem Modul, ist für ihn eine äußerst wichtige Sache – und die Leute werden sehr böse, wenn man sich an dem vergreift, was ihnen heilig ist. Ich aktiviere E3 und greife nach der Pistole – mit der Linken und auch nicht schnell genug. Auf der Stirn spüre ich diesen schwachen, so tückischen Laserstrahl; ich erstarre. Einen Augenblick später tauchen aus einer kleinen Gasse vor uns zwei Frauen mit gezogener Waffe auf. Aber es sind nicht ihre Pistolen, die auf mich gerichtet sind; der Leitstrahl des automatischen Lasers muß von irgendwo hinter ihnen, aus der Dunkelheit, kommen.
    Lui sagt: »Falten Sie die Hände über dem Kopf!«
    Die Kopie ist fast fertig, es fehlen höchstens noch zehn Prozent. Ich sträube mich. »Lui, von Ihnen hätte ich das wirklich nicht…«
    Er packt mich bei den Armen und legt sie mir auf den Kopf. Der kleine Zombie-Pfadfinder findet noch Zeit, ein wenig zu räsonieren: Man hätte die Datei auf dem Chip doch mit dem Kopieren zugleich löschen können…
    Lui nimmt mir die Pistole ab und hat auch schon das Lesegerät gefunden. Während er es aus meiner Tasche zieht, gebe ich den Löschbefehl, aber die Position ist für das Infrarotsignal ziemlich ungünstig. Chiffre vermeldet eine Fehlfunktion bei Transmitter und beginnt mit einer umständlichen Belehrung über mögliche Fehlerquellen beim Umgang mit Transmitter. Ich schalte ab.
    Lui sagt: »Die Kreditkarte gilt. Eine halbe Million… Ich hatte nicht vor, Sie zu betrügen. Gehen Sie zum Hafen, und noch vor Sonnenaufgang haben Sie den ganzen Schlamassel hinter sich.«
    Ich sage: »Sie glauben mir nicht, ja? Das mit Laura, den Barrieren-Erbauern und alles andere?«
    Er sieht mir tief in die Augen und sagt leise: »Aber sicher glaube ich Ihnen. Das meiste davon habe ich schon vor sechs Monaten herausgefunden. Was glauben Sie denn, warum die Pseudo-INITIATIVE nach einem Muster suchen konnte, das sie zu Laura führte? Weil sie den Grund für die Barriere erraten hatten – und hofften, daß sich irgendwie ein Hinweis der Barrieren-Erbauer finden ließe: ein Hinweis, wie wir sein müßten, um ihr Gefängnis eines Tages verlassen zu dürfen.«
    Er tritt einen Schritt beiseite, und eine der muskulösen Ladys kommt näher. Ich warte, das alles kenne ich schon; es ist, als wäre es gestern gewesen. Jetzt kommt das Betäubungsspray oder die Spritze.
    Leider nein. Statt dessen zieht die Frau einen Schlagstock und haut mir schwungvoll gegen die Schläfe.

 
12
     
    Als ich wieder zu mir komme, meldet E1 Prellungen und eine leichte Gehirnerschütterung – aber nichts, was eine ärztliche Behandlung erforderte. Ich fühle mich auch nicht unwohl, der Schmerz erscheint mir als nichts weiter als eine Art Information. Ich schwanke zum Straßenrand und inaktiviere E3 – und noch immer tut nichts weh; Master besorgt das ganz automatisch, es hat sozusagen einen Dauerauftrag, mir jeden Schmerz vom Leib zu halten.
    Ich rufe bei der PanPacific-Bank an und übermittle die Daten der Kreditkarte. Was Lui gesagt hat, scheint wahr zu sein: eine halbe Million Dollar in jederzeit einlösbaren Wertpapieren. Ohne Vorbehalt, ohne Bedingungen. Ich gebe meine Anweisungen, damit eine ganze Reihe von Transaktionen gestartet wird und mein Geld letzten Endes einige hundertmal um den Globus wandert – wobei es jedesmal ein klein wenig an Wert verliert; doch weit schneller nimmt die Wahrscheinlichkeit ab, daß es zu seinem Ursprung zurückverfolgt oder gar zurückgerufen wird. Von der Frustration einiger hundert Finanzämter und ähnlicher Institutionen will ich gar nicht erst reden. Nach

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