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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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beugte sich vor, sodass ihre Ärmel gefährlich dicht über der zerlassenen Butter baumelten. »Denn eins steht fest, Chris: Das hier ist Blind Lake. Der allgemeine Pöbel mag nur eine vage Ahnung von dem haben, was hier vorgeht, aber wir wissen es besser, nicht wahr? Dies ist der Ort, an dem die Lehrbücher umgeschrieben werden. Hier ist es, wo die menschliche Rasse ihren Platz im Universum zu definieren beginnt. Hier entscheidet sich, wer wir sind und was wir werden wollen.«
    »Sie hören sich an wie eine Werbebroschüre.«
    Sie lehnte sich wieder zurück. »Warum? Glauben Sie, ich bin zu alt und zu zynisch, um etwas wahrhaft Ehrfurchtgebietendes als solches wahrnehmen zu können?«
    »Das meinte ich nicht. Ich …«
    »Das war ein Moment der Aufrichtigkeit, in dem Sie mich da eben erwischt haben.«
    »Elaine, ich bin einfach nur nicht in der Stimmung, mir Vorträge anzuhören.«
    »Na ja, wissen Sie, was Ihre Stimmung angeht, habe ich mitbestimmt keine falschen Vorstellungen gemacht. Okay, Chris. Tun Sie, was Sie für richtig halten.« Sie deutete auf seinen Teller. »Essen Sie diesen armen misshandelten Fisch.«
    »Ein Zelt«, sagte er. »Auf dem Gobi-Plateau.«
    »Na ja, so eine Art Zelt. Eine aufblasbare Wohnung, aus Peking geschickt, über der Wüste abgeworfen. Aufladbare Brennstoffzellen, Heizung für die Nacht, alle Satellitenprogramme.«
    »Wie bei Roy Chapman Andrews?«
    »He«, sagte sie. »Ich bin Journalistin, kein Märtyrer.«

 
Fünf
     
     
    Zu Marguerites Bestürzung und Tessas großer Enttäuschung tat der Video- und Downloadempfang übers Wochenende keinen Mucks. Auch war es weiterhin nicht möglich, eine Telefon- oder Netzverbindung über den Grenzzaun von Blind Lake hinaus zu erlangen.
    Marguerite vermutete, dass dies eine neue Inkarnation der ausgefeilten Sicherheitsbestimmungen von Blind Lake war. In Crossbank, in der Zeit, als Marguerite dort arbeitete, hatte es mehrere solcher Abriegelungen gegeben. Die meisten hatten nur einige Stunden gedauert, doch bei einer Gelegenheit (ein nicht autorisierter Überflug, der sich schließlich als Malheur eines Privatpiloten erwies, dem sowohl die Navigationschips als auch die Transponder durchgebrannt waren) war es zu einem kleinen Skandal gekommen, und der Sicherungszaun war fast eine Woche lang vollkommen gesperrt gewesen.
    Hier in Blind Lake bedeutete die Abriegelung, bisher jedenfalls, keine große Unannehmlichkeit für Marguerite. Sie hatte keine Pläne gemacht, irgendwo hinzufahren, und es gab niemanden in der Außenwelt, mit dem sie dringend sprechen musste. Ihr Vater lebte in Ohio und rief sie jeden Samstag an, aber er war mit dem Sicherheitsthema vertraut und würde sich keine unnötigen Sorgen machen, wenn er sie nicht erreichen konnte. Tess allerdings hatte Probleme damit. Nicht, dass Tess zu jenen Kindern gehört hätte, die nur noch vor dem Bildschirm lebten. Tess spielte gern draußen, allerdings meistens allein, und Blind Lake war einer der wenigen Orte auf der Welt, wo Kinder sich unbeaufsichtigt bewegen konnten, ohne dass man sich große Gedanken um Drogen oder Verbrechen machen musste. An diesem Wochenende jedoch spielte das Wetter nicht mit. Der kalte, klare Samstagvormittag mit viel Sonne wich gegen Mittag einer asphaltfarbenen Wolkenwand mit kurzen, aber heftigen Regenschauern. Der Oktober stieß bereits ins Winterhorn. Die Temperatur fiel auf zehn Grad Celsius, und Tessa wagte sich zwar einmal nach draußen – nur zur Garage, um eine nach dem Umzug noch nicht ausgepackte Kiste mit Puppen zu durchsuchen –, kehrte aber, fröstelnd unter ihrer Flanelljacke, schnell wieder ins Haus zurück.
    Am Sonntag war es nicht anders, der Wind fegte an den Regenrinnen entlang und pfiff durch die Deckenbelüftung des Badezimmers. Marguerite fragte Tess, ob es irgendeine Schulkameradin gebe, mit der sie gern spielen würde. Tess war sich zunächst unschlüssig, nannte aber schließlich ein Mädchen namens Edie Jerundt. Sie wusste nicht genau, wie der Name buchstabiert wurde, aber es standen zum Glück nur wenige Leute mit dem Anfangsbuchstaben »J« im internen Telefonverzeichnis von Blind Lake.
    Connie Jerundt, Edies Mutter, erwies sich als eine Sequenzanalytikerin aus der Bildverarbeitungsabteilung, die sich sogleich bereit erklärte, Edie zum Spielen herüberzubringen. (Ohne Edie, die sich wohl, wie Marguerite annehmen musste, ebenso langweilte wie Tess, auch nur zu fragen.) Nach weniger als einer Stunde trafen sie ein. Mutter und Tochter

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