Quarantaene
sahen sich dermaßen ähnlich, dass man sie für russische Steckpuppen hätte halten können, von denen die eine bequem in die andere passen würde. Beide waren unscheinbar, hatten große Augen und zerzauste Haare. Während sich die speziellen Eigenheiten in Connies erwachsenen Zügen etwas abgeschliffen hatten, konzentrierten sie sich auf groteske Weise in Edies noch kleinem Gesicht.
Edie Jerundt hatte einige Downloads jüngeren Datums mitgebracht, und die beiden Mädchen ließen sich augenblicklich vor dem Video-Bildschirm nieder. Connie blieb noch ein Viertelstündchen, machte nervöse Konversation über die sich hinziehende Sicherheitsabriegelung, die doch recht lästig sei – sie habe gehofft, einen Abstecher nach Constance machen zu können, um schon mal erste Weihnachtseinkäufe zu erledigen –, dann verabschiedete sie sich und versprach, Edie vor fünf Uhr wieder abzuholen.
Marguerite beobachtete die beiden Mädchen, wie sie im Wohnzimmer saßen und auf den Bildschirm starrten.
Die Downloads, Abenteuer von Panda Girl, waren ein bisschen sehr kindlich für Tessas Verhältnisse, aber Edie hatte zwei Paar von jenen bildsynchronisierten Brillen mitgebracht, die, wie man hörte, schädlich für die Augen sein sollten, wenn man sie über längere Zeit trug. Beide Mädchen zuckten immer wieder zusammen bei den solcherart aufgemotzten 3-D-Actionszenen.
Davon abgesehen, hätten sie ebenso gut jede für sich sein können. Sie saßen an den beiden Enden des Sofas, in jeweils entgegengesetzter Richtung gegen plüschige Kissen gelehnt. Spontan empfand Marguerite ein etwas unklares Mitleid mit Edie Jerundt, die eins jener Mädchen war, die von der Natur ausersehen sind, verlacht, schikaniert und geächtet zu werden, denn ihre Gliedmaßen waren steif und ungeschickt wie Stelzen, ihr Griff ging ins Ungefähre, ihre Worte kamen stockend und die tiefe Verlegenheit wollte einfach nie von ihr weichen. Es war nett, dachte Marguerite, dass Tess sich eines Mädchens wie Edie Jerundt angenommen hatte. Es sei denn …
Es sei denn, dass es Edie war, die sich Tessas angenommen hatte.
Als die Downloads zu Ende waren, spielten die Mädchen mit den Puppen, die Tess aus der Garage befreit hatte. Es war dies ein bunt gemischter Haufen, von Tess zum großen Teil auf Flohmärkten aufgelesen, in der Zeit, als Ray von Crossbank aus Wochenendausflüge nach New Hampshire aufs Land zu machen pflegte. Von der Sonne gebleichte Modepuppen mit seltsam verrenkten Gliedern und nicht zusammenpassender Kleidung; überdimensionierte Babypuppen, in der Mehrzahl nackt; eine Reihe von Actionfiguren aus vergessenen Filmen, Arme und Beine in der jeweiligen Geste eingefroren. Tess versuchte Edie in passende Spielsituationen einzubeziehen (das ist die Mutter, das ist der Vater; das Baby hat Hunger, aber sie müssen zur Arbeit, und deshalb ist das hier die Babysitterin), aber Edie verlor rasch das Interesse und begnügte sich damit, die Puppen über den Couchtisch spazieren zu lassen und unsinnige Monologe für sie zu sprechen (ich bin ein Mädchen, ich habe einen Hund, ich bin hübsch, ich hasse dich). Als sei sie sanft beiseitegedrängt worden, zog Tess sich aufs Sofa zurück und sah zu. Dann begann sie, mit dem Kopf rhythmisch gegen die Rückenlehne zu stoßen, ungefähr einmal pro Sekunde, bis Marguerite hinzutrat und ihren Kopf festhielt.
Dieses rhythmische Anschlagen mit dem Kopf, zusammen mit einer beunruhigenden Sprachentwicklungs-Verzögerung, war für Marguerite das erste Anzeichen dafür gewesen, dass bei Tessa etwas anders war. Nicht nicht in Ordnung – zu dieser wertenden Charakterisierung wollte Marguerite nicht greifen. Aber, ja, Tessa war anders; Tess hatte einige Probleme. Probleme, die keiner der wohlmeinenden Therapeuten, die Marguerite konsultiert hatte, so recht zu definieren imstande gewesen war. Zumeist sprachen sie von »idiosynkratischem Schwellenpegel-Autismus« oder dem »Asperger Syndrom«. Was so viel hieß wie: Wir haben zwar eine Schublade, in die wir die Symptome Ihrer Tochter packen können, aber wir wissen nicht, wie wir sie behandeln sollen.
Marguerite hatte Tess zur Physiotherapie geschickt, mit dem Ziel, ihrer Ungeschicktheit und »unterentwickelten Propriozeption« abzuhelfen, hatte versucht, durch medikamentöse Behandlung ihren Vorrat an Serotonin oder Dopamin oder Faktor Q zu korrigieren, jedoch ohne dass dies eine erkennbare Veränderung in Tessas Zustand bewirkt hätte. Woraus möglicherweise folgte, dass Tess
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