Quarantaene
versäumt hatte, irgendwelche Verhütungsmittel zu benutzen – sofern man nicht seine Vorliebe für strohdumme Frauen schon als Schuld betrachten wollte –, musste er eine gewisse Verantwortung für den Zustand, in dem sie sich befand, auf sich nehmen. Also wollte er sie am Donnerstag nach Bixby fahren, ihr ein paar Tage Erholung in einem Motel spendieren, ihr einen Scheck über fünftausend Dollar ausstellen, und damit war die Sache dann erledigt.
Falls er sich weigerte, dies zu tun – oder falls dieses von der Regierung verursachte Blind-Lake-Schlamassel ihn einen weiteren Tag hier zurückhielt –, würde Ella Raeburn eine ganz bestimmte Videoaufnahme per Boten an Bobs Ehefrau Courtney verschicken. Er bezweifelte, dass Courtney sich deshalb von ihm würde scheiden lassen – die Ehe war, alles in allem, kein schlechter Deal für sie –, aber sie würde es ihm für den Rest seines Lebens vorhalten, dass sie hatte mit ansehen müssen, wie ihr Ehemann sein Gesicht zwischen Ella Raeburns üppige zarte Schenkel wühlte. Das Video war seine eigene halbgare Idee gewesen. Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass Ella sich eine Kopie brennen würde.
Und das war noch nicht das Schlimmste. Bei weitem nicht. Falls Bob es nicht schaffte, die Abtreibung zu arrangieren, würde Ella gezwungen sein, sich auf Gedeih und Verderb ihrem Vater anzuvertrauen. Ihr Vater war Toby Raeburn, Eisenwarenhändler, Diakon der Lutherischen Kirche und Teilzeit-Basketballtrainer. Sein Spitzname lautete »Teeth«, weil er einmal einem Mann, der sein Auto stehlen wollte, einen Backenzahn ausgeschlagen und dieses Souvenir alsdann in Plexiglas hatte einbetten lassen, damit er es als Glücksbringer mit sich herumtragen konnte. Toby »Teeth« Raeburn mochte unter Umständen gewillt sein, seiner Tochter christliche Vergebung angedeihen zu lassen, sicherlich aber nicht einem Unternehmer mittleren Alters, der (was Ella garantiert nicht verschweigen würde) sie mit den Barbituraten bekannt gemacht hatte, die sie in kooperative Stimmung versetzten.
Er hegte wegen dieser Sache keinen besonderen Groll gegen Ella. Er war nur zu gern bereit, für ihre Abtreibung aufzukommen. Sie war zwar dumm wie abgepacktes Graubrot, aber durchaus in der Lage, ihre Interessen wahrzunehmen. In gewisser Weise bewunderte er das.
Courtney war auch so eine gewesen, bevor er sie geheiratet hatte. Seither hatte sie sich aber fast vollständig in eine abgestumpfte Missmutigkeit zurückgezogen, und das war nun nicht mehr dasselbe.
»Habense die Belagerung abgeblasen oder was?«, fragte Courtney.
»Nicht direkt.« Er fuhr Richtung Südtor, immer darauf bedacht, eine unauffällige Geschwindigkeit beizubehalten. Das schwarze Transportfahrzeug war mit Sicherheit nicht in Eile. Es war, dem Blick von der Anhöhe hinter der Plaza nach zu urteilen, nicht mehr als einen halben Kilometer weitergekrochen, seit er es zuerst bemerkt hatte.
»Ja, und was is jetzt? Wir können doch nicht einfach wegfahren.«
»Streng genommen nicht, aber …«
»Streng genommen?«
»Darf ich mal einen einzigen Gedanken zu Ende bringen? Orte wie dieser werden aus Sicherheitsgründen ab und zu mal abgeriegelt, Court. Man will nicht, dass irgendwelche bösen Buben reinkommen. Und die Leute können dann nicht einfach kommen und gehen, weil es sonst schwierig wäre, das Ganze durchzusetzen. Grundsätzlich aber interessieren sie sich nicht die Bohne für uns. Wir wollen ja nichts anderes als nach Hause fahren, nicht wahr? Wenn wir also gegen die Regeln verstoßen, dann kriegen wir … na, was schon, eine Ermahnung?« Eher wohl eine Geldbuße und vermutlich sogar eine happige, aber er konnte Courtney nicht verraten, warum es das Risiko trotzdem wert war. »Die interessieren sich nicht für uns«, wiederholte er.
»Das Tor ist verschlossen, Dummchen.«
»Bald nicht mehr.«
»Wer sagt das?«
»Ich.«
»Und woher weißt du das?«
»Ich bin übersinnlich begabt. Ich besitze die Fähigkeit der Prophezeiung.«
Es hatte sich bereits eine Menschenmenge versammelt. Bob fuhr von der Straße hinunter auf den gemähten Grünstreifen und parkte so nahe an der rechten Seite des Tors wie möglich. Er schaltete den Motor aus. Plötzlich konnte er den Wind durch die Lücken in der Karosserie pfeifen hören. Der Wind wurde kälter – winterkalt – und Courtney schlotterte demonstrativ. Sie hatte keine Wintersachen nach Blind Lake mitgebracht. Im Gegensatz zu Bob, und der wurde jetzt für seine Voraussicht
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