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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Richard.«
    »Ça va? Was ist das?« Odile zeigte auf den Axtstiel.
    »Ein Geschenk«, sagte Hollis. »Sie hat nur noch nicht den richtigen Empfänger gefunden. Ich muss unter die Dusche.«
    Sie ging nach oben.
    Die Blue-Ant-Figur stand immer noch da, wo sie sie hingestellt hatte, auf dem Sims, allzeit aktionsbereit.
    Sie zog sich aus, suchte ihren Körper nach Pusteln ab, die zum Glück nicht da waren, und duschte lange und gründlich.
    Was Garreth und der Alte jetzt wohl machten, fragte sie sich. Was war aus Tito geworden, nachdem sie ihn abgesetzt hatten? Warum lief ihre Handtasche oder zumindest Bigends Scrambler zu Fuß durch die Straßen? Was war in ihrer derzeitigen Lage der Mongolische Todeswurm? Sie wusste es nicht.
    Hatte sie gerade mit angesehen, wie einhundert Millionen Dollar verstrahlt wurden, mit Patronen vom Kaliber 30, gefüllt mit Cäsium? Hatte sie, wenn Garreth die Wahrheit gesagt hatte. Warum sollte jemand so etwas tun? Sie seifte sich gerade zum dritten Mal ein, als es ihr klar wurde.
    Damit man das Geld nicht mehr waschen konnte. Das Cäsium würde bei keiner Wäsche der Welt wieder herausgehen.
    Sie war nicht einmal auf die Idee gekommen, ihn danach zu fragen, als er alles zusammenpackte, ehe sie das Atelier verließen. Im Grunde hatte sie ihn gar nichts gefragt. Aber sie hatte verstanden, dass er das, was er tat, auf jeden Fall tun musste – es tun und nicht darüber reden. Er war so unglaublich konzentriert gewesen, hatte alles mit dem Dosimeter untersucht und genau aufgepasst, dass ja nichts liegen blieb.
    Sie war sich hundertprozentig sicher, dass sie ihre Handtasche nicht dort oben vergessen hatte. Jemand musste sie aus dem Lieferwagen gestohlen haben, als sie die Segeltuchtasche zu den Müllmännern hinübertrug.
    Sie trocknete sich ab, zog sich an, sah nach, ob ihr Pass noch an Ort und Stelle war, und föhnte sich dann die Haare.
    Als sie wieder nach unten kam, saß Inchmale am einen Ende eines Sieben-Meter-Sofas, dessen Leder fast die Farbe der Sitze in Bigends Maybach hatte, und las seine SMS. Heidi und Odile schienen einen halben Häuserblock polierten Betons entfernt zu stehen und genossen die Aussicht, Dunkelheit und Lichter, wie Figuren in einer Architekturzeichnung, die den Maßstab verdeutlichen sollen.
    »Dein Bigend«, sagte Inchmale und sah vom Handy zu ihr hoch.
    »Er ist nicht mein Bigend. Er wird allerdings dein Bigend sein, wenn du ihm die Rechte an ›Hard To Be One‹ für eine Autowerbung verkaufst.«
    »Das kann ich sowieso nicht tun.«
    »Aus Gründen der künstlerischen Integrität?«
    »Weil wir alle drei einverstanden sein müssten. Du, ich, Heidi. Die Rechte gehören uns zusammen, du erinnerst dich?«
    »Ich würde sagen, du entscheidest.« Sie setzte sich neben ihn aufs Sofa.
    »Und warum das?«
    »Weil du noch im Geschäft bist. Du hast noch was zu verlieren.«
    »Er will, dass du es schreibst.«
    »Was schreiben?«
    »Den neuen Text.«
    »Damit dann ein Auto-Jingle daraus wird?«
    »Ein Ohrwurm. Die Hymne des postmodernen Branding.«
    »›Hard To Be One‹? Ehrlich?«
    »Er schickt mir jede halbe Stunde eine SMS. Will Nägel mit Köpfen machen. Er ist die Sorte Mensch, die mir total auf den Sack geht. Wortwörtlich.«
    Sie sah ihn an. »Wo ist der Mongolische Todeswurm?«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich weiß momentan nicht, wovor ich am meisten Angst haben soll. Weißt du es? Früher hast du mir immer vom Todeswurm erzählt, wenn wir auf Tour waren. Dass er so tödlich ist, dass es praktisch keine Beschreibungen von ihm gibt.«
    »Ja«, sagte Inchmale. »Er kann Gift spucken oder Blitze.« Er lächelte. »Oder Götterblut«, sagte er.
    »Und versteckt sich in den Dünen, den mongolischen.«
    »Genau.«
    »Den habe ich adoptiert. Als eine Art Maskottchen für meine Ängste. Ich habe ihn mir immer knallrot vorgestellt …«
    »Sie sind knallrot« sagte Inchmale. »Scharlachrot. Ohne Augen. So dick wie ein Kinderbein.«
    »Jedenfalls gebe ich jeder großen Angst, mit der ich nicht so recht fertig werde, seine Gestalt. Vor ein oder zwei Tagen, in L.A., war es die Vorstellung von Bigend und seinem Magazin, das irgendwie gar nicht existiert, dieser Grad von Verrücktheit, in den er sich hineinmanövriert hat und mich gleich mit und von dem ich dir noch nicht mal erzählen kann. Das kam mir alles vor wie der Todeswurm. Da draußen in den Dünen.«
    Er sah sie an. »Es ist schön, dich zu sehen.«
    »Ich freue mich auch, dich zu sehen, Reg. Aber verwirrt bin ich

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