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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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für jedes seiner Projekte zu finden. Er ist ein äußerst pragmatischer Mikromanager geblieben, trotz des beachtlichen Wachstums seiner Firma in den letzten fünf Jahren.
    Das Handy in Hollis' Tasche, die noch auf dem Tisch stand, klingelte. Wenn sie das PowerBook bewegte, würde sie die WLAN-Verbindung von gegenüber verlieren, obwohl diese Seite natürlich im Cache bleiben würde. Sie ging zum Tisch hinüber, stellte den Laptop dort ab und wühlte in ihrer Tasche nach dem Handy. »Hallo?«
    »Hubertus Bigend für Hollis Henry.«
    Es klang, als hätte ihr Handy gerade eine Art von Firmenupgrade erhalten. Hollis erstarrte, gepackt von einer Urangst, er hätte sie dabei erwischt, wie sie ihn googelte und seinen Wikipedia-Eintrag las.
    »Mr. Bigend« sagte sie und verzichtete darauf, eine frankobelgische Aussprache zu versuchen.
    »Miss Henry. Ich glaube, wir können uns das Vorstellen sparen, oder? Sie haben wahrscheinlich keine Ahnung, warum ich anrufe. Der Node- Launch ist eines meiner Projekte.«
    »Ich habe gerade Ihren Namen gegoogelt.« Hollis riss den Mund weit auf, und noch weiter, zu einem lautlosen Schrei. Inchmale hatte ihr das einmal zum Spannungsabbau empfohlen.
    »Dann haben Sie die Nase ja vorn. Genau das, was wir von einer Journalistin wollen. Ich habe gerade mit Rausch in London gesprochen.«
    Wenn Rausch in London ist, wo steckst dann du, fragte sich Hollis. »Wo sind Sie?«
    »In der Lobby Ihres Hotels. Darf ich Sie auf einen Drink einladen? «

16. BEKANNTE FLUCHTWEGE
    Milgrim trank in einer Bäckerei an der Bleecker Street seinen Frühstückskaffee und las dabei die New York Times. Brown führte unterdessen eine Reihe leiser, aber extrem angespannter Unterhaltungen mit irgendwelchen Leuten, die dafür zuständig waren, die bekannten Fluchtwege des IF zu überwachen, wenn dieser zu Hause schlief – oder was immer er tat, wenn er zu Hause war. »Bekannte Fluchtwege« klang, als ob die Nachbarschaft des IF von zahlreichen gaslampenerleuchteten Tunneln zum Opiumschmuggeln und der einen oder anderen unterirdischen Raucherhöhle durchzogen wäre – eine Möglichkeit, die Milgrim ansprechend, aber doch etwas unwahrscheinlich fand.
    Die Personen am anderen Ende der Leitung hatten auf jeden Fall keinen besonders guten Morgen. Der IF hatte mit einem anderen Mann sein Gebäude verlassen und sie waren zur Subwaystation Canal Street gegangen und darin verschwunden. Aus anderen Telefongesprächen von Brown wusste Milgrim, dass der IF und seine Familie gerne verschwanden, und am liebsten in der Subway. Er stellte sich vor, sie besäßen die Schlüssel zu einem von den Bahntunneln ausgehenden, porösen System, einem Weg in die Ritzen, Löcher und Räume zwischen den Dingen.
    Milgrim selbst verbrachte den besten Morgen seit langem, obwohl er von Brown wachgerüttelt worden war, um Volapuk zu übersetzen. Danach war er in einen Traum gesunken, an den er sich nicht erinnern konnte, kein angenehmer jedenfalls, irgendwas mit blauem Licht, das aus seiner Haut oder von darunter kam. Aber es war doch sehr angenehm, so früh am Morgen hier im Village zu sitzen, mit Kaffee und einem Gebäck vor sich, und in der Times zu schmökern, die jemand liegen gelassen hatte.
    Brown mochte die New York Times nicht. Brown mochte überhaupt keine Nachrichtenmedien, soweit Milgrim verstanden hatte, weil die Nachrichten darin nicht aus zuverlässigen Quellen, sprich: Regierungskreisen, stammten. Und das konnten sie auch gar nicht unter den gegenwärtigen Bedingungen des Kriegs, wie alle echten Nachrichten, Nachrichten von strategischer Bedeutung, per definitionem kostbar waren und nicht an die Normalbürger der Nation vergeudet werden durften.
    Milgrim tat den Teufel, mit Brown darüber zu diskutieren. Selbst wenn Brown erklärt hätte, die Königin von England sei ein seine Gestalt ständig veränderndes, außerirdisches Reptil, das am liebsten kleine Kinder frisst, hätte er nicht widersprochen.
    Aber mitten in der Lektüre eines dreiseitigen Artikels über die nationale Sicherheitsbehörde NSA und Data-Mining fiel Milgrim etwas ein. »Sag mal«, redete er Brown an, der gerade einen Anruf beendet hatte und sein Handy ansah, als wollte er es foltern, »diese NSA-Data-Mining-Geschichte …«
    Und schon hing es zwischen ihnen, irgendwo über dem Tisch. Er war es nicht gewohnt, ein Gespräch mit Brown anzufangen, und das aus gutem Grund. Brown hob den Blick von seinem Telefon zu Milgrim, seine Miene unverändert.
    »Ich habe gerade

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