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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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sonderbar aus, so monolithisch kahl und unwirklich, dass es Milgrim jetzt so vorkam, als wären sie in jeder Fotografie mit Photoshop eingefügt worden.
    Unter dem Kalender stand auf einem zehn Zentimeter breiten Bord, das von einer horizontalen Wandstrebe in der Kabine gebildet wurde, eine nackte Blechdose mit leichten Rostflecken an den Außenseiten. Milgrim beugte sich nach vorn und musterte den Inhalt: eine dünne Schicht aus Schrauben und Muttern, zwei Flaschendeckel, Büroklammern und Reißzwecken, einige undefinierbare Metallteile, kleine tote Insekten. Alle oxidierbaren Teile waren leicht, aber gleichmäßig von Rost überzogen.
    Er lehnte sich gegen den Spülkasten und klappte das Handy auf. Spanische Vor- und Nachnamen im Telefonbuch, durchsetzt mit Mädchenvornamen, die größtenteils nicht spanisch waren.
    Aus dem Gedächtnis tippte er Fishs Nummer ein, schloss die Augen und drückte auf die Wähltaste.
    Fish, der mit vollem Namen Fisher hieß, ging vor dem dritten Klingeln dran. »Hallo?«
    »Fish. Hi.«
    »Wer ist da?«
    »Milgrim.«
    »Hey.« Fish klang erstaunt, ihn zu hören, aber damit hatte Milgrim gerechnet.
    Fish war ebenfalls benzoabhängig. Ansonsten war ihre größte Gemeinsamkeit Dennis Birdwell, Milgrims Dealer. Ehemaliger Dealer, korrigierte Milgrim sich. Milgrim und Fish waren längst über Drogen auf Rezept hinaus und keiner von beiden würde im Rahmen des in New York üblichen Verschreibungssystems mit Dreifach-Formular noch einmal irgendetwas bekommen. Fish verfügte zwar über Ressourcen in New Jersey (ein ›Dealer in Weiß‹, nahm Milgrim an), aber wie er selbst war er doch hauptsächlich von Birdwell abhängig. Wie er selbst früher, da er ja Birdwell nicht mehr in Anspruch nehmen konnte. »Wie geht's dir, Milgrim?«
    Bedeutete: Hast du was abzugeben? »Geht so«, meinte Milgrim.
    »Oh«, sagte Fish. Er war immer knapp. Er machte irgendwas mit Computeranimation und hatte eine Freundin und ein Baby.
    »Hast du Dennis gesehen, Fish?«
    »Mhm, ja. Hab ihn gesehen.«
    »Wie geht's ihm?«
    »Gut. Na ja, er ist sauer auf dich. Hat er zumindest gesagt.«
    »Hat er gesagt warum?«
    »Er hat gesagt, er hätte dir Geld für eine bestimmte Sache gegeben und es hätte nicht hingehauen.«
    Milgrim seufzte. »Das stimmt, aber ich hab ihn nicht im Stich gelassen. Der Typ, den ich beauftragt hatte, du weißt schon …«
    Im Hintergrund begann ein Baby zu weinen. »Ja. Aber ich glaube nicht, dass du mit Dennis irgendwelche Spielchen treiben solltest zurzeit. Nicht auf diese Art jedenfalls.« Fish wirkte betreten, nicht nur wegen des schreienden Babys.
    »Wie meinst du das?«
    »Nun ja«, meinte Fish, »du weißt schon. Sein anderes Zeug.« Dennis' anderes Zeug war Crystal-Meth, zunehmend seine Hauptware, und etwas, wofür weder Milgrim noch Fish Verwendung hatten. Aber es ließ bei Dennis' anderen Kunden ein Bedürfnis für stark beruhigende Nebensubstanzen entstehen und so interessierte sich Dennis auch für Benzos, die sie beide brauchten, um ruhig und klar zu sein. »Ich glaube, er raucht es neuerdings«, sagte Fish. »Du weißt schon. Immer mehr.«
    Milgrim hob die Augenbrauen in Richtung des Twin-Tower-Fotos. »Tut mir Leid, das zu hören.«
    »Du weißt ja, wie sie werden.«
    »Wie meinst du das?«
    »Paranoid«, sagte Fish. »Gewalttätig.«
    Dennis war früher Student an der NYU gewesen. Milgrim onnte ihn sich gut wütend vorstellen, aber gewalttätig kostete einige Mühe. »Er sammelt Star-Wars-Memorabilien«, sagte Milgrim. »Sitzt die ganze Nacht da und sucht in Ebay danach.«
    Eine Pause entstand. Fishs Baby verstummte genau im selben Moment, was gespenstisch wirkte. »Er sagte, er würde ein paar Schwarze aus Brooklyn anheuern.« Das Baby begann wieder zu schreien, diesmal noch lauter.
    »Shit«, sagte Milgrim, ebenso sehr zu der rostigen Büchse wie zu Fish. »Tust du mir einen Gefallen?«
    »Was?«
    »Erzähl ihm nicht, dass du von mir gehört hast.«
    »Geht klar«, antwortete Fish.
    »Wenn ich was übrig habe, ruf ich dich an«, log Milgrim und drückte die Taste zum Auflegen.
    Als er wieder vorne war, half er der unglücklichen Puertoricanerin, das rote Sofa vorzuschieben, damit sie darunter sehen konnte. Während sie das tat, schob er ihr Handy unter eine zerfledderte In Touch mit Jennifer Aniston auf dem Cover.
    Als sie es fand, lehnte er gerade an einem Trockner und las von Wilhelm dem Goldschmied.

20. TULPA
    War das ein Infusionsständer, was die Frau im Rollstuhl im

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