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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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sehr kurz geschnitten, drehte sich der andere, der ungefähr dreißig war, um und stellte den Schuh ins Verkaufsregal zurück. »Sechzehnhun-dert«, sagte er mit einem ungewöhnlich warmen Akzent in seinem Englisch. »Nicht heute.« Er lächelte mit weißen, aber schlecht stehenden Zähnen. »Kennst du den Union Square?«
    »Ja.«
    »Am Nordende des Parks, Seventeenth Street, der Gemüsemarkt. Punkt eins, du darfst nicht vorher auftauchen. Wenn du es tust, wird er nicht kommen. Wenn du auf zehn Schritte herangekommen bist und nichts ist passiert, nimm die Beine in die Hand und lauf. Sie werden denken, du hättest sie gesehen. Einige von ihnen werden versuchen, ihn zu fassen. Andere werden versuchen, dich zu fassen. Du musst ihnen entwischen, aber das hier dabei verlieren.« Er ließ den weißen iPod in seinem Ziploc-Beutel in die Seitentasche von Titos Jacke fallen. »Lauf zum W , dem Hotel an der Ecke Park/Seventeenth. Kennst du es?«
    Tito nickte und erinnerte sich, dass er sich über den Namen gewundert hatte, als er einmal dort vorbeiging.
    »Der Haupteingang ist auf der Park, ein Stück von der Straßenecke entfernt. Nicht die Drehtür an der Ecke, das ist das Hotelrestaurant. Aber dort musst du in Wirklichkeit hin, ins Restaurant. Am Portier vorbei, aber dann nach rechts. Nicht die Treppen hinauf in die Lobby. Nicht in die Lobby, verstanden?«
    »Ja.«
    »Durch die Tür hinein, dann rechts, und du läufst wieder nach Süden. Wenn du zur Drehtür an der Ecke des Gebäudes kommst, links. Ins Restaurant, gerade durch, in die Küche, und dann der Ausgang auf die Eighteenth. Grüner Lieferwagen mit silberner Aufschrift, an der Südseite der Eighteenth. Ich werde dort sein.« Er drehte seinen Kopf, als musterte er die ausgestellten Schuhe, von denen Tito die meisten ziemlich hässlich fand. »Sie haben Funkgeräte, die Männer, die versuchen werden, dich zu fassen, und Handys, aber das alles wird gestört werden, sobald du auf dem Weg bist.«
    Tito tat so, als betrachte er einen halbhohen schwarzen Stiefel mit Seitenreißverschluss, berührte die Stiefelkappe mitseinem Finger, nickte unverbindlich und drehte sich um zumGehen.
    Oshosi wusste, dass der weiße Detektiv in dem beigen Jacket sie beobachtet hatte.
    Die Tür des Mattglasaufzugs glitt zur Seite. Brotherman kam heraus, sein hochstehendes Haar mit Kupfersträhnen durchzogen, glasige Augen, unsteter Gang. Der weiße Detektiv vergaß augenblicklich Tito, der seinerseits den Aufzug betrat und den Knopf für die Sechs-Meter-Fahrt zum Erdgeschoss drückte. Als die Tür zuging, sah Tito den Mann, den die Guerreros erkannt hatten, grinsend beobachten, wie der Detektiv zu Brotherman trat, der sich plötzlich stocknüchtern und würdevoll geben und sich entschieden aber doch höflich dagegen wehren würde, von einem Ladendetektiv behelligt zu werden.

36. HUT, STOCK, SCHIRM, GEBETBUCH
    Als Milgrim sich fertig rasiert und angezogen hatte, hielt Brown im angrenzenden Zimmer gerade ein Meeting ab. Milgrim hatte noch keinen einzigen Besucher bei Brown gesehen und jetzt hatte er gleich drei, alles Männer. Sie waren wenige Minuten nach Browns Telefonat eingetroffen. Milgrim hatte einen kurzen Eindruck von ihnen erhascht, als sie nacheinander in Browns Zimmer marschiert waren. Von dem wenigen, was er gesehen hatte, wusste er, dass sie weiß waren und konventionell gekleidet, aber das war es auch schon. Er fragte sich, ob sie ebenfalls im Hotel wohnten, besonders da zwei von ihnen hemdsärmelig waren und weder Jacken noch Mäntel dabeihatten.
    Er konnte sie jetzt sprechen hören, schnelle Wortwechsel, deren Wortlaut er nicht verstand. Brown gab einige entschiedene Äußerungen von sich, Jas und Neins, und unterbrach immer wieder, wahrscheinlich um Änderungen in den strategischen Anweisungen zu verkünden.
    Milgrim nutzte die Gelegenheit, um zu packen, und sich, nach Abwägung der Sachlage, noch ein Rize einzuwerfen. Das Packen bestand darin, sein Buch in seine Manteltasche zu schieben und sich um seine Waschsachen zu kümmern. Er spülte die Klinge seines blauen Plastikrasierers ab und trocknete sie. Mit einem Stück Toilettenpapier reinigte er Gewinde und Deckel seiner kleinen Tube Crest-Zahnpasta, dann schraubte er den Deckel auf und rollte die Tube sorgfältig so kurz wie möglich auf, so dass sie wieder zufriedenstellend prall aussah. Er spülte seine weiße Zahnbürste ab, trocknete die Borsten mit einem Stück Toilettenpapier und wickelte sie dann lose in ein anderes.

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