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Tactical-Nylon-Jacke hinweg.
Milgrim stand auf, massierte seine verspannten Oberschenkel, entdeckte, dass der Reißverschluss an seiner Hose offen stand, schloss ihn, rieb sich die Augen und schluckte sein Morgen-Rize ohne Wasser. Er genoss diesen Augenblick, vor allem weil er wusste, dass Brown ihn nicht stören würde. Er sah auf Browns Blackberry auf dem Nachttisch, neben der Volapuk-Übersetzung.
Der Traum kam zurück. Diese Galgendinger. Die gab esdoch bei Hieronymus Bosch, oder? Folterinstrumente, Vorrichtungen für riesige körperlose Organe?
Mit dem Blackberry und dem Blatt Briefpapier ging er zur Verbindungstür, die wie gewöhnlich offen stand. »Union Square«, sagte er.
»Wann?«
Milgrim lächelte. »Eins. Heute.«
Brown stand jetzt vor ihm und nahm ihm Blackberry und Papier ab. »Das ist es? Das ist alles, was drinstand?«
»Ja«, sagte Milgrim. »Muss ich zurück in die Wäscherei?«
Brown sah ihn scharf an. Milgrim stellte solche Fragen sonst nicht. Er hatte gelernt, es nicht zu tun. »Du kommst mit mir«, sagte Brown. »Vielleicht brauche ich dich ja vor Ort zum Dolmetschen.«
»Glaubst du, sie sprechen Volapuk?«
»Sie sprechen Russisch«, sagte Brown. »Kuba-Chinesen. Der alte Mann spricht es auch.« Er wandte sich ab. Milgrim ging in sein Badezimmer und drehte das kalte Wasser auf. Das Rize war nicht so richtig hinuntergeflutscht. Er betrachtete sich im Spiegel: Ein neuer Haarschnitt war fällig.
Als er sein Glas Wasser trank, fragte er sich, wann er aufgehört hatte, sein eigenes Gesicht im Spiegel zu betrachten, außer bei den grundlegendsten Verrichtungen der Körperpflege. Er erkannte sich nie in Spiegeln. Und hatte deswegen irgendwann beschlossen, nicht mehr hineinzusehen.
Er konnte Brown am Telefon hören, angeregt erteilte er Anweisungen. Milgrim hielt seine Handgelenke unter den kalten Wasserstrahl aus dem Hahn, bis sie fast schmerzten. Dann drehte er das Wasser ab und trocknete seine Hände mit einem Handtuch. Er presste sein Gesicht ins Handtuch und stellte sich andere Leute vor, Fremde, deren Gesichter es ebenfalls berührt hatten.
»Ich will nicht mehr, ich will weniger Leute und ich will bessere«, hörte er Brown sagen. »Krieg es in deinen Kopf, dass diese Typen hier nicht deine Wüstenaffen sind. Du bist jetzt nicht dort. Das sind Profis, die haben ihr Handwerk von der Pike auf gelernt. Du hast ihn verdammt noch mal verloren, als er in der Canal Street in die Subway gegangen ist. Du wirst nicht wissen wollen, was passiert, wenn du ihn am Union Square verlierst. Hörst du? Du wirst es nicht wissen wollen!«
Wahrscheinlich will ich es auch nicht wissen, dachte Milgrim, zumindest nicht in diesem Sinne, aber das alles war sehr interessant. Kuba-Chinesen, die Russisch sprachen, IFs waren und SMS in Volapuk austauschten? Wer lebte in fensterlosen Mini-Lofts am Rand von Chinatown, trug APC-Klamotten und spielte Keyboard? Welche Typen waren keine Wüstenaffen, weil hier nicht dort war?
Wenn er ins Grübeln geriet und nicht in der Stimmung war, einfach seine Pillen wirken zu lassen, rasierte Milgrim sich gerne, sofern alles Nötige bei der Hand war wie jetzt. Er drehte das warme Wasser auf.
Profis. Handwerk von der Pike auf gelernt.
Der alte Mann. Das war das Objekt.
Er schlang das Handtuch um seinen Nacken und warf einen Waschlappen in das heiße Wasser, das jetzt das Waschbecken füllte.
34. GESPENSTERLAND
»Ezeiza«, sagte er.
»Was ist das?«
»Der Flughafen. Internationales Terminal B.«
Sie hatte ihn auf seinem Handy in Buenos Aires erwischt, nachdem sie ihres für Anrufe ins Ausland aktiviert hatte, ohne eine Ahnung zu haben, was das kostete.
»Und du kommst übermorgen hier an?«
»Überübermorgen. Es ist ein langer Flug nach New York, aber man fliegt eigentlich immer nach Norden; komisch, dass man so weit reist, ohne die Zeitzone zu wechseln. Ich werde mit einem Freund zu Mittag essen, dann dort Abend essen mit jemandem vom Label der Bollards. Und am Morgen danach fliege ich dann in deine Richtung.«
»Ich glaube, ich bin da in eine komische Sache hineingeraten, Reg, mit diesem Node -Auftrag.«
»Was haben wir dir gesagt? Meine Liebste weiß ziemlich genau über diesen Knaben Bescheid. Sie redet immer schlechter von ihm, seitdem du seinen Namen erwähnt hast. Heute Morgen war sie schon bei ›unsauber‹. Oder ist das nicht mehr aktuell?«
»Ich fand ihn ehrlich gesagt persönlich nicht so abstoßend, bis auf seinen Geschmack bei Autos, aber ich mag das
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