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Milgrim.
»Also keine Handschellen.«
Milgrim sagte nichts.
»Ich werde diese Handschellen heute brauchen«, meinte
Brown und lächelte. Milgrim konnte sich nicht erinnern, ihn schon einmal lächeln gesehen zu haben. »Und du wirst das Zeug in dieser Tasche brauchen, oder?«
»Ja«, pflichtete Milgrim ihm bei, da er bereits zu demselben Schluss gekommen war, nur ein paar Minuten früher.
»Wenn ich wieder zum Auto komme und finde deinen Arsch nicht darin, mach ich dich fertig.«
Milgrim fragte sich, was nach Browns Ansicht für ihn in dieser Situation die größere Scheiße wäre. Auf Benzo-Entzug und obdach- und mittellos in den Straßen von Manhattan unterwegs zu sein, würde von Milgrim eindeutig die höhere Punktzahl bekommen und vielleicht wusste Brown das ja. »Ich habe verstanden«, antwortete er und versuchte einen Ton zu treffen, der zu Browns Ton passte, ihn aber nicht aufbringen würde. Er hatte das leise Gefühl, dass Browns »fertig« tot bedeutete, und es war ein eigenartigeres Gefühl, als er erwartet hätte.
»Verstanden«, antwortete Brown den Stimmen in seinem Ohr. »Verstanden.«
37. FREERUNNER
Die Guerreros nahmen ihn mit den Broadway hinauf, im Sonnenlicht. Damit hatte er nicht gerechnet: Er hatte erwartet, mit der Subway zum Union Square zu gelangen und dann dort bis zur Zeit des Treffens ein paar Runden zu drehen. Aber nein. So ging er mit ihnen, gerade so, wie sie ihn führten. Und bald war er einfach ein Mann, der ging, die Orishas verteilt in einer scheinbar normalen Aufmerksamkeit, unsichtbar wie Tropfen von Tinte in einer großen Menge Wasser, sein Puls gleichmäßig. Er genoss den Schein der Sonne auf den floralen Gusseisenstrukturen, die viele dieser alten Gebäude stützten. Obwohl er nicht direkt darüber nachdenken wollte, wusste er doch, dass er einen noch höheren Grad der Bereitschaft erlangt hatte.
Ein Teil von ihm war bestürzt bei dem Gedanken, dass er diese Stadt sehr wahrscheinlich bald verlassen würde, vielleicht vor Sonnenuntergang. Es schien unmöglich, irgendwie, aber sicher war es einst auch unmöglich erschienen, dass er Havanna verlassen würde. Er konnte sich nicht erinnern, dass es so war, obwohl er Kuba genauso kurzfristig verlassen musste und nichts mitnehmen konnte als die Kleider, die er trug, als seine Mutter ihn aus einem Restaurant abholte. Er hatte damals gerade ein Schinkensandwich gegessen. Noch immer erinnerte er sich an den Geschmack des Brotes, einer Art viereckigem Brötchen, das ein Teil seiner Kindheit gewesen war. Wo würde er sein, morgen?
Er überquerte die Houston Street. Tauben flatterten vom Fußgängerüberweg auf.
Im Sommer zuvor hatte er auf dem Washington Square zwei NYU-Studenten kennengelernt. Sie waren Freerunner, Anhänger einer Technik, die Systema entfernt ähnelte, und praktizierten auch etwas, das sie Tricking nannten. Sie waren schwarz und hatten angenommen, er sei Dominikaner, obwohl sie ihn »China« genannt hatten. Während er weiter Richtung Norden ging, fragte er sich, ob die Sonne heute sie zum Washington Square locken würde. Er hatte ihre Gesellschaft genossen, das gegenseitige Vorführen einfacherer Techniken. Er lernte Rückwärtssalti und andere Tricks, die sie praktizierten, und verleibte sie seinem Systema ein, lehnte aber ab, mit ihnen Freerunning zu betreiben, das ihnen bereits Anklagen wegen Ordnungswidrigkeiten wie unbefugtem Betreten oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eingebracht hatte. Er hätte sich gefreut, sie wiederzusehen.
Er überquerte die Bleecker, dann die Great Jones Street, deren Namensgeber er sich immer als einen Riesen vorstellte, eine Kreatur aus Zeiten der Gusseisenfassadenbauten, mit einer Melone auf dem Kopf, die Schultern auf Höhe der Fenster im ersten Stock. Ursprünglich eine geistige Ausgeburt von Alejandro, aus den Zeiten seiner Lehre bei Juana. Er erinnerte sich, wie Alejandro ihn zu Strand Books nicht weit von hier geschickt hatte, einer Buchhandlung mit Antiquariat, damit er spezielle Buchtitel erwarb, die in bestimmten Jahren und bestimmten Ländern gedruckt waren. Nur wegen der leeren Buchseiten am Ende, Seiten, die Tito als nicht geschriebene Geschichten ansah und die von Alejandro mit aufwendig konstruierten Identitäten gefüllt werden sollten.
Er ging weiter, ohne sich ein einziges Mal umzusehen, und war sich sicher, dass ihm niemand außer Verwandten folgte. Wäre es anders gewesen, hätte ihn das eine oder andere Familienmitglied aus dem Team gewarnt,
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