Quelle des Unheils
einen Platten beschert. Niemand ist zu Schaden gekommen. Und überhaupt: Ich gehe jetzt und spüle den Gestank von Tomaten und Knoblauch von meinem Körper. Danach befördere ich Euch zum Dom der Gerechtigkeit. Ruht Euch einen Augenblick aus«, schlug Ileana vor. Als sie an ihm vorbei ins Haus ging, strich sie mit der Hand leicht über seine flaumigen Haare.
Karsh lächelte überrascht. Die sorglose junge Hexe, für deren Sicherheit er verantwortlich war, hatte ihn berührt - nicht nur mit ihrer Hand, sondern auch - trotz all ihrer Aufmüpfigkeit -mit ihrem Herzen.
Ihre milde Geste erfreute ihn. Er schloss die Augen, nur für einen kurzen Augenblick - und wurde bald darauf jäh aus dem Schlaf gerissen, als Ileana ausrief: »Endstation!« Sie öffnete die Arme und ließ ihn langsam auf den mit einer dünnen Eisschicht bedeckten Platz vor dem Dom der Gerechtigkeit hinabgleiten.
Karsh landete aufrecht auf seinen dürren Beinen. Dafür hatte Ileana gesorgt. Sie hatte auch sichergestellt, dass Lady Rhianna und ihr Stellvertreter, Lord Griweniss, ihrer beider Ankunft mitbekamen - und ihre, Ileanas, Fähigkeiten zur Kenntnis nahmen.
Nicht viele Hexen und Zauberer in ihrem Alter beherrschten die Kunst des Schwebens, vom Fliegen ganz -m schweigen. Doch Karsh hatte Ileana ermutigt, ihre Schwingen früher zu erproben als die meisten anderen. Natürlich waren Ileanas Flügel nicht so protzig und eindrucksvoll wie die von Lady Rhianna -eher entzückend und geschmackvoll, denn sie waren mit feinem Gold bestäubt.
Die beiden Erleuchteten warteten schon vor dem purpurrot-und goldfarbenen Dom. Griweniss, mit seinem dünnen Spitzbart und den flaschendicken Brillengläsern, humpelte auf Ileana zu und klatschte Beifall. »Eine bemerkenswerte Landung für ein so junges Wesen, noch dazu bei solch stürmischem Wetter«, beglückwünschte er sie.
Die schöne Hexe lächelte den alten Mann an. »Es freut mich, dass Ihr daran Gefallen gefunden habt«, erwiderte sie mit einer Stimme so voller Süße, dass ihm die Röte ins Gesicht stieg. »Es ist mein Wunsch, eine der Mächtigen zu werden, mein Lord, weise und geschickt wie Ihr es seid.«
Lady Rhianna warf einen zweifelnden Blick auf Karsh und räusperte sich dann vernehmlich. »Nun, können wir dann mal ?«, fragte sie und deutete auf das Gebäude.
»Selbstverständlich«, stimmte Griweniss ihr zu und bot der jungen Hexe galant seinen Arm.
Ileana musste sich schwer zusammenreißen, um Karsh und seiner altmodischen Freundin Rhianna nicht die Zunge herauszustrecken, als sie mit Griwiness an ihnen vorbeiglitt. »Ich habe Euch hierher einberufen, um herauszufinden, aus welchem Grund unschuldige Menschen in Massachusetts in Gefahr gebracht wurden«, begann Rhianna, nachdem alle in ihren Räumen Platz genommen hatten. »Bin ich recht informiert, dass es sich um Freunde von Apolla und Artemis handelte ?«
Ileana grinste Karsh ausgelassen an.
»Sie heißen jetzt Camryn und Alexandra«, teilte Karsh der Vorsitzenden der Ratsversammlung behutsam mit. »Danke«, erwiderte sie kurz. »Doch nun will ich, dass Ihr mir von dieser Sache mit dem Auto erzählt. Wessen tolle Idee war das denn ?«
»Meine«, gestand Ileana geradeheraus. »Ihr selbst und der Rat gabt mir Anweisungen, dass ich mehr Verantwortung für die Zwillinge übernehmen, mich stärker in ihrem Leben engagieren sollte ...«
»Erleuchtete«, unterbrach Karsh hastig. »Ileana wählte zwar die Methode, doch der Auftrag kam von mir. Ich bin nur ein bejahrter Diener ...«
»Karsh, mein Lieber, es gibt keine Diener unter uns Lords und Ladys. Wir sind Wesen mit besonderen Talenten, die wir zum Wohle der gesamten Menschheit einsetzen.«
»Natürlich. Und genau in diesem Sinne, Rhianna, erlaubte ich Ileana allein nach Marble Bay zu gehen und die Zöglinge vor der drohenden Gefahr zu warnen. Ich bin schon sehr alt und sie ist jung und stark ...«
»Willensstark.«
»Habt Ihr denn nicht beobachtet, wie sie Lord Karsh in ihren Armen getragen hat?«, fragte Griweniss und lächelte Ileana verzückt an.
»Das habe ich in der Tat. Wie beabsichtigt. Doch weshalb«, erkundigte sich Rhianna und schob ihren mit Seide umhüllten Körper von ihrem Stuhl, »war es notwendig, etwas so Riskantes wie einen während der Fahrt platzenden Autoreifen herbeizuführen?«
»Der Besuch diente dem Zweck, die Mädchen davor zu warnen, dass Lord Thantos höchstwahrscheinlich jemanden entsenden wird, um sie zu sich zu locken. Jemanden, der so aussieht und sich
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