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Quelle des Unheils

Quelle des Unheils

Titel: Quelle des Unheils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
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Küche.
    »Was'n los?«, fragte er fröhlich. Doch nachdem er einen Blick auf die Szene geworfen hatte, schaltete er rasch um. Er ließ seinen Aktenkoffer einfach auf einen Stuhl fallen und rückte seine Nickelbrille zurecht - ein sicheres Zeichen, dass er sich nun voll auf die Sachlage konzentrierte. »Na gut. Was ist denn passiert?«, erkundigte er sich vorsichtig.
     
    Cam stieg übellaunig die Treppe hinauf. Ihr Vater hatte sie gebeten, auf Alex aufzupassen. »Die arme Alex«, hatte er sie genannt, nachdem Emily mit ihrer Standpauke fertig war und dann gemeinsam mit Dylan die Küche verlassen hatte. »Sie hat ein schlechtes Gewissen, Cami. Behalt sie einfach ein bisschen im Auge«, hatte er gesagt. »Das arme Mädchen, sie ist neu hier und sie hat so viel durchgemacht...«
    »Klar. Im Gegensatz zu mir, oder was?«, hatte Cam mürrisch erwidert. »Ich hab ja nur mal so nebenbei nach vierzehn Jahren herausgefunden, dass ich adoptiert bin und dass ich eine mir vollkommen unbekannte Zwillingsschwester habe!« Und das war nicht das Einzige, was sie durchgemacht hatte, doch das wollte sie nicht unbedingt mit David ausdiskutieren. Zum Beispiel, dass sie von Dingen wusste, bevor sie tatsächlich passierten.
    Und Dinge sah, die sonst keiner sah.
    Und sich wortlos mit Alex unterhalten konnte und manchmal auch selbst die allerleisesten Gedanken ihrer neu entdeckten, Schwierigkeiten magisch anziehenden Zwillingsschwester hören konnte.
    Und dass sie entdeckt hatte, ihre Augen als Brandstifter benutzen zu können. Dass sie damit sonnengleich andere »bezaubern« oder blenden oder mit einem schneidenden Lichtstrahl geradezu fesseln konnte.
    Ach ja, und dann war da noch die Tatsache, dass sie nie in ihrem Leben jemanden kennen gelernt hatte, der Augen besaß wie sie, solche beinah metallischen, schwarz umrandeten grauen Augen. Und auf einmal schien es, als sei da irgendwo ein Nest von Grauäugigen: Erst tauchte Alex auf und dann auch noch Ileana.
    Cam war verstimmt, genervt und hatte überhaupt keine Lust, die Rolle des »vernünftigen« Zwillings zu übernehmen, dem man es aufgedrückt hatte, sich um das widerspenstige Wild-West-Montana-Mädchen zu kümmern. Alex war doch sowieso alles egal, daran bestand kein Zweifel, dachte Cam, während sie die Tür zu ihrem gemeinsamen Zimmer öffnete und eintrat. Alle im Hause der Barnes waren durch die neue familiäre Situation total gestresst, nur Alexandra die Große saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und kramte in dem traurigen Häuflein Modeschmuck, das Doc Karsh für sie eingepackt hatte, bevor er sie hierher nach Marble Bay brachte. Und es konnte keine Rede davon sein, dass »die arme Alex« sich mit ihrem total schlechten Gewissen herumschlug, weil sie sowohl in der Schule als auch zu Hause Mist gebaut hatte. Oder weil sie Dylan mit reingerissen hatte - obschon Cam sich eingestehen musste, dass ihr Skateboard fahrendes, Ohrring tragendes, ehemals langhaariges und jetzt strähnig blau gefärbtes Brüderchen keine großartige Hilfestellung dabei benötigte, auch allein in irgendwelche Sachen reinzurasseln. »Danke, dass du so viel von mir hältst«, sagte Alex, ohne aufzublicken.
    »Wie bitte?«, fragte Cam kühl. »Ich kann wohl davon ausgehen, dass du mal wieder in meine Gedanken eingebrochen bist. Wie kommst du also darauf, dass ich noch was von dir halte ?«
    »Hach, was sind wir heute wieder frostig. Ich spielte auf deine geniale Erkenntnis an, dass dein Bruder sehr wohl auch ohne meinen professionellen Rat Mist bauen kann.«
    »Lass das«, sagte Cam. »Kümmer dich um deine eigenen Angelegenheiten und lass meine Gedanken in Ruhe, okay?«
    »Wenn das nur so einfach wäre.« Alex nahm ein blassrosa Kästchen aus dem Haufen von Kinkerlitzchen auf dem Bett. Sie öffnete es, spähte hinein und ließ es dann rasch wieder zuschnappen. »Ich kann nichts dafür, wenn ich weitaus mehr von deinen öden Ansichten mitkriege, als mir lieb ist.« Sie stand ruckartig auf, ging mitsamt dem seidenbespannten Schächtelchen ins Badezimmer und knallte die Tür hinter sich zu. In dem alten Kästchen war die Halskette, die laut Doc Karsh ihrer Mutter gehört hatte. Ohne das Licht anzumachen holte Alex das zarte Schmuckstück vorsichtig hervor und trug es zum Fenster hinüber. Traurig betrachtete sie das Mond-Amulett im spärlichen Glanz des schwindenden Tages. Im Schlafzimmer saß Cam und spielte derweil geistesabwesend mit ihrer eigenen Kette herum, mit dem Sonnenamulett. Sie lauschte angespannt

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