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Quelle des Unheils

Quelle des Unheils

Titel: Quelle des Unheils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
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sie gearbeitet hatte, feines Gold, gehämmert in die Form einer Sonne und eines Mondes. Denn es war vorhergesagt, dass ihre Geburt eine Brücke zwischen Tag und Nacht schlagen würde. Auch Miranda trug eine Kette, die Aron für sie angefertigt hatte. Ihr Amulett stellte einen vollkommenen Kreis dar, der von Sonne und Mond gebildet wurde. Es passte vollkommen zu den zwei gesegneten Schmuckstücken, die Aron für ihre Kinder erschaffen hatte und die, aneinander gelegt, ebenfalls ein vollkommenes Rund bildeten.
    Erschöpft schloss Miranda die Augen und im Bewusstsein um das zerbrechliche, warme Gewicht der Neugeborenen in ihren Armen und des Glücks und des Staunens Arons, sank sie langsam in den Schlaf.
    »Aron.« Es klopfte an der Tür des kleinen Hauses. »Ich muss mit Euch sprechen.«
    »Thantos?« Aron erhob sich lächelnd. »Tretet ein, Bruder. Kommt und betrachtet Eure Nichten ... Onkel Thantos«, fügte er mit leisem Lachen hinzu.
    »Ich bin nicht allein«, kam die schroffe Antwort von draußen. »Und meine Begleitung wäre in Eurem Hause nicht willkommen. Kommt also heraus, kommt zu uns.« Aron ging zum Fenster hinüber. Noch einen kurzen Moment zuvor war das Glas der Scheiben makellos klar gewesen, doch nun war es mit einem filigranen Netz von eisigem Frost überzogen. Er schüttelte den Kopf. Was ging hier vor? War das wieder einmal eine List von Thantos? Sein Bruder hatte sich in letzter Zeit an seltsamen Zauberkünsten versucht. Aron versuchte, durch die geschlossene Tür zu blicken. Wie er es ahnte, es war vergeblich. Er hatte die Beschwörungen aufgesagt, um das Haus gegen die Außenwelt abzuschirmen. Nicht einmal seine eigenen Sinne - sein Sehvermögen, sein Gehör-und sein Tastsinn konnten die Wände durchdringen. Er verspürte die stechenden Kopfschmerzen, die ihn immer befielen, wenn er seine Kräfte bis zum Äußersten anstrengte -und dennoch konnte er nichts als Thantos' finstere Umrisse vor dem Hause erkennen.
    Miranda zitterte. »Wartet, geht nicht«, rief sie im Schlaf. Aron bemerkte plötzlich einen bitterkalten Luftzug. Er hüllte sich in seinen wärmsten Umhang, den Miranda aus der Wolle ihrer Schafe gewebt hatte. Dann deckte er Miranda und die Kinder mit einer dicken Decke zu.
    Wiederum bewegte Miranda sich. Und Artemis streckte Aron kraftvoll eine winzige Faust entgegen. »Ich komme gleich wieder, meine Lieben«, versprach Aron und ging in Richtung Tür.
    Als er seine Hand auf die Klinke legte, erwachte Apolla und stieß einen Schrei aus. Unwillkürlich eilte Aron wieder zum Lager der drei. Er legte den Kindern die Amulette um, gab Miranda und jeder seiner Töchter einen Kuss und verließ sie. Nicht lange darauf betrat Karsh die Hütte. Er verwendete einen Schlüssel, den Lord Aron ihm anvertraut hatte. Gramgebeugt stieß Karsh beim Anblick der noch immer schlafenden Miranda einen verzweifelten Seufzer aus. Er trat näher. Etwas bewegte sich unter der Steppdecke, ein Wesen wand sich in der Beuge ihres Armes. Karsh sah, wie sich eine winzige Hand aus den dicken Stoffen hervorschob. Karsh eilte wieder zur Tür. »Kommt, junge Hexe. Eilt Euch. Miranda hat ihre Kinder bereits bekommen«, rief er. »Ich hab keine Lust, eine Hexe zu sein«, erwiderte eine junge Frau, sein Zögling. »Hexen sind hässlich und haben Warzen und scheußliche Haare ...«
    »Ihr lest zu viele von diesen Festland-Zeitschriften, Ileana«, schalt Karsh sie sanft. »Kommt, Kind, dies ist ein erhabener Anblick an solch einem finsteren Tag.«
    Ileana warf ihre langen, seidigen Haare zurück und betrat widerstrebend das Haus. Ihr schönes Gesicht war blass und angespannt. Tränen des Zorns standen in ihren grauen Augen -einer Farbe, wie auch Arons Augen sie gehabt hatten. In ihren Händen hielt sie einen prächtigen Umhang aus Schafswolle, den Umhang Lord Arons. Er war durchnässt und klebrig von Blut.
    Ileana, sechzehn Jahre alt, beinahe siebzehn, durchquerte leise den Raum. Karsh bemerkte, dass sie zitterte. Er wollte seinen Arm um sie legen, doch sie wich ihm aus. »Mir geht es wunderbar, alter Hexer. Ich brauche keinen Trost«, behauptete sie. Stolz wie der Vater, der sie im Stich gelassen hat, dachte Karsh.
    Und dennoch vergötterte er das Kind. Denn Ileana war zwar hochmütig, aber sie hatte auch einen unstillbaren Wissensdurst. Es gab nichts in dieser Inselwelt der Hexen und Magier -von der weiten Welt des Festlands ganz zu schweigen -, das sie nicht kennen lernen und nicht erfahren wollte. Sie war eine

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