Quelle des Unheils
hatte.
»Cade!«, erwiderte Alex. »Ich kenne ihn aus der Schule. Er hat sich mit mir verabredet! Wir treffen uns morgen ...« Emily stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich fürchte, daraus wird nichts«, sagte sie. »Jedenfalls nicht, bevor ich ihn kennen gelernt habe. Schließlich habe ich Verantwortung für ...«
»Oh nein! Ich fasse es nicht!«, wütete Alex. »Das ist doch abartig. Du hast kein Recht, mir zu verbieten, ihn morgen zu sehen. Ich bin nicht deine Tochter! Du hast überhaupt keine Tochter!«
»Reiß dich zusammen, Alex. Das ist nicht okay.« Es war Dylan. Er stand in der Tür zur Küche.
»Sie ist unfair. Wetten, dass Dave mich gehen lassen würde?«
»Das möchte ich bezweifeln«, sagte Emily leicht verzweifelt. »Dylan, wo ist deine Schwester? Würdest du sie wohl holen gehen ?«, bat sie, um vielleicht mit Cams Hilfe den Streit schlichten zu können.
Dylan trat in den Flur hinaus und sah Cam die Treppe hinunterstürmen. »Wo warst du denn ?«
»Im Netz«, erwiderte sie atemlos. »Wo ist Alex? Ich muss ihr was Wichtiges erzählen.«
»Das passt gerade gut«, sagte Dylan. »Sie ist da drin und liefert sich mit Mom ein Kämpfchen. Kein schöner Anblick.«
»Wir sollen wohl mit niemandem ausgehen, der kein barnesinternes Unbedenklichkeits-Zeugnis hat!«, brüllte Alex gerade, als Cam die Küche betrat.
»Alex, bitte, red nicht so mit meiner Mutter«, herrschte Cam sie an.
»Ach, jetzt ist sie also auf einmal doch deine Mom«, mischte Dylan sich ein. »Ich dachte, Alex' Mom sollte deine Mom sein, schon vergessen ? ...«
Cam warf Alex einen hilflosen Blick zu. Als, sagte sie im Stillen, sie ist nicht deine Mom.
»Das kannst du laut sagen«, schrie Alex. »Und das wird sie auch nie werden!«
Dave Barnes stieß mitten in die Auseinandersetzung. Seine dunklen Locken standen wild vom Kopf ab, wie sie es nur taten, wenn er sich nervös mit der Hand durch die Haare gefahren war. Mit einer ruckartigen Bewegung nahm er seine Brille ab und fragte: »Was geht hier vor sich?«
Emily wollte gerade antworten, aber Alex kam ihr zuvor. »Ich habe einen richtig netten Jungen kennen gelernt und Emily will mich nicht mit ihm ausgehen lassen. Ich meine, nicht mal am helllichten Tage.«
»Wer ist es denn?« Dave legte den Arm um seine Frau. »Handelt es sich um jemanden, den du schon länger kennst, Cam?«
»Er ist neu an der Schule«, mischte Dylan sich ein. »Ist irgendwie ein Einzelgänger ...«
»Dich habe ich nicht gefragt«, erwiderte sein Vater schroff, »'tschuldigung! Normale Kids interessieren wohl momentan nicht, oder was?«
Cam und Alex betrachteten Dylans durchgeknallte Klamotten, seine sackartige Hose, den überdimensionierten Anorak, die dicken, nicht zugeschnürten Basketballstiefel, die zwei Ringe, die er in einem Ohrläppchen trug, sein blau gesträhntes blondes Haar, das er mit einer Ladung Schaumfestiger in eine absonderliche Form gebracht hatte. Sie brachen in Gelächter aus. »Normaler Spinner.« Kochend vor Wut verließ Dylan den Raum.
»Irgendwie bin ich gar nicht überrascht, dass heute so was passiert ist«, überlegte Dave. Er gab Emily einen Kuss auf die Wange und bedeutete den Mädchen, das sie ihm folgen sollten. »Ich möchte, dass ihr jemanden kennen lernt. Emily hat sich völlig richtig verhalten. Es war seine Anregung, dass ihr in nächster Zeit sehr genau überdenken solltet, mit wem ihr euch trefft.«
Ein dünner Mann mit einem schwarzen Filzhut saß in dem Sessel neben Daves Schreibtisch. Er hatte der Tür den Rücken zugekehrt.
»Eure Lordschaft«, sagte Dave. Langsam wandte sein Klient sich um. Er hatte seinen Hut tief in die Stirn gezogen und dennoch hatte sein Gesicht etwas leuchtend Blasses an sich. Mit knochigen weißen Fingern nahm er den Hut ab. Cam schnappte unwillkürlich nach Luft und griff nach Alex' Hand.
Seine Haare waren schneeweiß, wirr und schütter. Stellenweise schimmerte seine blassrosa Kopfhaut hindurch, glänzend wie Seide.
»Sie ... Sie sind das Monster von der Tribüne«, sagte Cam.
»Cam«, schalt Dave.
Alex hauchte: »Doc.«
Er lächelte sie an und nickte.
»IEDZF, der alte Polizeibeamte«, stellte Cam fest.
»IEDZF?« Der alte Mann blickte fragend zu Dave hinüber.
»Ist es denn zu fassen«, übersetzte Alex. Dann stimmte sie Cam zu. »Der Partner dieser magischen Grauäugigen, stimmt's?«
»Nenn sie nicht magisch«, erwiderte der alte Mann mit seiner merkwürdig rauen Stimme. Er kicherte trocken. »Sie bevorzugt
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