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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Krahn
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aussehend, intelligent, ehrenhaft, anteilnehmend – er war ein guter Mann. Nein, nicht nur das – er war der beste. Und falls er ihr in die Augen blickte, wären ihre Gefühle für ihn darin offen ersichtlich.
    An diesem Nachmittag konnte sie sich kaum auf Hüte konzentrieren. In Gedanken war sie in dem zugigen Fabrikgebäude und bei Jack, der Stephens so großzügig seine Hilfe angeboten hatte, um die Probleme zu lösen. Hatte er das für sie oder für Stephens getan? Spielte es eine Rolle?
    Als eine Kutsche sie um vier Uhr abholen kam, saß er nicht darin, und kam auch später im Hotel weder zum Tee noch zum Abendessen. Sie fragte sich, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, dass er mit Stephens arbeite. Nachdem sie zwei Stunden lang an einem Brief an Carson und alle ihre Angestellten zu Hause gesessen hatte, in dem sie ihre Reise schildern wollte, beschloss sie, hinunter ins Foyer zu gehen und sich zur Ablenkung eine Zeitung zu kaufen.
    Im Foyer war es ruhig, wenn auch gelegentlich das Geräusch von Stimmen und Gelächter aus der Bar herüber klang. Während der Page ihre Pfundnote in Kleingeld wechselte, konnte sie sehen, dass beide Schlüssel zu Jacks Zimmer noch an ihren Haken an der Rezeption hingen. Er war offensichtlich noch nicht zurück. Sie sah auf die Uhr, die in der Hotelhalle hing – es war halb elf –, beschloss, im Foyer auf ihn zu warten und ging sich einen warmen Schal aus ihrem Zimmer holen. Sie hatte eine plausible Entschuldigung: Sie machte sich Sorgen um Stephens und wollte wissen, ob es ihm besser ginge.
    Gäste kamen und gingen. Die meisten waren in eleganter Abendkleidung, einige schon mehr als angetrunken. Erst eine volle Stunde später kam Jack mit seinem Jackett über einer Schulter, Weste und Krawatte in der Hand, durch die Türen des Hotels. Er blieb kurz vor dem Nachtportier stehen und zog Hut und Mantel aus. Seine Hemdsärmel waren aufgerollt und sein Haar völlig zerzaust. Sie stand auf, und der Gedanke durchfuhr sie, dass sie noch nie einen schöneren Mann gesehen hatte.
    Er blieb stehen, als er sie sah. Er sah zugleich erschöpft und glücklich aus.
    „Wie lief es?“, fragte sie und kam auf ihn zu.
    „Gut. Wir konnten einige der Anschlüsse einander anpassen und haben einen neuen Grundriss für den Fabrikraum erstellt. Stephens ist ein ziemliches Ass, was Maschinen und Verfahren anbelangt. Er war einfach nur zu erschöpft, um noch klar denken zu können.“
    „Also wird er seine Maschinen zum Laufen bringen können?“ Sie hielt den Atem an. Sein Lächeln erwärmte sie wie die ersten kühnen Strahlen der hellen Frühlingssonne.
    „Ich denke, er wird bald eine hochprofitable Firma haben.“
    „Und sein Zustand?“
    „Er ist heute Nachmittag immer mal wieder eingenickt. Als ich gegangen bin, habe ich ihn mit Rogers nach Hause geschickt, damit er sich endlich ausschlafen kann. In ein paar Tagen wird er wieder voll und ganz der Alte sein. Ich werde am Freitag noch einmal hingehen und ihm helfen, die Maschinen zu installieren.“
    „Jack, du bist – das ist wundervoll!“ Vor Freude konnte sie nicht länger an sich halten und warf beide Arme um ihn. Im ersten Augenblick wusste er offenbar nicht, wie ihm geschah, doch dann hob er sie hoch und wirbelte sie mit einem so glücklichen, anrührenden Lächeln im Kreise herum, dass sie es nicht über sich bringen konnte, ihn daran zu erinnern, wo sie sich gerade aufhielten. Schließlich fiel es ihm selbst wieder ein, und er setzte sie ab. Doch da das Foyer außer ihnen leer war, hielt er sie noch einen Moment lang in den Armen, um ihre Nähe zu genießen.
    „Du siehst ganz schön müde aus.“ Sie strich über die Lachfältchen auf seiner Wange.
    „Atme bloß nicht ein. Ich muss ziemlich übel riechen.“ Er verzog das Gesicht. „Mein Hemd ist schweiß- und öldurchtränkt und voller Sägemehl. Und meine Hose – ich erzähle dir lieber nicht, durch was ich alles gekrochen und geklettert bin, um die elektrischen Kabel zu verlegen.“
    „Lass mir meine Illusionen.“ Sie kräuselte die Nase. „Ich finde, du riechst außerordentlich gut, selbst mit den – hast du eben gesagt, du hast mit elektrischen Kabeln hantiert?“
    „Habe ich.“
    „Jack! Diese Elektrizität ist doch so gefährlich. Du hättest dabei sterben können.“
    „Ach was. Ich habe das im Studium behandelt und sogar damit experimentiert. Ich hatte bloß noch nie die Möglichkeit, meine Kenntnisse praktisch anzuwenden.“
    Sie ergriff seine Hände und

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