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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Krahn
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London abreise – ich bin im Dorf, im ‚Sheepshead Inn‘.“
    Verwirrt sah Genevieve ihm nach, als er zu seiner eleganten Kutsche zurückging, dann ging sie in ihr Schlafzimmer. Sie setzte sich in ihren Schaukelstuhl vor dem Kamin, brach das Siegel und faltete mit zitternden Händen das Blatt auseinander.
    Genevieve, mein Liebling,
    seit dem Tag, da ich unserem Arrangement ein Ende bereitete, war es meine größte Hoffnung, Dich wiederzusehen, vor Dir zu stehen und Dir diese Worte persönlich zu sagen. Ich bedaure, dass Du sie auf diesem Wege erfährst, durch diesen Brief. Aber unter den gegebenen Umständen ist das unglücklicherweise die einzige Möglichkeit.
    Ich war immer stolz darauf, stets die Wahrheit zu sagen, und darum fiel es mir so schwer, Dich zu belügen. Und ich habe Dich belogen, als ich dir sagte, dass ich Dich nicht mehr wollte. Genevieve, ich wollte Dich, seit ich Dich zum ersten Mal gesehen habe, eine schöne junge Frau, deren Gemälde an mein Herz rührten. Ich habe Dich geliebt, seit ich Dich zum ersten Mal berührte, eine Liebe, die ich für keinen anderen Menschen empfunden habe. Ich weiß, ich habe Dir wehgetan, als ich unsere Verbindung so abrupt beendete, und ich kann nur sagen, dass mich das um ein Haar umgebracht hätte und mich mit einem Schmerz erfüllte, den ich jeden Tag spürte. Aber es musste sein. Es gab Drohungen gegen mich, und mir wurde klar, dass Du, in Anbetracht meiner Gefühle für Dich, in Gefahr schwebtest. Ganz gewiss wärst Du für meine Feinde die perfekte Waffe gegen mich gewesen – ich hätte alles für Dich aufgegeben, sogar mein Leben, ohne nachzudenken, und das durften sie nicht wissen.
    Daher habe ich Dich von meinem Leben ausgeschlossen, um Deine Sicherheit zu garantieren. Selbst verletzt zu werden, nahm ich gerne in Kauf, aber den Gedanken, dass Dir etwas zustößt, konnte ich nicht ertragen.
    Da ich Deine Gefühle für mich kannte und wusste, welch eine fürsorgliche, liebevolle Frau Du bist, musste ich Dich endgültig verstoßen, musste ich den Schnitt zwischen uns ganz vollziehen, und das bedeutete, auf eine Weise, die Dir wehtun musste, die Deine Gefühle für mich zerstören würde, die Dich daran hindern würde, mir nachzukommen und die damit Deine Sicherheit garantierte. Du sollst wissen, dass dies das Schwerste war, was ich je in meinem Leben tun musste, und nur die Tatsache, dass die Drohungen gegen mich danach deutlicher wurden, brachten mich dazu, mich von Dir fernzuhalten, nicht nach Little Longstone zu reisen, vor Dir auf die Knie zu sinken und Dich um Verzeihung zu bitten. Aber Du sollst wissen, dass kein Tag, kein Augenblick verging, in dem ich Dich nicht vermisste, Dich begehrte, Dich liebte.
    Zwar kann ich nicht mehr für Dein körperliches Wohlergehen sorgen, wohl aber für Dein finanzielles. Daher habe ich auf Deinen Namen ein Konto bei der Bank of England eingerichtet. Bei den Einzelheiten kann Dir mein Anwalt Mr. Evans helfen und auch bei allen anderen Dingen, bei denen Du vielleicht Hilfe benötigst. Ich wünschte, ich könnte mehr tun. Und ich wünschte, ich könnte bei Dir sein. Jetzt. Immer.
    Ich danke Dir, dass Du mich geliebt hast, Genevieve, und mir erlaubt hast, Dich zu lieben. Du hast mir nichts als Freude bereitet. Ich hoffe, Du kannst mir verzeihen. Bitte glaube mir, dass ich Dir alles Glück im Leben wünsche.
    Dein Richard.
    Genevieve starrte den Brief mit tränenverschleiertem Blick an. Er hatte sie geliebt. Er hatte sie immer geliebt. Sie empfand Erleichterung – weil sie ihn nicht falsch eingeschätzt hatte, weil sie nicht die Närrin gewesen war, für die sie sich während des letzten Jahres gehalten hatte – vermischt mit Kummer wegen Richards Tod und der Trauer, weil er unwiderruflich aus ihrem Leben verschwunden war. Die Fülle von Emotionen drohte sie zu überwältigen. Sie legte den Brief beiseite, barg ihr Gesicht in den Händen und weinte. Sie wusste nicht genau, wie lange sie so saß, aber als die Tränen endlich versiegten, waren der Schmerz und die Bitterkeit verschwunden, die ihr während des vergangenen Jahres beinahe die Kehle zugeschnürt hatten, und stattdessen empfand sie Frieden und Dankbarkeit, weil sie Richard gekannt und geliebt hatte. Sie hatte ihn vor einem Jahr gehen lassen, und obwohl sie verletzt gewesen war, hatte sie weitergelebt – und neu angefangen.
    Hatte sich wieder verliebt.
    In einen Mann, den sie auch nicht haben konnte.
    Sie konnte nur beten, dass ihr Herz ein weiteres Mal heilte.

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