Quellen innerer Kraft
fließen kann. Das deutsche Wort „Ärger“ ist der Komparativ zu „arg“, das „schlimm, böse, schlecht“ bedeutet. Ärgern heißt dann: etwas schlimmer machen. Ärgern hängt aber auch mit der Wurzel „ergh = erregt sein, beben“ zusammen. Der Ärger ist eine heftige innere Bewegung, die uns soviel Kraft kostet, dass wir von der inneren Quelle abgeschnitten werden. Im Ärger geben wir andern Menschen Macht über uns und lassen uns von ihnen lähmen und bestimmen. Es ist wichtig, dass wir den Ärger anschauen, seinen Grund – und damit möglicherweise auch einen sinnvollen Hinweischarakter – erkennen und uns von dem distanzieren, was uns an ihm belastet oder zu überwältigen droht. Nur so kommen wir wieder in Berührung mit der inneren Quelle, die unterhalb des Ärgers in uns sprudelt.
Destruktive Lebensmuster
Wir können die angesprochenen Emotionen von Angst, Ehrgeiz, Sucht, Perfektionismus, Depressivität und Ärger nicht einfach mit dem Willen und sicher auch nicht von heute auf morgen ändern. Sie haben sich in uns oft zu Haltungen verfestigt, wie ein Muster eingeprägt. Und von solchen lähmenden Lebensmustern kommen wir nur frei, wenn wir nach den Ursachen fragen. Dazu ist zunächst einmal notwendig, die Muster zu durchschauen. Die Lebensmuster entstanden schon früh in der Kindheit, entweder durch Erfahrungen, die wir gemacht haben, oder verbale und nonverbale Botschaften, die wir immer wieder gehört haben. Solche „Botschaften“ haben sich in unsere Seele tief eingegraben und prägen unser Verhalten auf die Situationen des Alltags. Wir wissen gar nicht, warum wir so ängstlich oder depressivreagieren, oder warum uns etwas erschöpft. Wir müssen, wie gesagt, die Muster entdecken, die dahinter liegen. Erst dann können wir uns auch davon distanzieren und durch den Abstand eine andere Perspektive und neue Einheit gewinnen.
Eine Haltung, die aus der eigenen Lebensgeschichte kommt, rührt aus einem tiefen Gefühl der eigenen Wertlosigkeit. Wer von dieser Angst bestimmt wird, der steht ständig unter Druck, seinen Wert beweisen zu müssen. Er möchte das tun, indem er möglichst viel und gut arbeitet, oder indem er alles richtig macht. Ein solches von Angst eingeführtes Bewusstsein, führt fromme Menschen zum Beispiel dazu, vor Gott alles richtig machen zu wollen, indem sie peinlich genau alle Gebote erfüllen. Oder sie führt zu dem Gefühl, immer mehr leisten zu müssen, damit man sich selbst als wertvoll erlebt oder andere den eigenen Wert erkennen und anerkennen. Doch wer von dieser Angst beherrscht wird, der kann noch soviel arbeiten, er wird nie die Wertschätzung erleben, nach der er sich sehnt. Er strampelt sich ab und fühlt sich bald überfordert und erschöpft. Viele haben als Kinder erfahren, dass sie funktionieren müssen. Die Leistung war der einzige Weg, Zuwendung der Erwachsenen, der Eltern oder der Lehrer, zu bekommen. Diese Fixierung auf die Leistung hat dazu geführt, dass sie ihre Gefühle völlig verdrängt haben. Anfangs war das vielleicht durchaus hilfreich. Denn auf diese Weise konnten sie viel leisten. Doch irgendwann, oft erst als 50-Jährige, fühlen sie sich von ihren Gefühlen völlig abgeschnitten. Und dann wird die Arbeit auch anstrengend. Sie funktionieren, aber sie sind antriebslos. Die Emotionen sind – wie schon ihr Name sagt (Emotion kommt von emovere = herausbewegen) – durchaus Kräfte, die uns in Bewegung bringen. Menschen, die ohne emotionalen Antrieb sind,müssen alles mit Verstand und Willen tun. Doch ohne Emotionen sind Verstand und Willen wie ein Motor, der nicht geölt ist und daher heiß läuft.
Eine andere Angst ist die Angst vor der eigenen Schuldhaftigkeit und das tief sitzende Gefühl, allein durch sein Dasein Schuld auf sich geladen zu haben. Solche Menschen entschuldigen sich ständig, wenn sie um ein Gespräch bitten. Sie haben das Gefühl, Schuld auf sich zu laden, wenn sie andere Menschen beanspruchen und ihnen ihre Zeit „stehlen“. Und nicht selten versuchen solche Menschen dann, ihre vermeintliche Schuld dadurch abzuzahlen, dass sie sich für andere völlig verausgaben. Sie helfen andern nicht, weil sie Freude am Helfen haben, sondern weil sie unter dem Druck stehen, eine Schuld abzuzahlen. Doch eine solche innere Haltung führt dazu, dass sie kein Gespür für die eigenen Grenzen haben. Schuldgefühle sind kein guter Antrieb für unser Tun. Sie beuten uns aus und hindern uns daran, uns über unser Handeln zu freuen. Es ist
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