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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Mann, die Ringstorff hebe ich mir bis zum Schluss auf! Als Kaiserhappen, wie meine Mutter das früher immer genannt hat, wenn ich ein besonders knuspriges Stück Fleisch auf dem Teller liegen gelassen habe, bis ich alles andere aufgegessen hatte, um es mir anschließend mit umso größerem Genuss in den Mund zu schieben. Und morgen ist mein Kaiserhappen definitiv die Ringstorff. Tja, und nachdem mein Job im Lehrerzimmer erledigt ist, kommen Lukas und Steven an die Reihe, diese verfickten Gotcha-Junkies, mal sehen, wie die reagieren, wenn jemand mit was anderem als mit Farbpatronen auf sie anlegt! Und dann der Dammrich. Und anschließend all die anderen Wichser, die meinen, mich dumm anmachen zu müssen. Und dann … Tja, mal sehen! Ich schätze, der Rest wird tatsächlich so was wie Kismet. Zur falschen Zeit am falschen Ort? Tja, Leute, schade, schade, schade.
    Morgen Vormittag bin ich derjenige, der über Leben und Tod entscheidet.
    Euer Leben. Und euren Tod.
    Ich bin sozusagen Gott.
    Wow, ja Mann, ich bin GOTT!!!
     
     
     
    10
    Jederzeit, hatte Lübke einmal zu ihr gesagt. Und wenn du mal in Schwierigkeiten steckst, ganz gleich, aus welchem Grund, ruf mich an, okay? Zu jeder Tages- und Nachtzeit.
    Winnie Heller hatte ihm ein nachsichtiges Lächeln geschenkt und irgendeinen lockeren Spruch gemurmelt. Vergiss es, Lübke, so schlecht kann’s mir gar nicht gehen, dass ich auf die Idee käme, dich anzurufen. Etwas in dieser Art. Und jetzt, von einem Augenblick auf den anderen, hatte sich das Angebot, das sie nicht hatte haben wollen und das sie nicht einmal richtig ernst genommen hatte, in das Leuchtfeuer verwandelt, das sie durch die Nacht lotste. In einen Halt, den einzigen, den sie im Augenblick noch hatte.
    Jederzeit …
    In diesem kleinen Wort steckte so viel Beruhigendes. Alles, was sie früher daran vielleicht aufdringlich oder gar verfänglich gefunden hatte, schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Keine Bedenken mehr, keine Einwände, nicht einmal ein kurzer Gedanke an die Folgen. Sie wollte einfach nur zu ihm.
    Sie fuhr ohne Vorsicht, und wenn sie den Blinker benutzte, dann nur, um nicht allzu dumm dazustehen, wenn sie durch Zufall den Kollegen von der Streife begegnete.
    Lübke wohnte in einem kleinen, krummen Haus, das eigentlich eher eine ausgebaute Laube als ein richtiges Gebäude war. Aber eine Mietwohnung kann ich meinen Maden nun mal nicht zumuten, pflegte er in Anspielung auf die Gerüchte zu sagen, denen zufolge er – teils aus beruflichem Interesse, teils aus purer Perversion – die unterschiedlichsten Ekeltiere in riesigen Terrarien hielt, um sie beim Sex zu beobachten und nebenbei zu notieren, wie lange wie viele von ihnen brauchten, um ein Kotelett bis auf den Knochen abzunagen.
    Winnie Heller drosselte das Tempo, während sie überlegte, ob sie an der nächsten roten Ampel halten oder einfach weiterfahren sollte, und nach kurzem Zögern entschied sie sich für die letztere Möglichkeit. Sie hatte nicht das Gefühl, dass sie es sich leisten konnte, noch mehr Zeit zu verlieren. In ein paar Stunden würde es bereits wieder zu dämmern beginnen, und aus irgendeinem unerfindlichen Grund fürchtete sie sich vor diesem Moment, in dem die Dunkelheit dem Licht weichen würde.
    Sie kniff angestrengt die Augen zusammen und zwang sich, ihre wild durcheinander stolpernden Gedanken wieder auf den Mann zu konzentrieren, zu dem sie unterwegs war. Ob Lübke tatsächlich Insekten züchtete, wusste sie nicht. Ebenso wenig hätte sie sagen können, wie der Leiter der Spurensicherung an die Genehmigung gekommen war, dauerhaft in einem Haus wohnen zu dürfen, das eigentlich nicht viel mehr als eine primitive Gartenlaube war. Ob er überhaupt eine solche Genehmigung besaß. Sie selbst hatte Lübkes Domizil erst zweimal zu Gesicht bekommen, beide Male von außen. Bei der ersten Gelegenheit waren sie auf dem Weg zu einem ihrer kollegialen Pokerabende, zu denen Lübke sie hin und wieder abholte, damit sie sich beim Trinken nicht allzu sehr zurückzuhalten brauchte, umgekehrt, weil Lübke etwas vergessen hatte, und Winnie Heller hatte im Wagen gewartet, bis er ein paar Minuten später mit einer Plastiktüte, über deren Inhalt sie nie etwas erfahren hatte, zurückgekehrt war. Beim zweiten Mal war sie von sich aus an Lübkes Haus vorbeigefahren, an einem Montagmorgen, weil sie wusste, dass Lübkes Abteilung dann ihre obligatorische große Dienstbesprechung abhielt. Sie hatte es aus purer Neugier getan, einfach nur, um

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